31. Kapitel

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Stumm sah Mondpfote Grünbart und Flugglanz hinterher. Im Maul seines Mentors baumelte der Körper von Federjunges. Die kleine Kätzin hatte nur einen Tag überlebt und war damit nur eine Nacht länger am Leben gewesen als ihr Bruder Finkenjunges. Er hätte nicht erwartet, dass der Tod zweier Katzen, die er kaum gekannt hatte, ihn so hart treffen würde. Der ganze EisenClan schien bedrückt.

»Sowas passiert manchmal«, flüsterte Käferblume ihm zu. Mittlerweile blutete die Wunde nicht mehr bei jeder Bewegung und Sprungflügel war sich sicher, dass die Gefahr einer Entzündung gebannt war. Zum Glück. »Als Wolkenjunges ertrunken ist, habe ich mich genauso gefühlt.« Sie schien noch etwas sagen zu wollen, verstummte aber.

»Sonnenpfote und ich sind ja noch da«, beruhigte Mondpfote seine Mutter und stupste sie aufmunternd an.

Sie nickte nur und wich dann vor ihm zurück. »Ich... Ich glaube, Regenfell hat mich gerade gerufen, damit ich auf Patrouille gehe.« Damit eilte sie davon, obwohl der zweite Anführer nirgendwo zu sehen war. Mondpfote zuckte ratlos mit den Schultern.

Ich habe sowieso etwas Anderes vor. Er ließ seinen Blick durch das Lager schweifen. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät.Erleichtert atmete er auf, als er Sonnenpfote nahe des gerade unbewachten Geheimgangs entdeckte. Sein Bruder schlüpfte durch die schmale Lücke nach draußen und war verschwunden.

Mondpfote wartete kurz, bevor er sich mit der Begründung, er wolle nur kurz zum Schmutzplatz, ebenfalls aus dem Lager schlich. Er hatte Sonnenpfote zwar versprochen, niemandem etwas von ihm und der EichenClan-Kätzin zu erzählen, aber er durfte nicht zulassen, dass sein Bruder sich damit in Schwierigkeiten brachte. Der Schüler erinnerte sich an den Schmerz, den er als Mondblick empfunden hatte, weil er seine große Liebe hatte aufgeben müssen. Himmelschatten... Er konnte der Königin immer noch nicht in die Augen sehen.

An der EichenClan-Grenze angekommen, witterte er. Der Geruch seines Bruders und der Schülerin war hier sehr stark. Sie mussten ganz in der Nähe sein. Geschickt setzte er eine Pfote vor die andere und hockte sich hinter den nächstbesten Busch, sobald er Stimmen hörte. Unwillkürlich musste er an das Gespräch zwischen den zwei Mördern denken, das er ebenfalls belauscht hatte.

»...wolltest mich sprechen«, miaute sein Bruder gerade. Also habe ich nicht viel verpasst.

»Ich, oder eher gesagt Sprudelpfote, hat einen Verdacht, wer Flossenwolke getötet haben könnte«, flüsterte die Kätzin so leise, dass Mondpfote Schwierigkeiten hatte, sie zu verstehen.

»Was?« Sonnenpfote klang ungläubig. »Es war also wirklich einer deiner Clan-Gefährten?«

»Ja. Ich fürchte schon. Aber ich habe keine Beweise. Noch nicht. Deswegen bin ich hier.«

»Wie soll ich dir einen Beweis liefern können? Wer ist es überhaupt?«

»Hirschbein.«

Mondpfote horchte auf. Hirschbein. Hirsch. Luchsstern hat gesagt, ich soll kämpfen, auch wenn der Hirsch versucht, mich zu vernichten. Habe ich in dieser Nacht wirklich ihn gesehen? Ich weiß nicht mal, wie er aussieht. Und vom Mörder habe ich nur einen Schatten erkennen können.

»Hirschbein? Der Mentor deines Bruders? Der, der so schnell ist, dass er mich eingeholt und ins Lager gebracht hat?« Nach einer kurzen Pause, in der die Kätzin vermutlich nickte, fragte Sonnenpfote: »Aber warum sollte er...?«

»Ich weiß nicht, warum«, fauchte die EichenClan-Schülerin gereizt. »Fakt ist, dass er den Tag vor der Großen Versammlung sehr müde war und einige Kratzer zu haben schien. Als wäre er durch ein Dornengebüsch gerannt oder... oder hätte mit jemandem gekämpft. Sprudelpfote hat auch erzählt, dass er beim Training unkonzentriert wirkte und versuchte, sein rechtes Vorderbein nicht zu belasten.«

»Sind das nicht genug Beweise?«

»Eben nicht! Mein Bruder ist nicht der klügste. Die anderen Katzen, besonders die älteren Krieger, halten nicht viel von ihm und würden seine Behauptungen als Lügen oder Zufälle abstempeln.«

»Aber wie kann ich dir dann helfen?«

Die Kätzin schwieg eine Weile, bevor sie antwortete: »Knospenstern hat auf der Großen Versammlung zwar gesagt, dass niemand aus ihrem Clan ein Mörder sein kann, aber sie hat trotzdem jeden von uns verhört. Hirschbein hat da behauptet, er wäre an der EisenClan-Grenze gewesen. Buchenkralle, der in dieser Nacht das Lager bewacht hat, hat nämlich gesehen, wie er sich rausgeschlichen hat. Angeblich hat Hirschbein einen von euch vertrieben. Weißt du etwas davon?«

Sonnenpfote schien zu überlegen, doch Mondpfote brauchte gar nicht nachzudenken. Als der Mord passierte, war sein Bruder immer noch beim EichenClan gefangen gewesen, aber er selber... Er war sich sicher, dass er in jener Nacht der einzige gewesen war, der das Lager verlassen hatte. Und der Kater, der Flossenwolke umgebracht hatte, war verdammt schnell davongesprintet. Wenn dieser Hirschbein selbst Sonnenpfote eingeholt hatte...

»Hirschbein ist der Mörder.« Die Worte waren schneller ausgesprochen als Mondpfote es verhindern konnte. Schnell stand er auf und trat aus seiner Deckung heraus. Offenbar waren die zwei Schüler zu geschockt, ihn zu sehen, um auch nur einen Laut von sich zu geben. Sonnenpfote war der erste, der sich fing.

»Woher weißt du das so sicher?«

»Ich habe ihn gesehen.« Und damit erzählte Mondpfote seinem Bruder und der EichenClan-Kätzin, die Wasserpfote hieß, wie er das Gespräch belauscht und sich dann nachts zur Grenze geschlichen hatte. Die beiden Schüler hörten aufmerksam zu, bis er geendet hatte.

»Hirschbein ist mit einer Kätzin aus dem SumpfClan zusammen!« Wasserpfote schüttelte fassungslos den Kopf. »Dabei gilt er als einer der loyalsten Krieger! Alle sehen ihn als Vorbild! Wie hat er uns so verraten können!« Eine tiefe Trauer stand in ihren Augen. »Wegen ihm hat es den Kampf gegeben. Wegen ihm ist meine Mutter gestorben!« Sie sprang auf und schlug mit der Pfote frustriert gegen den Stamm der Buche, unter der sie sich befanden.

»Wir müssen etwas tun«, beschloss Sonnenpfote und strich Wasserpfote beruhigend über die Flanke. Zu spät fiel ihm ein, dass Mondpfote auch noch da war, doch dieser lächelte nur belustigt.

Ich kann ihn verstehen. Sie scheint eine gute Kätzin zu sein. Auch wenn sie aus dem EichenClan ist... Himmelschatten und ich waren auch in verschiedenen Clans.

»Wir müssen herausfinden, wer diese SumpfClan-Kätzin ist«, stimmte Mondpfote zu.

»Aber zuerst werde ich dafür sorgen, dass Hirschbein alles verliert, was er lieb hat«, knurrte Wasserpfote bedrohlich. »Er wird noch bereuen, was er getan hat.« Die graue Kätzin berührte zum Abschied Sonnenpfotes Nase und nickte Mondpfote respektvoll zu.

»Sie passt zu dir«, sagte Mondpfote, als sie weg war.

Sonnenpfote schaute verlegen auf seine Pfoten. »Vielleicht.«

Warrior Cats - Zeit des KampfesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt