Kapitel 26

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Julias Sicht:
„Also, heute wollten wir Ju besuchen, also haben wir ihm geschrieben", begann ich zu erzählen, „Nach ein paar Stunden, hatte er die WhatsApp immer noch nicht gelesen und wir haben uns Sorgen gemacht, also sind wir rüber gegangen." Annis Lächeln verdunkele sich immer weiter und sie ahnte schon, in welche Richtung dieses Gespräch ging, sie tat mir so Leid. Ich fuhr fort: „Da war niemand, wir haben überall geguckt. Im Bad war alles durcheinander, auf ein paar Handtüchern haben wir sogar Blutspuren gefunden, die nach draußen geführt haben." Rezo setzte die Erzählung fort: „Dort haben wir auch Fußspuren gefunden, die haben an die Straße geführt. Dann haben wir die Polizei gerufen, die hat dann einen Betäubungspfeil im Wohnzimmer entdeckt." Bei diesen Worten entgleiste Annis Gesicht komplett und sie trug einen erschrockenen Gesichtsausdruck zur Schau. Wir hatten uns auf der Fahrt hier her darauf geeinigt, nichts von den Skulls zu erzählen, da wir nicht wussten, inwiefern Anni darüber informiert war. „Das Blut wir in einem Labor untersucht, dass man vielleicht einen DNA-Test machen könnte, wenn es Verdächtige gibt. Wahrscheinlich ist es aber Juliens Blut", klärte ich Anni weiter auf. Ich nahm wahr, dass ihre Unterlippe zitterte und sie sich alle Mühe gab, nicht zu weinen. Verständlich, ich wüsste nicht wie ich reagieren würde, wenn einer Person, die mir so wichtig ist, etwas zustößt. Zwar war ich nicht so eng mit Anni befreundet, aber im Moment hatte sie niemanden außer uns, also nahm ich sie in den Arm, um sie zu trösten. Kurz, nachdem ich meine Arme um sie geschlungen hatte, hörte ich ein leises Schluchzen, jetzt hatte sie ihren inneren Kampf aufgegeben und weinte. Langsam strich ich mit meiner rechten Hand über Annis Rücken, um sie irgendwie zu beruhigen, was, wie ich schon gedacht hatte, überhaupt nichts brachte. Ich spürte Rezos Unbehagen, da er nicht wusste, was er machen sollte, allerdings wusste ich auch nicht, was er hätte machen können, also bleib ich einfach so sitzen, in einer Umarmung mit Anni. Normalerweise war Anni immer die Starke, Selbstbewusste, sie so zu sehen machte mich traurig, dich wir mussten jetzt stark sein, für sie. Diese Situation war schrecklich, wir konnten nichts für sie oder Ju tun, wir konnten einfach nur warten. Plötzlich hörte ich, wie Rezo hinter mir aufstand und in Richtung Küche ging, zwar hatte ich keine Ahnung, was der vorhatte, aber er kannte Anni ein kleines Bisschen besser, als ich und ich vertraute ihm. Kurz darauf löste sich Anni aus der Umarmung und schnieft: „Danke." Ich hatte keine Ahnung, was ich antworten sollte, also lächelte ich einfach. Rezo kam mit einer Tasse in der Hand aus der Küche, die er Anni in die Hand drückte. „Ich nehme an, das ist die richtige Sorte", scherzte er. Anscheinend war das irgendein Insider und in der Tasse war Tee. Bei Rezos Worten schmunzelte Anni und bedankte sich. Langsam beruhigte sie sich wieder, aber sie schien noch nicht realisiert haben, was wir ihr erzählt hatten. „Warum sollte jemand Ju entführen? Vielleicht ist er ja nur spazieren und er hat sich heute Morgen mit dem Rasierer in Kinn geschnitten, das könnte doch sein", versuchte sie sich die Situation zu erklären. „Anni, bei allem Respekt, das halte ich für unwahrscheinlich, außerdem was hätte er dann mit dem Betäubungspfeil gewollt?", widersprach Rezo ihr. Natürlich hatten wir einen guten Grund, direkt anzunehmen, dass Ju entführt wurde und jetzt in Lebensgefahr schwebt, aber offensichtlich hatte Ju ihr nichts von diesen Typen erzählt. Ob sie das überhaupt verkraften würde,  sie es heute erfährt? Natürlich stand das außer Frage, wir konnten es ihr nicht erzählen, das ging einfach nicht. Nachdem Rezo Annis Hoffnungen zunichte gemacht hatte versuchte ich sie aufzumuntern: „Die Polizei findet Ju schon, die schaffen das." Doch nichtmal ich glaubte wirklich an das, was ich gerade gesagt hatte und aus Annis Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass sie es ebenso wenig tat. Traurig sah sie zu Boden und meinte, wenig überzeugend: „Ja bestimmt." Man konnte den Schmerz in ihrer Stimme hören und sie tat mir nur noch mehr leid. Nach einer kurzen Pause sah Anni Rezo und mich etwas verwirrt an und fragte mit leicht zusammengekniffenen Augen: „Wieso wart ihr euch sofort so sicher, dass Ju entführt wurde, ich meine ihr hattet den Betäubungspfeil ja gar nicht gefunden?" Mein Kopf war wie leergefegt, da wir ja schon eine klein Vorahnung hatten, war das sehr naheliegend gewesen, aber Anni wusste ja nichts von den Skulls. Wir mussten uns schleunigst eine gute Ausrede suchen, doch mir viel nicht ein, also meinte ich schließlich: „Naja,.. also das verwüstete Bad und das Blut hat uns stutzig gemacht, außerdem waren da ja noch die Fußspuren im Garten." Schon während die Worte meinen Mund Verliesen merkte ich, wie miserabel diese Begründung war. Anni sah mich misstrauisch an, sie schien mir diese Erklärung nicht wirklich abzukaufen, was nicht überraschend war. Mein Herz klopfte so laut, dass ich es hören konnte, meine Hände wurden etwas schwitzig und vor Nervosität griff ich Rezos Hand, die hinter mir lag. Die bedrückende Stille zog sich gefühlte Stunden hin, als Anni schließlich meinte: „Irgendwas verschweigt ihr mir doch, Ju war in letzter Zeit auch so komisch, er war immer so nervös. Was ist denn eigentlich los?" Mein Herz rutschte mir in die Hose, was machen wir jetzt. Sie schien jetzt etwas wütend zu sein, wütend dass wir es wussten und auch wir ihr nichts erzählten. Doch wir konnten sie nicht in diese Gefahr begeben. „Was meinst du?", versuchte Rezo es, doch ich glaubte nicht, dass er Erfolg haben würde. Anni hatte uns durchschaut. „Ich bitte dich Rezo, Verkauf mich doch nicht für dumm. Ju ist was zugestoßen und ich würde gerne erfahren, warum. Ihr wisst eindeutig mehr, als ihr zugebt. Bitte, ich will doch nur erfahren, was meinem Freund passiert ist, ist das denn zu viel verlangt?", flehte sie. Bei dem letzten Satz brach sie wieder in Tränen aus, wir konnten es ihr nicht mehr verschweigen. Nach einem kurzen Seufzen begann Rezo das zu erzählen, was er mir schon erzählt hatte und was ihm zuvor Ju erzählt hatte.

Hat wieder etwas länger gedauert, Sry.
Danke für die 7,9 Reads, das ist echt krass!

Rezo x Julia FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt