Kapitel 1 - Mein Bruder

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Die Ferien neigen sich dem Ende zu und Morgen ist mein erster Tag an der Inarizaki, der Schule auf die auch mein älterer Bruder geht.

„Sakiko, warum bist du die ganze Zeit so unruhig?" Stumm musterte mich nun mein Bruder, während ich nur weiter nervös auf meinem Stuhl rum wackele und kaum mein Abendessen anrühre, was wohl eher sein Problem ist, schließlich hat er extra gekocht. „Shinsuke, das du das nicht verstehst, wundert mich nicht. Du bist ja auch nie nervös." seufzend schaue ich meinen Bruder an, welcher nun zu überlegen scheint.
„Natürlich nicht, ich verstehe den Sinn von Nervosität auch nicht im geringsten."
Wieder seufzte ich. Du bist ja auch ein Roboter, dachte ich mir dazu nur, schwieg aber, schließlich will ich keine Ärger bekommen. Ich bin zwar eher offen und direkt und sage auch meistens was ich denke, doch bei meinem Bruder halte ich mich lieber etwas zurück.

Ich bin froh meinen Bruder zu haben. Er ist immer für mich da und kümmert sich um mich. Wir haben nur noch einander und unsere Großmutter, bei welcher wir auch leben, allerdings ist sie schon sehr alt, weswegen sich meistens Shinsuke um alles kümmert. Er ist sehr verantwortungsbewusst und kümmert sich gerne um seine kleine Schwester, auch wenn ich finde, dass er sich nicht mehr um mich kümmern muss, schließlich bin ich kein kleines Kind mehr, doch das interessiert ihn einfach nicht. Typisch großer Bruder eben.

„Ich begleite dich Morgen noch zu deiner Klasse, du kennst dich ja nicht aus und nach der Schule fahren wir gemeinsam zurück, daher musst du allerdings das Training abwarten." erklärte Shinsuke beiläufig, während er weiter aß,  als wäre es selbstverständlich, dass ich zwei Stunden auf ihn warte.
„Ich soll so lange warten? Ist das dein Ernst? Ich kann auch alleine gehen!" protestierte ich und verschränkte meine Arme vor meiner Brust.
„Ich will nicht, dass du alleine mit der Straßenbahn fährst, wenn du die Strecke noch gar nicht kennst. Am Ende nimmst du noch die falsche Bahn oder so. Ach und wolltest du nicht die Managerin der Damenmannschaft werden? Dessen Training ist zeitgleich in einer anderen Halle und somit würden wir auch zukünftig gemeinsam nach Hause fahren, was mir auch lieb ist, schließlich ist es nach dem Training oft schon dunkel." während seiner Erklärung würdigte er mich keines Blickes, auch wenn er auf mich eingeht, interessiert ihn mein Protest nicht wirklich.

Dennoch hatte er ja recht.
Ich habe tatsächlich vor Managerin im Volleyballclub der Damen zu werden, schließlich will ich später Mal Sportmanagement studieren und mit Volleyball kenne ich mich dank meines Bruders wenigstens aus. Selber gespielt habe ich allerdings nie.
Somit gab ich meinen Protest auf, welcher wohl sowieso zu nichts geführt hätte, obwohl ich wirklich auf diese Fürsorge verzichten könnte und noch dazu, bin ich ja wohl nicht so dusselig und steige ihn die falsche Bahn ein.

Wieder in der Realität angekommen befasste ich mich nun also wieder mit meinem Essen, denn nicht aufessen, ist, in Anwesenheit von meinem Bruder, nie eine Option. Er würde mir das bitter übel nehmen und das nicht nur weil er gekocht hat. Nein, auch weil er einfach viel zu fürsorglich ist. Mein Brüderchen besteht darauf, dass ich mich gesund ernähre, Genügend Sport treibe, genug für die Schule lerne und ihm immer sage, wo ich bin. Ich finde wirklich, dass er sich eher wie ein Elternteil benimmt und nicht wie ein Bruder, welcher doch eigentlich auch noch nicht Erwachsen ist.

Shinsuke wartete auch als er schon lange aufgegessen hatte noch stumm am Tisch bis ich auch den letzten Bissen verschlungen hatte, wobei er komplett ignoriert, dass ich eingeschnappt wegen vorhin bin. Er hatte nicht wirklich etwas Falsches gesagt, doch seine so monotone, Roboter ähnliche Art, macht mich eben manchmal einfach verrückt.

„Ich räume auf. Morgen ist dein erster Tag, also geh schlafen." meldete sich nun mein Gegenüber zu Wort. Grummelnd stand ich also auf und bewegte mich Richtung Treppe.
Bevor ich allerdings aus dem Blickfeld meines Bruders verschwand, konnte ich noch ein monotones „Gute Nacht" seinerseits wahrnehmen, welches ich murmelnd erwiderte.

Oben angekommen, setzte ich mich seufzend auf mein Bett. Dieser Idiot ist doch wirklich ein Roboter. Mit diesem Gedanken stand ich wieder von meinem Bett auf und schlenderte zur Dusche.
Nachdem ich mich dann fertig geduscht hatte, zog ich meinen Schlafanzug an und putzte noch schnell meine Zähne. Anschließend ließ ich mich dann Todmüde in mein Bett fallen.

Doch egal wie müde ich auch war, ich konnte nicht schlafen. Ich war einfach so nervös, dass ich einfach nicht zu Ruhe kam.

Stundenlang versuchte ich inständig einzuschlafen, allerdings ohne Erfolg.
Als es dann schon drei Uhr morgens war, gab ich es auf. Offensichtlich würde ich in dieser Nacht wohl keinen Schlaf mehr finden.
Also setzte ich mich auf und beobachte stumm den Mond, welcher mein Zimmer erhellte.

Ich hatte Dutzende Gedanken, welche in meinem Kopf herumschwirrten.
Ich hatte Angst, dass ich mich mit meinen neuen Mitschülern nicht verstehen könnte und ich hatte Angst, dass ich mich mit den Mädchen aus den Volleyball Team nicht verstehen würde oder nicht ihre Managerin werden dürfte. Das wäre katastrophal.
Außerdem hatte ich die Sorge, dass viele mich mit meinem Bruder vergleichen würden und dieser Gedanke gefiel mir ja mal überhaupt nicht.
Mein Bruder, das Genie, welches in ein Klasse für die Extraschlauen geht.
Mein Bruder, welcher Kapitän des Volleyball Teams ist.
Mein Bruder, welcher sich gewissenhaft und vorbildlich um seine kleine Schwester kümmert.
Tja und dann wäre da eben noch ich.

Ich habe meinen Bruder lieb und bin stolz auf ihn, doch mit ihm verglichen zu werden, ist schmerzhaft.
Vielleicht sollte ich also einfach für mich behalten, wer mein Bruder ist. Zumindest bei Leuten, die ihn näher kennen.

Lückenlos - Haikyuu FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt