Kapitel 4

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Der nächste Tag war ein Freitag.

Wie erschlagen saßen wir am Gryffindor-Tisch (auch die Jungs aus unserem Jahrgang) und wären fast beim Essen eingeschlafen.

Professor Longbottom, unser Hauslehrer legte uns mit einem schüchternen Lächeln die Stundenpläne vor die Nase, war aber so taktvoll nichts zu sagen.

Um acht Uhr schlurften wir zu Verteidigung gegen die dunklen Künste. Claire und ich ließen uns in der vorletzten Reihe hinter Henry und Luke nieder.

„Welchen Lehrer haben wir in dem Fach eigentlich?", fragte Luke und gähnte herzhaft.

Nichts wissend zuckte ich mit den Achseln und sah dann fragend zu Claire.

„Was schaut ihr mich so an, ich weiß es auch nicht mehr. Hab bei McGonagalls Rede genauso wenig aufgepasst wie ihr."

Ich lachte leicht auf als ich ihr genervtes Gesicht sah, zuckte aber zusammen, als eine Stimme den Raum durchzog.

Blitzschnell fuhr ich mit meinem Kopf nach vorne und starrte den Lehrer an, der an dem Pult lehnte.

Er war verdammt gutaussehend, wie ich zugeben musste. Allerdings im falschen Alter, ich schätzte Mitte 30.

Claire neben mir keuchte auf, genauso wie der Rest der Mädchen. Kurz sah ich mich in der jetzt komplett stillen Klasse um, dann stierte ich wieder nach vorne.

Seine Augen waren schwarz. Ich hatte soetwas noch nie gesehen. Sie faszinierten mich am meisten an dem ganzen Kerl.

Oder... Kannte ich sie nicht doch irgendwoher?

Er trug einen 3-Tage-Bart und hatte wirre, braune Haare.

„Schön, dass sich alle pünktlich im Klassenzimmer eingefunden haben", lächelte der fremde Professor und ließ mit verschränkten Armen seinen Blick durch die Schüler schweifen.

„Mein Name ist Samuel Sallivan. Ich bin euer neuer Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste."

Dieser Name...

Einige Mädchen begannen zu tuscheln und freuten sich unheimlich, von den Jungs, ebenso von mir bekam er misstrauische Blicke zugeworfen.

„Ich bin kein Freund der trockenen Theorie die in euren Bücher steht", fuhr Professor Sallivan fort und blätterte eines seiner Bücher durch. „Aber Mortimer Pelcan schreibt ausgezeichnet über die dunklen Künste." Er hielt das Buch hoch, sodass wir es sehen konnten und klopfte auf den Umschlag. „Jeder müsste ein Exemplar davon haben."

Alle nickten.

„Wir werden mit diesen Büchern arbeiten, aber lernen- ", er machte eine kleine Kustpause und lächelte uns freundlich an „- kann man es nur in der Praxis. Ich drücke es mal so aus... 10% Theorie, 90% Praxis."

Er grinste mit seinen perfekten weißen Zähnen und es schien, als würde jedes Mädchenherz dahin schmlezen. Ich allerdings versuchte standhaft zu bleiben und musterte ihn.

Seinen Worten nach zu urteilen war er der Professor den sich Schüler wünschten schlechthin.

Er war perfekt.

Zu perfekt.

Von Mum hatte ich gelernt, auf mein Bauchgefühl zu vertrauen. Und bei ihm sagte mein Gefühl, dass er nicht ganz koscher war.

Als ich so darüber nachdachte und ihn dabei die ganze Zeit musterte, trafen seine Augen meine.

Ich zuckte zurück. Ein eiskalter Schauer lief mir den Rücken hinunter. Ich schluckte heftig.

Er schaute mich an.

Zu lange.

Zu intensiv.

Mit Verwirrung in den Augen. Sein Lächeln verschwand und machte Platz für eine eingefrorene Grimasse. Ich dachte ich hätte Schmerz und Hoffnung zugleich in seinen Augen gesehen.

Oder bildete ich es mir nur ein?

Er war es, der seinen Blick zuerst losriss. Und ich war froh darum, denn ich war wie versteinert gewesen.

Ab diesem Moment sah ich nicht mehr von meinem Tisch hoch.

Ich quälte mich durch die Stunde und sagte mir immer wieder, dass Mr. Sallivan ein stinknormaler Lehrer mit verdammt guten Genen war, den ich absolut noch nie in meinem Leben gesehen hatte.

Aber das schlechte Gefühl blieb.

Als er den Unterricht dann endlich beendete raffte ich meine Sachen zusammen, nahm mir nicht mal die Zeit sie in meine Tasche zu stopfen und flüchtete wie ein verfolgtes Reh.

Als ich mich umdrehte, spürte ich seine Blicke deutlich auf meinem Rücken.

Draußen, vor dem Klassenzimmer für Geschichte der Zauberei lehnte ich mich an die kühle Steinwand und atmete durch.

„Hey! Rosie, was war das eben? Musstest du aufs Klo?" Claire stellte sich, die Hände in die Hüfte gestützt vor mich uns musterte mich von oben bis unten.

Ich schob sie weg und kämpfte mich an den anderen vorbei ins jetzt offene Klassenzimmer.

„Rosalie!" Claire hielt mich am Oberarm fest, aber ich riss mich los und ließ mich verwirrt und auch ein bisschen wütend auf einen Holzstuhl plumpsen, der aus Protest heftig knarzte.

„Rosalie, jetzt sag was dein Problem ist, das ist ja sowas von nervig!"

„Ich hab einfach kein gutes Gefühl bei ihm", schnauzte ich sie an und stierte dann nach vorne.

„Was?! Wie kommst du darauf? Er wird uns jeden einzigen Schultag hier versüßen! Hast du ihn dir überhauptmal richtig angesehen?"

„Ja, hab ich", murmelte ich während ich versuchte, sein Bild vor meinem Inneren Auge verschwinden zu lassen.

„Kopf hoch, Rosie! Er ist wahrscheinlich der coolste Professor den wir je hatten." Sie stupste mich so lange mit dem Ellenbogen an und wackelte dabei blöd mit den Augenbrauen, bis ich einfach lachen musste und Claire zufrieden war.

Wir beide hatten gar nicht gemerkt, dass Professor Binns schon begonnen hatte. Aber sobald wir es bemerkten, verfielen wir wieder in unsere Müdigkeit. Alles was jetzt zählte: Versuchen die Augen offen zu halten!


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Viel zu kurz ich weiß... :(

Das Nächste wird länger!!

LöwenmutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt