Kapitel 6

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Pov. Lion 

Strahlend hell lacht die Sonne zwischen den weißen Vorhängen ins Zimmer, kitzelt mich langsam wach. Müde reibe ich mir den Schlaf aus den Augen, drehe mich auf die Seite und will mich gerade noch tiefer in die Kissen kuscheln, da realisiere ich, in wessen Bett ich mich befinde. Thomas liegt seelenruhig neben mir auf dem Rücken, mit geschlossenen Augen. Sein Bauch hebt und senkt sich gleichmäßig, er befindet sich noch im Land der Träume. Erinnerungen von letzter Nacht kehren augenblicklich in mein Bewusstsein zurück und bringen mich zum Lächeln. Meine Lippen kribbeln, bei dem Gedanke, wie Thomas mich geküsst hat. So innig, verspielt und gierig zugleich. Gedankenverloren kuschele ich mich an ihn, streiche ich über seine Brust, die hart und weich zugleich ist. Thomas sieht so friedlich aus, wenn er schläft. Und schön. Eine ganze Weile liege ich einfach nur neben ihm und beobachte ihn, genieße seine Nähe, seinen sanften Geruch, seine Wärme. 

Aber dieser schöne Moment wird schon bald durch ein lautes Klingeln zerbrochen und holt mich schonungslos aus meinen Gedanken und Thomas aus seinem friedvollen Schlaf. Noch in Halbschlaf, mit immer noch geschlossenen Augen greift er mechanisch nach seinem Handy und nimmt ohne zu gucken den Anruf an. "Felber." Seine Stimme klingt kratzig und rau, was mir einen angenehmen Schauer über den Rücken schickt. "Ach, hey Lucy. Ja, ich bin wach. Wieso rufst du an?" Überrascht reiße ich die Augen auf. Es gibt hundert Möglichkeiten, wer diese Lucy sein könnte und doch überkommt mich eine heiden Panik. Hat er etwa eine Frau? Oder eine feste Freundin? Verschlafen richtet Thomas sich ein Stück auf, öffnet schließlich seine Augen und gähnt ein paar mal, während er dieser Lucy zuzuhören scheint. "Weiß ich nicht. Ich rede mal mit Sophie, aber bestimmt hat sie Zeit." Und wer ist Sophie? Beinahe panisch knibbel ich mal wieder an meinen Fingernägeln, eine wirklich schlechte Angewohnheit, die mich aber ständig aufzusuchen scheint. 

Thomas scheint aber von meinem inneren Unfrieden nichts mitzubekommen. Seelenruhig beendet er das kurze Telefonat mit dieser Lucy und legt sein Handy lässig zurück auf die Kommode neben dem Bett. Mit Argusaugen starre ich ihn an, aber er legt sich nur wieder hin, als würde er meinen eindringlichen Blick nicht bemerken. "Bitte sag mir, dass das nicht deine Frau war", platzt es plötzlich aus mir heraus. Ich brauche Gewissheit, und zwar jetzt! Sofort richtet sich Thomas wieder auf. Sein Blick ist beruhigend und eindringlich. Verlegen sehe ich schnell auf die Bettdecke, da meine Nervosität bezüglich des Anrufes sehr wahrscheinlich unbegründet ist. Andererseits ist er nicht offiziell. Und viele nicht Offizielle haben ... 

Bevor mein Gehirn den Gedankengang zu Ende spinnen kann, bringt Thomas' Stimme diesen wieder zum Schweigen. "Siehst du einen Ring an meinem Finger? Oder eine Druckstelle?" Er zeigt mir seine Hände, wo sich kein Ehering befindet. Immer noch skeptisch sehe ich ihn an. Sie könnte ja auch bloß seine Freundin sein. Thomas lacht, nicht verurteilend, aber amüsiert. "Lucy ist meine Exfrau." Erleichtert atme ich aus. Ich hätte niemals gedacht, dass mich dieses Wort so glücklich machen kann. "Erleichtert?" Provokant funkeln seine Augen, in dessen Tränendrüsen sich immer noch ein wenig Schlaf versteckt. Nervös spiele ich mit der Decke. "Ja. Ich will nicht belogen werden", sage ich kleinlaut, weil es einfach die Wahrheit ist. Thomas muss nicht der Prinz auf dem weißen Ross sein, aber zumindest ehrlich. "Ich bin in meinem Leben noch nie fremdgegangen." Flüchtig lächelt er, bevor er sich von mir abwendet. "Du musst gehen." Seine Stimme ist rau, aber anders als davor gefühllos. Ohne ein weiteres Wort steht er auf und zieht sich wieder an. Sein kühler Blick ist wie ein Schlag in die Magengrube. Wortlos stehe auch ich auf und beginne mich anzuziehen. Warum ist er jetzt so?

Was ist passiert? Warum will er mich nun so schnell loswerden? Waren meine Fragen zu viel? All diese Fragen kreisen unaufhörlich in meinem Kopf herum, während ich mein Shirt über den Kopf ziehe. Enttäuscht über diese abrupte Wendung fahre ich mir durch die Haare, fertig angezogen, aber alles andere als bereit zu gehen. Alles in mir schreit, hier bleiben, bei ihm bleiben zu wollen. Ich will wissen, was los ist. Thomas sieht mich nicht einmal mehr an. Der Morgen hatte doch eigentlich gut begonnen, warum also fertigt er mich jetzt so kalt ab? "Kommst du nach Hause, oder soll ich dich fahren?" Etwas Schlimmeres hätte er nicht sagen können. So wie er es gesagt hat, es ist so kalt. Wie von selbst schüttle ich den Kopf. Um ehrlich zu sein, ich könnte einen Fahrdienst gebrauchen, aber ich will nicht noch länger in seiner Nähe sein. Beschämt trete ich aus der Tür seines Schlafzimmers. Die Erinnerungen an letzte Nacht tun weh. Wir sind uns näher gekommen, alles war schön und auf einmal zieht er die Mauern hoch. Tränen brennen in meinen Augen, verwandeln sich augenblicklich in Wut. 

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