Kapitel 32

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Snape und McGonagall waren die Ersten, die in unseren Schlafsaal gestürmt kamen, Professor Sallivan versuchte unten im und vor dem Gemeinschaftsraum die Schüler zu beruhigen.

„Haben Sie etwas gesehen?", fragte McGonagall und eilte zu einem der kaputten Fenster um hinauszuschauen.

„Wir sind nur der Dreckspur und der Verwüstung gefolgt, haben aber nichts gesehen. Gar nichts", antwortete James der Rektorin und zog mich auf die Füße. Als wäre es selbstverständlich schlang er einen Arm um meine Taille. Als wollte er mich stützen, falls ich erneut umkippen würde.

Snape öffnete seinen Mund um etwas zu sagen, aber hinter uns stürzten Claire, Aysha, Victoria und Heaven ins Zimmer.

Aysha stieß einen Schrei aus, Claire begann irgendetwas zu Flüstern und ging auf die Abendkleider zu, Victoria blieb stehen wo sie war und starrte auf das Chaos.

Aber ich hatte nur Augen für Heaven.

„Da bist du ja", flüsterte ich erleichtert und lief auf sie zu. „Ich dachte dir wäre sonst etwas passiert." Stürmisch fiel ich ihr um den Hals, aber Heaven ließ es nicht zu und wand sich aus der Umarmung.

„Was meinst du damit, Rosie?" Sie musterte mich stirnrunzelnd.

„Wir haben dich schreien gehört! Ich dachte du bist so verrückt und nimmst den Kampf mit dem... dem Eindringling alleine auf!"

„Rosie, Stop! Stop! Was redest du denn da? Ich war nur auf der Toilette. Ich habe nicht geschrien und ich hatte auch nicht vor gegen irgendwas zu kämpfen."

„Was?", flüsterte ich ungläubig und starrte erst Heaven und schließlich James an. „Aber du hast sie doch auch gehört!"

James nickte mit zusammengepressten Lippen.

„Das war wahrscheinlich nur der Wind oder was weiß ich. Dann habt ihr euch eben beide verhört." Heaven lächelte mich leicht an. „Es war wirklich nicht so wie du denkst."

Bevor ich etwas erwidern konnte legte McGonagall mir ihre Hand auf die Schulter. „Konnten Sie schon feststellen ob etwas entwendet wurde?"

Erschöpft nickte ich und ließ mich auf mein Bett fallen. „Das Rätsel ist weg", sagte ich leise und fuhr mir mit beiden Händen übers Gesicht.

An diesem Tag war eindeutig zu viel passiert.

Die Nacht schliefen wir alle schlecht. Ich musste ständig daran denken, dass die Eindringlinge zurückkommen könnten. Sie könnten uns hier einfach so überraschen... Wo sie doch am Nachmittag auch so leicht ins Schloss gekommen waren.

Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und stand auf.

„Rosie?", flüsterte Heaven und starre mich in der Dunkelheit an.

„Mir geht's gut. Ich kann nur nicht hier rum liegen", flüsterte ich zurück, drehte mich um und schlich mit nackten Füßen in den Gemeinschaftsraum.

Die Fenster wurden am Abend noch von den Lehrern repariert, das Feuer brannte wieder im Kamin, es sah alles aus wie vorher. Und trotzdem fühlte ich mich beobachtet.

Ich sah mich im Raum um, aber es war alles still, niemand sonst war hier. Ich kauerte mich auf einen der Ohrensessel und zog mein Rätsel heraus. McGonagall hatte im Ministerium ein neues angefordert und es wurde spät Abends noch mit zwei Eulen eingeflogen. Es sah genauso aus wie mein Altes. Genau die gleichen Farben, genau die gleiche Schrift... genau die gleichen Lücken. Aber das war mir jetzt egal. Denn ich hatte das Rätsel gelöst. Das einzig gute an den Eindringlingen... Sie hatten mir die Lösung gezeigt.

Mit zitternden Händen setzte ich meine Feder an und füllte eine Lücke nach der anderen richtig aus.

Nur eine... Eine blieb leer und ich saß dort und grübelte.

s     n wird dein Glück dann zu dir schreiten.

Je länger ich darüber nachdachte, desto wütender wurde ich. Gerade als ich das Blatt an die Wand schleudern wollte blitzte etwas auf und ich hielt inne. Etwas blendete mich und ich schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete wurde die Lücke in einem weißen Schein erhellt... Man könnte fast sagen von silbernem Mondlicht.

„SILBERN wird dein Glück dann zu dir schreiten", flüsterte ich andächtig und strich über den Lichtschein auf dem Pergament. Dann setzte ich die Feder an und schrieb Buchstabe für Buchstabe in die Lücke. Als ich das 'r' fertig hatte hielt ich den Atem an und nahm die Feder vom Blatt. Es dauerte eine Sekunde was mir wie Stunden vorkam, aber dann veränderten sich die Buchstaben und es war, als wäre niemals eine einzige Lücke in dem Rätsel gewesen. Ein Lachen stieg in meiner Kehle auf und ich ließ es erleichtert heraus.

Aber dann plötzlich war der silberne Schein weg. Ruckartig sprang ich auf und drehte mich in die Richtung aus der das Licht gekommen war. Aber ich starrte nur auf die dunkle Treppe die zu den Mädchenschlafsälen führte. Langsam ging ich darauf zu. Hatte ich mich geirrt oder hatte ich Schritte gehört.

Ich kniete mich vor die erste Stufe und starrte auf die Glasscherbe die dort lag. Ungefähr so groß wie meine Hand, und scharf, als wäre sie irgendwo herausgebrochen worden. Ich streckte meine Hand aus, wollte sie anfassen, aber ein Rumpeln ließ mich herumfahren. Ich stand dort und starrte quer durch den Raum, mein Herz pochte mir bis zum Hals.

Ich konnte nicht beschreiben wie erleichtert ich war, als ich James die Treppe herunterkommen sah.

„Du hast mich erschreckt", sagte ich mit dünner Stimme und musterte ihn.

„Tut mir leid, ich wusste nicht, dass du hier bist. Kannst du auch nicht schlafen?"

Ich schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht." Dann drehte ich mich wieder zur Treppe um, aber die Glasscherbe war verschwunden.

Eine Gänshaut überzog meinen ganzen Rücken, Kälte schlich sich über meine Beine bis zu meinen Backen hinauf und ich fing urplötzlich an zu zittern.

„Was hast du?" James kam und legte mir seine Hand auf meine nackte Schulter. Seine warme Hand.

„Erzähl ich dir später", hauchte ich, drehte mich um und ließ mich in seine Arme fallen die mich hielten. Als meine Knie fast einknickten hob James mich hoch und trug mich zu dem Sofa, legte mich darauf ab und hielt mich weiterhin fest. Plötzlich hatte ich keine Angst mehr. Plötzlich war mir nicht mehr kalt. Ich spürte nur noch sein Herz das warm und kräftig gegen meine Brust pochte und mir sagte, dass sich gerade alles verdammt richtig anfühlte.

„James...", flüsterte ich schließlich. Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war in der ich einfach nur seinem Herzschlag und seiner Atmung gelauscht hatte. „Ich hab das Rätsel gelöst." Widerwillig öffnete ich meine Augen und starrte in seine hellbraunen.

James sah mich an. „Ja", sagte er schließlich. „Ich auch."

Es überraschte mich nicht, auch ihm hatten die Eindringlinge das Richtige gezeigt.

Wir sahen uns in die Augen und wussten beide nicht was wir davon halten sollten.

Davon, dass die zweite Aufgabe im verbotenen Wald stattfinden sollte.

LöwenmutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt