23. Kapitel

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Hermine

Diese Stille. Diese Dunkelheit. Diese Einsamkeit. Bereits nach wenigen Stunden - zumindest kam es Hermine vor wie einige Stunden - hatte sie das Gefühl, verrückt zu werden. Ihr wurde immer kälter, sie hatte Durst und ihr Magen knurrte. So langsam bekam die junge Hexe Panik, auch wenn sie sich vorgenommen hatte, gefasst zu bleiben. Ihr Herz fing an zu rasen und gerade, als sie anfangen wollte zu schreien, erschien plötzlich vor ihr ein kleines Feuer, was sie im ersten Moment blendete - dann erkannte sie vor sich eine dünne Decke und ein Tablett mit einem Brötchen, eine Schale blassrote Suppe und ein Glas Wasser. Auf dem Tablett lag auch ein Stück Pergament, auf dem in gekritzelten Buchstaben stand:

Wenn ich dich nicht haben kann, dann wird dich auch niemand sonst bekommen. Du wirst für immer hier leben, ohne Zugang zur Außenwelt. Kein Kontakt zu anderen. Als Strafe dafür, dass du mich abgewiesen hast. - R

"Du mieses Schwein", schrie Hermine und warf das Stück Pergament in das Feuer.

Er beraubte sie ihrer Freiheit, weil sie ihn abgewiesen hatte. Was für ein Arschloch! Immerhin konnte sie sich jetzt aufwärmen und würde auch nicht verhungern und verdursten. Sie schlang sich die Decke um ihre Schultern und stürzte sich dann auf das Essen. Es war nicht besonders viel oder gut aber sie hatte einen solchen Hunger, dass sie das alles nicht interessierte. Hauptsache, ihr Magen bekam etwas. Da sie nur darauf hoffen konnte, dass jemand sie fand, musste sie einigermaßen bei Kräften bleiben, damit sie sich bemerkbar machen konnte.

Nachdem ihre die ersten Bedürfnisse gestillt waren, sah sich Hermine um - ihrer Vermutung mit der Höhle war richtig gewesen. Diese war sehr niedrig, aber Hermine konnte darin stehen und ihre Umgebung etwas erkunden. So lange das Feuer an war, musste sie das nutzen. Sie hatte Schwierigkeiten beim aufstehen, da ihr ganzer Körper schmerzte und steif vom langen liegen war.  Ein schmaler Weg führte aus diesem kleinen Raum davon, Hermine ging ihn ein paar Meter, allerdings nur so weit, dass sie das Feuer noch sehen konnte.

Sie hörte ein leises Rauschen und erkannte, dass sich auf der rechten Seite ein unterirdischer Fluss befand. Das war gut, denn sie musste dringend aufs Klo - und sie hatte schon befürchtet, notgedrungen neben ihrem Schlafplatz ihre Bedürfnisse verrichten zu müssen.

Als die junge Frau damit fertig war, kehrte sie zum Feuer zurück und legte die Decke wieder um sich. Ihre Gedanken blieben bei Lucius hängen. Wie es ihm wohl ging? Merlin, falls er schon von ihrer Entführung erfahren hatte, machte er sich sicher wahnsinnige Sorgen! Doch Hermine hatte die Hoffnung, dass er sich auf die Suche nach ihr machen würde. Natürlich hatte er keinerlei Anhaltspunkte, aber dieser Gedanke, dass er sie suchen würde, war die einzige Hoffnung die sie gerade hatte.

Die PianistinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt