16. Kapitel

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Als Sternenpfote zu sich kam, wusste er erst nicht, wo er sich befand. Die glitzernden Wände, der Teich vor seinen Pfoten... Eindeutig nicht das EisenClan-Lager. Keinen Herzschlag später schalt er sich für seine Dummheit. Ich bin in der Sternenhöhle. Warum? Seine Pfoten taten weh. Sein Hinterbein pochte unangenehm und seine Ballen bluteten. Er war gerannt, schnell gerannt, weil...

»Nein!«

Sein Schrei hallte von den Wänden wider.

»SternenClan! Warum! Warum sie? Sie hat meinen Vater getötet und gehört noch nicht mal zum EisenClan! Wollt ihr wirklich eine Mörderin als Anführerin haben? Wie könnt ihr das zulassen!«

Doch der SternenClan schwieg. Natürlich. Sternenpfote kauerte sich an den Rand des klaren Teichs und leckte das Wasser mit der Zunge auf. So wie Sprungflügel es ihm beigebracht hatte. Er war bisher nur einmal in der Sternenhöhle gewesen, um offiziell zum Heilerschüler ernannt zu werden, aber das hatte er sich gemerkt.

Sobald das kalte Wasser seine Kehle hinunterrann, fühlte er sich seltsam benommen und schloss die Augen. Ein eisiger Schauer fuhr ihm über den Rücken und als er die Augen wieder öffnete, war die Sternenhöhle verschwunden. Stattdessen befand er sich... in einem Sumpf? Der Boden war feucht und bei jedem Schritt quoll ekliger Schlamm zwischen seinen Zehen hervor. Angeekelt verzog er das Gesicht.

»Sternenpfote.«

Beim Klang von Nebelglanz' Stimme drehte er sich um. Die blauen Augen der ehemaligen EisenClan-Heilerin funkelten wie zwei Eisstückchen.

»Warum?«, wollte er sofort wissen. »Warum Schwebetropfen?«

»Gefällt dir der Sumpf, Sternenpfote?«, wich Nebelglanz seiner Frage aus.

»Nein! Wie kann eine Katze hier bloß leben? Sie muss doch die ganze Zeit Angst davor haben, plötzlich zu ertrinken!«

»Aber trotzdem hat der SumpfClan sich dort angesiedelt. Weißt du, warum?«

»Nein! Und das will ich auch gar nicht wissen! Warum weichst du meiner Frage aus? Glaubst du, mir würde die Antwort nicht gefallen? Ich kann dir direkt sagen: Egal, was die Antwort ist, sie gefällt mir schon jetzt nicht!«

»Beruhige dich«, miaute Nebelglanz sanft und kam einige Schritte auf ihn zu. Sie schien über dem Sumpf zu schweben, denn ihre schwarzen Pfoten waren vollkommen sauber. »Ich habe dich im letzten Traum vor einem Feind gewarnt, der ein Freund dir scheint. Weißt du, wer damit gemeint ist?«

»Natürlich nicht!« Sternenpfote atmete tief durch, um sich zu beruhigen. »Ich vertraue allen meinen Clan-Gefährten und in den anderen Clans habe ich keine Freunde.«

»Bist du dir sicher?«

»Ganz sicher!«

Nebelglanz zuckte kurz belustigt mit den Ohren. »Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass Luchsstern und Schwebetropfen das Geheimnis so gut bewahrt haben.«

»Schwebetropfen?« Sternenpfote riss überrascht die Augen auf. »Was hat unser Anführer mit dieser Mörderin zu tun? Welches Geheimnis?«

Die Heilerin wirkte etwas verunsichert. Sie trat von einer Pfote auf die andere und ihr Blick huschte immer wieder zu den Bäumen auf der anderen Seite eines Flusses. So muss die Grenze zum EisenClan vom SumpfClan-Territorium aus aussehen, dachte Sternenpfote.

Auf einmal beugte Nebelglanz sich zu ihm vor und flüsterte einen Satz in sein Ohr, der ihn so sehr schockierte, dass er vergaß zu atmen.

»Du und deine Brüder wurdet nicht im EisenClan geboren, sondern im SumpfClan.«

Fassungslos starrte er die schwarze Kätzin vor sich an. Er fühlte sich leer. Wie ausgesaugt. Wie tot. Alles, woran er geglaubt hatte... Alles! Einfach alles! Eine Lüge? Aber Funkenpelz, Käferblume, Wolkenjunges, die im Fluss ertrunken war... Wie? Und vor allem: Warum? Was passierte hier gerade?

»Unmöglich«, krächzte er. »Der EisenClan, der SumpfClan, das alles...« Er brachte keinen richtigen Satz mehr zusammen.

»Möglich«, miaute Nebelglanz. »Nur sehr unwahrscheinlich.«

»Aber wer...?«

Bevor er seine Frage ganz aussprechen konnte, fiel eine undurchdringliche Finsternis über die gesamte Landschaft und verschlang sie. Ein eiskalter Wind wirbelte durch sein Fell und sauste um seine Ohren herum. Von irgendwo her erklang ein spitzer Schrei. Er sah eine graue Kätzin mit einem weißen Fleck auf der Brust, die sich über vier Junge beugte. Schwebetropfen! Dann fand er sich in der Sternenhöhle wieder. Am ganzen Körper zitternd. Der Schmerz, der in seiner Brust saß, war unbeschreiblich.

Warrior Cats - Zeit des KampfesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt