28. Kapitel

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Das mehrstöckige, weiße Haus, in dem Conner den Großteil seiner Kindheit verbracht hatte, wirkte in Mitten der Bäume und liebevoll gepflegten Blumenbeete idyllisch. Er parkte sein Auto vor der Garage, stieg aus und holte erst einmal tief Luft. Es roch nach frisch gemähten Rasen und dem Apfelkuchen, den seine Mutter jedes Mal backte, wenn all ihre Kinder nachhause kamen. Im Hintergrund zwitscherten die Vögel und irgendwo in der Nachbarschaft bellte ein Hund. Hier war es ganz anders als in der Großstadt. Weniger laut. Weniger voll. Weniger schnelllebig.

Er wand sich um, nahm seinen Rucksack aus dem Kofferraum und ging dann an den Autos seiner Geschwister vorbei die Auffahrt zum Haus hinauf. Im Vorgarten vor dem Rosenarrangement seiner Mutter stand noch immer der Rasenmäher seines Vaters. Innerlich schüttelte er den Kopf. Sein Vater, ein pensionierter Navy SEAL, war kein Mann für die Gartenarbeit. Es war typisch für ihn alles stehen und liegen zu lassen, wenn ihm etwas einfiel, was er in diesem Augenblick lieber machen würde. Sein Vater bekäme den Einlauf seines Lebens, wenn seine Mutter den einsamen Rasenmäher entdeckte, der das
Bild eines perfekten, großen Familienheims störte. Sobald er seine Tasche weggeräumt und den Schlüssel des Schuppens geholt hatte, würde er den Rasenmäher wegräumen und ihnen allen einen stundenlangen Vortrag ersparen.

Conner betätigte die Klingel und zwang sich zu einem Lächeln. Die Tür öffnete sich und Leigh sah ihn erleichtert an. „Dad. Conner ist da!", rief sie, trat auf die Veranda und warf dann die Tür hinter sich zu. „Am Besten wir gehen in die Garage, damit Mom es nicht sieht. Sie ist schon den ganzen Tag auf hundertzwanzig, weil alle Zimmer sauber, das Essen vorbereitet sein muss und und und."

„Ein Glück, dass ich auf die Minute genau gekommen bin."

Leigh lächelte ihn an, hüpfte von der Veranda und fasste ihr rotes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen. „Aurelia hat vor zwei Stunden schon eine Tablette gegen Kopfschmerzen eingeworfen und klagt noch immer. Und das bedeutet viel."

„Vielleicht sollte ich doch wieder fahren", sagte er mehr zu sich als zu Leigh. Aurelia ist seine ältere Schwestern, Mutter und Ruhe in Person. Sie bringt selten etwas aus der Fassung und wenn sie jetzt noch über Kopfschmerzen klagte, dann stellte seine Mutter das Haus wohl noch immer völlig auf dem Kopf.

„Das würde ich an deiner Stelle nicht machen, Junge. Deine Mutter wäre sehr enttäuscht und würde dich wahrscheinlich enterben, nachdem sie dich wochenlang terrorisiert hat", erklang eine vertraute Stimme hinter ihm, bevor sich eine schwere Hand auf seine Schulter legte. Sein Vater grinste ihn an und betätigte den Fernmelder des Garagentors. „Schön, dass du da bist, Sohn."

„Hallo Dad."

Leigh sprang freudig auf und ab, klatschte und streckte erwartungsvoll die Hände aus. „Zeig es mir, große Bruder." Conner schüttelte den Kopf, griff in seine Tasche und reichte ihr den Karton. Sofort riss Leigh die Pappe auseinander und quietschte erfreut. Sein Vater ging an ihm vorbei. „Denkst du, wir schaffen den Wechsel noch vor dem Essen, Dad?"

Sein Vater schüttelte den Kopf mit dem dunklen, grau-melierten Haar. „Tut mir leid, mein Engel." Dann blickte er sich prüfend um, hob eine Hand vor den Mund und flüsterte leise. „Aber nach dem Essen schleichen wir uns raus. Ich habe keine Lust eurer Mutter beim Abtrocknen zu helfen."

„Ich verstehe immer noch nicht, wieso wir keine Spülmaschine haben."

„Ihr könntet eurer Mutter zu Weihnachten Eine schenken", schlug er vor, legte einen Arm um Leigh und zog sie mit sich zurück zum Haus. Conner schüttelte erneut den Kopf. Sein Vater war noch immer der Rebell Nummer eins in ihrer Familie und ließ keine Gelegenheit aus, seine Kinder dazu anzustiften in seinem Sinne zu rebellieren. „Wenn ich das machen würde, würde eure Mutter mich nicht mehr bekochen und zur Strafe mit der Luftmatratze in die Garage ausquartieren. Bei euch wäre das nicht
so schlimm für meine alten Knochen."

Bleib doch wo der Pfeffer wächst, Arschloch!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt