Kapitel 47

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Ich ließ mich in den Schlamm fallen, hielt geschützt meine Hände über den Kopf und wartete. Denn ich erwartete einen nächsten Angriff. Wieder einen Schmerz irgendwo, einen Schrei.

Aber da war nichts.

Bis mich plötzlich jemand fest an den Schultern packte und hochzog. Ich schrie auf, aber dann starrte ich in Heavens besondere Augen. „Heaven", wisperte ich ihren Namen. Und als sie nickte fiel ich ihr um den Hals und die Tränen strömten mir übers Gesicht. „Ich weiß nicht... Ich weiß gar nicht was passiert ist! Ich weiß nicht...", stotterte ich, aber Heaven unterbrach mich. „Rosie... Professor Snape...", flüsterte sie dann nur und ich riss mich los.

Snape lag hinter mir auf dem Boden, Blut strömte aus seiner durchgeschnittenen Kehle. Er röchelte noch leicht als ich mich vor ihn auf den Boden warf.

„Professor", flüsterte ich und drückte meine Hand auf seine Wunde. Er sah mir kurz in die Augen. „Danke", wisperte ich und er schien ganz leicht zu nicken, ehe er seine Augen schloss und schlaff auf meinen Schoß rutschte.

Snape war tot.

Ich wischte mir über die Nase und starrte ihn mit großen Augen an. Er hatte mir das Leben gerettet und seins dafür gegeben. Kurz drückte ich mein Gesicht in seine Haare und ein paar meiner Tränen blieben darin hängen.

Dann sah ich mich um. Ich sah keine Kämpfenden mehr, der See hatte sich beruhigt. Ich sah die Nazdoug-Kadaver um mich herum. Keiner von ihnen bewegte sich mehr. Auch nicht der Anführer, den Heaven zur Strecke gebracht hatte.

Dann stand ich auf und sah zu der kleinen Gruppe, die vom Strand herauf zu mir lief. Ich presste meine Augen zu Schlitzen zusammen, um erkennen zu können, wer genau es war. Meine Schritte wurden schneller.

Harry, Ron, Hermine, George, Ginny, alle rannten an mir vorbei zu dem Massengrab dort oben, von dem ich eben flüchtete.

Ich sah nur einen.

Ich sah nur ihn.

Und als unsere Körper endlich zusammenkrachten und er mich in die kalten, nassen Arme nahm, brach ich zusammen. Wir sackten auf die Knie, er hielt mich während ich an seiner Schulter weinte und den Schmerz wegen meiner Eltern raus schrie. So viele waren gestorben. Wegen mir? Ich wusste es nicht. Ich wusste nicht mal für was sie alle gestorben waren.

James sagte kein Wort. Auch er zitterte am ganzen Körper. Er brachte alle Kraft auf, um mich zu halten und mir Schutz zu spenden.

„Ich dachte du wärst auch tot", wisperte ich irgendwann mit rauer Stimme und sah ihm ins Gesicht. Sein Kiefer war angespannt, seine Haut blass, die Lippen blau verfärbt.

„Es tut mir leid", sagte er bloß und eine Träne fiel aus seinem Auge zu Boden. „Ich konnte nicht bei dir sein, ich konnte dir nicht helfen... Schau wie du aussiehst." Er legte seine Finger an meinen Hals und als er sie zurückzog lief ein kleiner Rinnsal meines Blutes daran hinunter.

„Das ist nichts", schniefte ich und strich mir übers Gesicht, ehe ich es schmerzvoll verzog und ihn wieder ansah. „Aber Mum und Dad..." Ein Schluchzer beutelte mich. „Und Snape. Sallivan sieht auch so schlimm aus."

In James Augen stieg pures Entsetzen.

„Aber du hast keine Schuld, James", flüsterte ich an seinen Hals.

Und wir saßen so, bis ich plötzliche meinen Namen hörte.

„Das war mein Vater", sagte James und zog mich auf die Füße. Mein rechtes Bein knickte kurz ein, wegen der Wunden am Oberschenkel, aber das war mir egal.

„Was hat er? Was ist da oben los?", sagte ich nervös und humpelte schon drauf los, James an meiner Seite der mich unterstützte.

„Rosalie! Deine Mutter lebt! Sie ist nur bewusstlos, sie ist nicht tot!" Mit diesen Worten kam Harry auf uns zugerannt und drückte mich kurz an sich. „Und dein Vater ist schon im Krankenflügel. Madame Pomfrey tut was sie kann, um ihn so zu stabilisieren, dass er ins St. Mungos gebracht werden kann."

„Was? Sie sind beide nicht tot?" Ein kleines bisschen Hoffnung rauschte durch meinen Körper als ich mich vor Mum auf den Boden warf und mit half, sie auf eine Trage zu bugsieren.

„Deine Mutter macht nichts so leicht k.o.", sagte Ginny beruhigend und strich mir über die Schultern. „Lass dir die Geschichten von unserer Schulzeit erzählen, dann weißt du wovon wir reden", fügte Harry hinzu.

Verdutzt sah ich den beiden hinterher.

Ich wollte gerade zu Hermine laufen die versuchte, Professor Sallivan so gut es ging zu heilen, als mich jemand aufhielt.

Ich sah in Heavens zerkratztes Gesicht. „Du hilfst jetzt nicht mehr. Wir werden jetzt schauen, dass du geheilt wirst und wieder zu Kräften kommst."

Ich wollte protestieren, aber so wie das Adrenalin aus meinem Körper verschwand, so kamen die Schmerzen von den Verletzungen.

Also ließ ich mich von James hinein begleiten.

Ich schälte mich aus den schmutzigen Klamotten, versuchte so gut es ging mich zu waschen und wenigstens meine Haare vom Dreck zu befreien, aber die Schmerzen wurden immer stärker.

Madame Pomfrey war im Krankenflügel nicht zu sehen, stattdessen geleitete mich eine blonde Schülerin zu einem Bett.

„Bitte leg dich hin", sagte sie mit weicher Stimme. „Ich werde dir einen Trank bringen, der dich schlafen lässt. So können wir deine Wunden versorgen, ohne dass du es mitbekommst."

Misstrauisch sah ich ihr hinterher, dann sah ich James an. „Wirst du bleiben?", flüsterte ich rau.

„Du wirst mich nicht mehr los", flüsterte er zurück.

Das Letzte was ich spürte war meine Hand in seiner, bevor ich einschlief.

LöwenmutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt