Kapitel 9

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Der Morgen zog herauf.
Naira wachte auf, als die ersten Strahlen der Sonne durch die Fenster fielen. Sie drehte sich auf die andere Seite und sah Thorin neben sich liegen. Sie grinste leicht. Leise, um ihn nicht zu wecken, stand sie auf und ging nach draußen, um zu prüfen, ob die Luft rein war.
Zufrieden mit dem, was sie fand, verschwand sie in die Ställe, um die Tiere ins Freie zu lassen, so wie jedes Mal, wenn sie Beorn besuchte.
Als sie zu den Pferden kam, erlebte sie eine Überraschung.
"Valavar!", rief sie aus, schlug sich jedoch sofort die Hand vor den Mund.
Schuldbewusst schaute sie sich um. Es kam niemand angerannt und daraus schloss sie, dass sie keinen ihrer Reisekameraden geweckt hatte.
Sie warf die Arme um den Hals ihres Hengstes.

Wenig später saß sie, die Beine ausgestreckt, sich mit ihren Armen im Gras abstützend, auf der Wiese und schaute den Tieren beim Grasen zu. Valavar stand neben ihr und mampfte seine Grashalme.
"Oonagh oira Oonagh. Mein Herz ist immer dein. Oonagh oira Oonagh. Ein Teil der Ewigkeit. Oonagh oira Oonagh. Du machst mich stark und frei. Oonagh oira Oonagh. Werd ich unendlich sein...", sang sie vor sich hin.
Als sie Schritte hinter sich vernahm, endete ihr Gesang, doch sie drehte sich nicht um. Sie hatte ihn bereits am Klang seiner Schritte erkannt.
"Ich sehe, du hast deinen Hengst gefunden", meldete sich seine Stimme neben ihr.
Naira sah auf und lächelte den Hautwechsler an.
"Wie ist er hierhergekommen, Beorn?", fragte sie neugierig.
"Das wüsste ich auch gern", antwortete Beorn. "Er tauchte vor einigen Wochen einfach auf. Ich fürchtete bereits, dir wäre etwas zugestoßen, doch dafür war er zu ruhig."
Das Halbblut lächelte.
"Es geht mir gut", bestätigte es. "Doch die Berge sind kein geeigneter Ort für ein Pferd."
Beorn fragte nicht, was Naira im Gebirge gesucht hatte. Auch die Umstände ihrer eigenen Ankunft schnitt er nicht an. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie ihm Antworten geben würde, wenn sie das wollte.
"Wie sieht die Narbe aus?", erkundigte er sich stattdessen.
"Wie immer. Sie tut nicht weh und sie ist auch nicht wieder aufgerissen."
Nach einem Moment der Stille begann Beorn, Holz zu hacken.
"Beorn?", fragte Naira kurze Zeit später.
Der Hautwechsler unterbrach seine Tätigkeit und sah auf.
"Vielleicht sollte ich dir sagen, dass ich dieses Mal nicht allein gekommen bin", sprach sie zögerlich.
Beorn hob eine Augenbraue.
"Dann ist dies kein Besuch der alten Zeiten wegen", stellte er fest.
Naira schüttelte den Kopf.
"Leider nicht", bestätigte sie. "Wir brauchen deine Hilfe."
"Wer ist wir?", wollte Beorn misstrauisch wissen.
"Ich, ein Zauberer, ein Hobbit und", sie schaute schuldbewusst zu ihrem Freund auf, "und dreizehn Zwerge."
"Zwerge?", Beorn bemühte sich sichtlich um Ruhe.
"Verzeih mir, Beorn, ich weiß, du kannst Zwerge nicht ausstehen, aber ich hätte sie nicht hergebracht, wenn es eine andere Möglichkeit gegeben hätte. Wir brauchen wirklich dringend deine Hilfe. Der Schänder ist hinter uns her und du weißt, wie gut er, Thorin Eichenschild und ich miteinander auskommen. Und wenn dich all das nicht umstimmen kann, dann bitte ich dich, tu' es um meinetwillen. In meinen Adern fließt Zwergenblut aus dem Erebor und ich will meine Heimat zurück", flehte sie.
Beorn atmete langsam ein und aus, um sich zu beruhigen.
Er ließ seine Axt sinken.
"Ich will sie erst kennen lernen, bevor ich meine Entscheidung treffe", stellte er die Bedingung.
Das Halbblut atmete erleichtert aus und nickte enthusiastisch.
"Ich hole sie."
Damit verschwand es ins Haus.

Im Haus hingen die Zwerge, Gandalf und Bilbo an den Fenstern. Sie hatten den Austausch zwischen Naira und Beorn mitangesehen. Sie bemerkten nicht, dass Naira eintrat.
"Wisst ihr nicht, dass es unhöflich ist, Leute zu beobachten?", fragte sie gespielt vorwurfsvoll.
Sofort zuckten alle von den Fenstern zurück und versuchten stammelnd, sich zu erklären.
Naira lachte nur.
Dann wurde sie wieder ernst.
"Ich habe Beorn die Situation erklärt und er hat zugestimmt, euch kennenzulernen. Danach wird er entscheiden, ob er uns helfen wird", erzählte sie.
Sie ging wieder zur Tür.
"Kommt ihr?", fragte sie, als sie bemerkte, dass ihr niemand folgte.
Langsam setzte sich die Gemeinschaft in Bewegung.

Naira - Flammenherz (Der Hobbit)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt