Es dauerte drei Tage, bis Mondpfote sich so weit erholt hatte, dass er wieder auf Patrouille gehen konnte. Sprungflügel konnte immer noch nicht sagen, was eigentlich mit ihm los gewesen war. Das brauchte sie auch gar nicht, denn er selbst wusste es nur zu gut.
Ich bin die Wiedergeburt von Mondblick und er wurde von Schwebetropfen über die Klippe gestoßen. Von der Schwebetropfen, die Funkenpelz getötet hat und der ich Luchssterns letzte Botschaft überbringen muss. Das werde ich jetzt nicht mehr tun. Aber warum tut es dann so weh?
Sein Herz krampfte sich bei dem Gedanken an sie zusammen. Er war sich sicher, dass sie irgendwie miteinander verbunden waren. Besonders weil er Teile ihrer Vergangenheit gesehen hatte, als sie Steinjunges aus dem Fluss gerettet hatte. Warum hatte er diese... Gefühle für sie?
»Alles in Ordnung?«
Käferblumes Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Das rechte Auge seiner Mutter war von Knospenstern vollkommen herausgerissen worden, sodass sich dort nur noch eine hässliche, fleischige Höhle befand, die blutete, wenn die Kriegerin das Gesicht verzog. Sprungflügel hatte alle Pfoten voll zu tun, eine Entzündung zu verhindern.
»Ja. Ich habe nur nachgedacht.«
»Worüber?«
Mondpfote schüttelte den Kopf. »Nicht wichtig.« Er fuhr hoch, als ein fremder Kater im Dornentunnel auftauchte. In seinem hellbraunen Fell hingen unzählige Blätter und Rindenstückchen, die er nun abschüttelte.
»Das ist Kaninchenwind vom BlitzClan«, wunderte Käferblume sich. »Was hat er hier zu suchen?«
In dem Moment hatte der BlitzClan-Krieger sie und Mondpfote auch schon entdeckt und kam auf sie zu. Seine Nase zuckte leicht nervös, als er die zerfleischte Augenhöhle der dunkelbraunen Kätzin sah.
»Ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm ist«, staunte er, fing sich jedoch schnell wieder. »Entschuldige, dass ich direkt ins Lager gekommen bin. Ich konnte es nicht riskieren, zu lange auf eine Patrouille zu warten. Zumal unsere Clans keine gemeinsame Grenze haben.«
»Warum bist du hier?«
»Es geht um Sternenpfote.« Bei diesen Worten horchte Mondpfote auf. »Er ist jetzt der Schüler von Winternacht. Sie waren vor Kurzem bei uns und haben einen unserer Krieger geheilt.«
»Der Schüler von Winternacht?« Käferblume riss verwundert das eine Auge auf, während aus dem anderen ein dünnes Blutrinnsal lief. Dann seufzte sie. »Danke, Kaninchenwind, dass du gekommen bist, um uns das mitzuteilen. Brauchst du jemanden, der dich zurück zum Schattendickicht bringt?«
»Ich bringe ihn zurück zur Grenze«, meldete sich Regenfell, der mit finsterem Gesicht angetrabt kam.
»Ähm, ja, danke«, stotterte Kaninchenwind, der sogleich von dem zweiten Anführer weggeführt wurde.
Mondpfote sah den beiden Katern ungläubig hinterher. »Sternenpfote, der Schüler von Winternacht? Aber warum? Warum ist er nicht einfach zurückgekehrt?«
Käferblume legte traurig den Kopf auf ihre Pfoten. »Ich weiß es nicht.«
»Wo ist Winternachts Bau? Ich werde hingehen und mit ihm reden!«
»Niemand weiß, wo ihr Bau ist. Das ist ein großes Geheimnis. Du würdest dich eher verirren.« Sie richtete ihr bernsteinfarbenes Auge genau auf ihn. »Außerdem werde ich nicht zulassen, dass auch nur ein weiterer meiner Söhne das Territorium eigenwillig verlässt. Das bringt nur Schwierigkeiten.«
Mondpfote senkte zerknirscht den Kopf. Das kann ich verstehen. Sonnenpfotes Grenzübertritt hat sie ein Auge gekostet. Wo ist er überhaupt? Er ließ seinen Blick durch das Lager schweifen und entdeckte seinen Bruder am Eingang der Kinderstube, wo er offenbar nach Weidenstern, seinem Mentor, suchte. Ich werde die Kinderstube nie wieder betreten. Ich kann Himmelschatten nicht mehr in die Augen sehen. Also blieb er, wo er war.
Plötzlich ertönte ein lautes Jaulen, ein Heulen, das alle EisenClan-Katzen aus ihren Bauen scheuchte. Mondpfote und Käferblume sprangen auf die Pfoten. Weidenstern und Sonnenpfote stürmten aus der Kinderstube. Die stacheligen Ranken des Dornentunnels zitterten, als Regenfell auf die Lichtung stolperte. Sein grauer Pelz mit den weißen Sprenkeln stand wild in alle Richtungen ab. An seinen Hinterbeinen blutete er aus mehreren Kratzern. Keuchend blieb der Stellvertreter stehen.
»Was ist passiert?«, rief Efeuweide und lief zu ihm.
»Der SumpfClan und der EichenClan sind an der Grenze zusammengetroffen und kämpfen!«, jaulte Regenfell. Seine Augen zuckten wild von Weidenstern zu Sprungflügel, die gerade im Eingang des Heilerbaus auftauchte. »Muschelstern möchte Flossenwolkes Tod rächen! Und...« Er schnappte nach Luft. »Ich... Ich bin mir nicht sicher... Alles ging so schnell! Aber Kaninchenwind... Sie haben ihn erwischt, bevor... bevor er fliehen konnte.«
»Was sollen wir jetzt machen?« Efeuweide schaute Weidenstern erwartungsvoll an.
»Es ist nicht unser Kampf«, meinte der Anführer stur. »Wir sind zurzeit sowohl mit dem EichenClan als auch mit dem SumpfClan verfeindet.«
»Aber wenn Kaninchenwind wirklich verletzt wurde, wird der BlitzClan erfahren, dass wir von dem Kampf gewusst und trotzdem nicht dabei geholfen haben, ihn aufzulösen«, widersprach Käferblume entschieden.
»Dann müssen wir darauf hoffen, dass er tot ist.«
Mondpfote starrte seinen Anführer fassungslos an. Das Gesetz der Krieger sagt doch, dass wir keine Katzen töten sollen. Wie kann er da nur auf den Tod eines Kriegers hoffen?
Er war nicht der einzige, der mit Weidensterns Entscheidung unzufrieden war. Sein Mentor Grünbart trat aus den Schatten des Kriegerbaus hervor. »Wir sind zwar mit beiden Clans verfeindet, aber das heißt nicht, dass wir tatenlos dabei zusehen müssen, wie sie sich gegenseitig töten.«
»Es ist nicht unser Kampf«, wiederholte der Anführer bestimmt. »Die Diskussion ist beendet.« Damit verschwand er wieder in der Kinderstube und ließ seine Katzen auf der Lichtung zurück.
»Schwachsinnig«, zischte Käferblume. Doch unauffällig deutete sie in Richtung des Geheimgangs. Mondpfote konnte gerade noch einen Blick auf Sonnenpfotes gelbbraun getigerten Schweif erhaschen. Verwirrt schaute er seine Mutter an.
»Du kennst den Geheimgang?«
»Jeder kennt ihn«, schnurrte sie belustigt. »Geh ruhig. Aber pass auf dich auf und beschütze deinen Bruder. Ich möchte nicht noch einen Sohn verlieren.«
Mondpfote nickte ernst, versicherte sich, dass niemand ihn beobachtete, und huschte dann davon zu dem Weißdornbusch.
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Warrior Cats - Zeit des Kampfes
Fanfiction»Drei werden es sein. Katzen des Himmels, der Nacht und des Lichts. Die Zeit des Kampfes ist angebrochen. Hüte dich vor einem Feind, der ein Freund dir scheint.« Mit dieser Prophezeiung fängt eine Geschichte an. Eine Geschichte über die drei Mächte...