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Ich konnte Mary's Blick schon von hinten sehen. Er sollte wohl verführerisch wirken, sah aber so aus wie ein Walross mit Gesichtslähmung.

Plötzlich schien er mich anzuschauen. Jetzt konnte ich auch seine Augenfarbe erkennen. Sie waren blau. Diese Augen lösten irgendwas in mir aus, aber ich wusste nicht was. Am besten ich ignorierte ihn. Ich konnte keine Ablenkung gebrauchen.

Selbst Mrs. Lincoln wurde überfreundlich zu ihm. Mir hätte sie fürs zu spät kommen sofort Nachsitzen rein gedrückt. "Guten Morgen! Du musst Dorien McAther sein. Stell dich doch bitte kurz vor!"

Er stellte sich direkt vor die Klasse und fing auch schon an. "Ich heiße Dorien McAther bin 19 Jahre alt und komme ursprünglich aus Deutschland. Noch fragen?"

Mary meldete sich sofort und wurde direkt auch dran genommen. "Hast du eine Freundin?"

Er schüttelte den Kopf. "So einen Clown, wie dich würde ich noch nicht mal anfassen, wenn wir die letzten Menschen auf Erden wären!"

Mary holte empört Luft und wollte etwas erwidern, aber die Lehrerin unterbrach sie einfach. "Okay, Dorien. Setze dich einfach zu Ranya. Sie wird dir sagen, was wir gerade machen."

Das ist doch nicht ihr Ernst! Neben mir saß immer Kim! Und das in allen Fächern, die wir gemeinsam hatten! Sie konnte das einfach nicht bringen! "NEIN! Neben mir sitzt normalerweise Kim! Und das wissen Sie ganz genau! Setzen Sie ihn doch zu Mary, die würde sich freuen!"

Mrs Licoln schaute mich böse an, also grimmiger als sie eh schon jeden Tag schaute. "Ranya hör auf zu diskutieren! Dorien wird sich neben dich setzen. PUNKT!"

Erneut schrie ich auf. "NEIN! Da sitzt Kim! Sie kommt nur später aus Deutschland zurück!"

"Es reicht, Ranya! Noch ein Wort und du kannst zum Direktor!", etwas netter wand sie sich an Dorien. "Setz dich einfach neben sie. Sie wird sich wieder beruhigen!"

Da ich nicht gleich nach dem ersten Tag wieder zum Direktor wollte, beließ ich es dabei. Ich hatte ja gesagt, dass diese frigide Lehrerin mich hasst. Spätestens nach diesem Schuljahr bringe ich sie um die Ecke und verschwinde dann auf Nimmerwiedersehen.

Der Stuhl neben mir wurde zurück gezogen, so dass dieser Dolorien sich setzen konnte. Eilig zog ich nur mein Buch zu mir rüber und sagte ihm kurz, was wir machten.

Während des Unterrichts zog sich die Zeit wie Gummi. Die Doppelstunde wollte einfach nicht vorbei gehen. Ich wurde immer genervter, da Dorien ständig versuchte, mit mir ein Gespräch anzufangen. Jedoch blockte ich immer ab. Eine Ablenkung konnte ich mir echt nicht leisten.

Als es dann endlich klingelte sprang ich auf und warf mein Zeug einfach irgendwie in der Tasche. Schnell lief ich aus der Tür und rannte zu meinem Spind, um das Mathebuch da rein zu tun.

Dann ging ich auf den Schulhof und schrieb Kim eine Nachricht.

Kim! HILFE!
Die alte Lincoln dreht durch! Die hat den neuen Schüler neben mich gesetzt! Ich bin fast ausgerastet 🤬! Nach diesem Schuljahr Kill ich die Frau, ich schwöre! Aaarrrggghhhh!!!
Und bevor du fragst: Der neue Schüler heißt Dorien und ist in deinem Fachchagon nach "heiß"! 😃
Aber mir geht der nur auf die Nerven. Der hat selbst Mary gekorbt. Hat ihn zwar ein bisschen sympathischer gemacht, aber das wars dann auch! 😁
Bitte komm bald wieder! Ich vermisse dich!
Ranya!

Ich holte mir meinen Apfel aus meinem Eastpack und biss rein. Bis plötzlich eine Stimme hinter mir ertönte. "Da bist du ja! Ich hab mich gefragt, ob du mir die Schule zeigen könntest?"

Diese Stimme gehörte eindeutig zu Dorien. Auf den hatte ich so gar keine Lust. "Nein, kann ich nicht. Und jetzt zisch ab."

"Hey, ich hab dir doch nichts getan. Und für die Lehrerin kann ich auch nichts. Obwohl sie doch eigentlich ganz nett ist." Er hob beschwichtigend die Hände.

"Boah! Checkst dus nicht? Lass mich doch einfach in Ruhe! Geh zu Mary, die zeigt dir mit Sicherheit die Schule lieber als ich!", fuhr ich ihn erneut an. Ich wollte schlicht weg nichts mit ihm zu tun haben.

Nach diesen Worten ging er. Zum Glück. Denn meine Nerven waren fast am zerreißen gewesen. Ich hoffte nur, dass der Tag schnell vorbei gehen würde.

________♤________

Endlich fiel die Wohnungstür hinter mir ins Schloss. Der Tag war echt stressig gewesen. Vor allem Dorien hatte mich noch ein paar mal genervt. Aber nach dem fünften Versuch hatte er endlich aufgegeben.

Mein Vater war noch auf der Arbeit, so dass ich alleine zu Hause war. Dachte ich, bis ich in die Küche kam. Dort saß meine Mutter, als wäre es normal. Dabei hatte sie sich die letzten zehn Jahre einen Scheiß um uns gekümmert. Sie war einfach abgehauen und hatte die Scheidung eingereicht. Mittlerweile war ich 17 Jahre alt.

"Hallo, Süße! Wie geht's dir?", sprach sie auch schon, als sie mich entdeckt hatte.

"Was willst du hier? Denkst du, du hast das Recht, hier einfach aufzukreuzen, nachdem du einfach abgehauen bist?!", fuhr ich sie an.

"Süße, ich weiß, dass...", fing sie an.

Doch ich ließ sie nicht ausreden. "Du hast dich noch nicht mal nach mir erkundigt! Dad war komplett überfordert, als ich mit 14 meine erste Periode bekommen hatte! Und doch hat er mir alles besorgt, was eine Frau in dieser Zeit braucht! Wo warst du da? Oder an meinem Abschluss in der Middle School? Wo warst du bei meinen Auftritten im Tanzen? Nicht da! Du hast dich lieber mit deinem neuen Lover auf Hawaii amüsiert! Also brauchst du jetzt nicht mehr ankommen! Wir... Insbesondere ich brauche dich nicht! Also verschwinde! Geh in das Loch zurück, aus dem du gekrochen bist!"

Sie wirkte so, als würde sie noch etwas sagen wollen. Aber sie ließ es und nickte noch, bevor sie die Wohnung verließ. Was hatte sie denn erwartet? Das ich vor Freude Samba tanze? Ganz sicher nicht. Sie hatte mich im Stich gelassen, als ich die am meisten gebraucht hatte. Und jetzt brauchte ich sie auch nicht mehr. Ich hatte gelernt gut ohne sie zu leben.

Puh, was für ein Tag. Ich nahm mein Handy und rief Kim an. Ihrer Oma ging es zum Glück wieder besser. Dann erzählte ich ihr genau, was heute so los war. Sie verstand mich wie niemand anderes, gut außer Tobi, mein bester Freund. Der lag leider mit Grippe zu Hause. Hoffentlich kam er morgen wieder in die Schule.

Den Rest des Tages verbrachte ich mit Essen, Netflix, duschen und leider Gottes auch mit den Hausaufgaben. Die Lehrer hatten heute wieder ihr bestes gegeben uns mit vielen Aufgaben zu quälen. Als diese dann auch gemacht waren, legte ich mich in mein Boyspringbett. Meine große Liebe. Nach einer halben Stunde schlief ich auch schon ein.

Der Mann vom anderen Planeten (ABGESCHLOSSEN)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt