Kapitel 6 - Familie

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Völlig verheult lief ich mit Shinsuke über das Schulgelände, ohne zu wissen, was er jetzt eigentlich vor hat. Also beschloss ich, das Wort zu ergreifen, wenn er ja anscheinend nicht vor hat, irgendwas zu sagen.
„Ich komm schon klar. Hast du nicht Training?"
„Ja, du kommst mit. Hier ist unsere Halle."
Gerade als er fertig war, blieben wir auch tatsächlich vor einer der Hallen stehen.
„Ich... Ich kann doch so nicht... nicht einfach so mitkommen. Was, wenn die mich da auch einfach nicht leiden können?"
Ich konnte mir in dem Moment tatsächlich nicht erklären, wieso ich nicht einfach nach Hause gehen konnte. Dachte Shinsuke wirklich, dass ich jetzt noch mehr Leuten begegnen will? Ich wäre am liebsten einfach umgedreht und zur nächsten Haltestelle gelaufen, doch weglaufen, würde wahrscheinlich rein gar nichts besser machen.

„Sakiko, ich vertraue ihnen. Sie werden dich nicht so respektlos behandeln. Außerdem... Es tut mir leid, was passiert ist. Ich hätte besser auf dich achten müssen. Ich werde in Zukunft ein besserer Bruder sein." Bei diesen Worten klappte mir beinahe die Kinnlade runter. Sowas sagt er für gewöhnlich ganz gewiss nicht und so besorgt und traurig wie jetzt, habe ich ihn auch schon ewig nicht mehr gesehen.
„Ich vertraue dir und wenn du deinem Team vertraust, dann komme ich mit, aber bitte lass mich nicht alleine." Ich spürte wie mir wieder Tränen über die Wangen liefen.
Wieso bin ich denn heute so eine Heulsuse?
Nachdem meine letzte Erfahrungen mit einem Volleyball Club so mies war und ich auch schon in der Mittelschule ein paar unschöne Erfahrungen gesammelt habe, ist es wohl gar nicht so überraschend, dass ich nicht scharf darauf bin meinem Bruder jetzt zu seinem Training zu begleiten, aber er sagte, dass sie nicht schlimm seien, also vertraue ich ihm.

Ich folgte meinem Bruder also in die Halle und blieb dann ein paar Meter neben dem Eingang stehen, während er kurz zu seinem Trainer lief und etwas mit ihm klärte. Das Team war voll und ganz ins Training vertieft und es beruhigte mich, dass mich die Meisten bisher nicht bemerkt hatten.
Nachdem das Gespräch zwischen Shinsuke und seinem Trainer offensichtlich beendet war, lief er zur Umkleidekabine und der Trainer kam auf mich zu, was mich Augenblick nervös werden ließ.

„Ich bin der Trainer dieser Mannschaft und du bist also Shinsuke Kitas kleine Schwester, hmm? Freut mich dich kennenzulernen." Höflich nickte ich und reichte ihm die Hand.
„Nun gut. Kita habe ich erstmal zum Umziehen geschickt, aber keine Sorge, Suna wird dir etwas zum kühlen für deine Wange  besorgen." Noch bevor ich etwas dagegen hätte einwenden können, rief er auch schon Suna zu uns und somit weckte er auch die Aufmerksamkeit der anderen Spieler und jetzt hatte mich das ganze Team bemerkt, was mir bei meinem derzeitigen Aufzug mehr als unangenehm war. Nicht nur, dass meine Wange wahrscheinlich immer noch ziemlich rot war, sah ich wahrscheinlich auch immer noch verheult und fertig aus.

„Suna, Kita ist sich gerade noch umziehen, kannst du dich ein bisschen um sie kümmern?"
Suna nickte und der Trainer wendete sich stumm den anderen Teammitgliedern zu.
„Tut mir leid, dass du wegen mir ein Teil des Trainings verpasst." entgegnete ich ihm schließlich, während er mir den Weg zum Sanitätszimmer zeigte.
„Keine Sorge, mache Heute sowieso nicht mit, weil mir heute Blut abgenommen wurde."
Bevor ich hätte etwas weiteres dazu sagen können, waren wir auch schon da und Suna suchte nach einem Kühlpack. „Ah, hier. Leg das schon mal auf deine Wange und ich suche noch was für dein Handgelenk."
Er überreichte mir das Kühlpack und kurze Zeit später auch eine kühlende Salbe, welche ich mir dann auf mein Handgelenk schmierte.
Anschließend gingen wir wieder zur Halle zurück.

„Willst du mir erzählen, was passiert ist?" Er fragte eher monoton und nicht aufdringlich, was mich etwas beruhigte, dennoch wusste ich, dass ich wieder weinen würde, wenn ich es jetzt erzähle.
„Erkläre ich dir später." war daher alles, was ich antwortete. Ich beschloss, es ihm einfach zu erklären, wenn wir Mal wieder online zusammen spielen, dann wäre es mir vielleicht nicht so unangenehm, wie es mir jetzt wäre.

Wieder bei den anderen Jungs angekommen, war auch Shinsuke wieder da, welcher gerade wieder etwas mit seinem Trainier besprach. Suna und ich machten uns auf den Weg zu den Beiden, schließlich wussten wir Beide auch nicht so wirklich, was wir jetzt anderes tun sollten.

„Ah, da seid ihr ja wieder. Dein Bruder hat mir erzählt, was passiert ist, Sakiko. Das werde ich dem Direktor melden! Ach und ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn ich so frei bin und dich Sakiko nenne, doch zwei Kitas wären auf Dauer wohl verwirrend für das Team." erklärte der Trainer, als er uns bemerkte.
Leicht verwirrt über den letzten Teil, blickte ich zu meinem Bruder.
„Du willst doch Managerin werden, oder nicht?"
Dadurch wurde meine Verwirrung nun noch größer.
„Soll ich etwa eure Managerin werden?"
Shinsuke nickte bloß und ich schaute perplex zu seinem Trainer.
„Nun, ist vielleicht heute ein bisschen viel. Das Team stellen wir dir also ganz entspannt morgen vor."
Und damit schien für den Trainer und auch Shinsuke alles geklärt und sie wendeten sich wieder ab.
Perplex blieb ich also einfach dort stehen, wo ich war und schaute leicht überfordert zu Suna.
„Kein Stress, hier sind eigentlich alle ziemlich umgänglich." er machte eine kurze Pause und sah zu den Zwillingen, welche sich gerade zankten. „Fast alle." ergänzte er dann lachend.

Das, was Shinsuke und Suna über das Team sagten, beruhigte mich schon ein wenig, dennoch war ich auch nach dem Training noch den ganzen Abend nervös und am darauffolgenden Schultag ebenso. Die ganze Zeit musste ich daran denken, was für Erfahrungen ich sonst immer mit solchen Clubs gemacht habe und immer wieder überkam mich eine gewisse Angst. Zu meinem Glück, machte Machi sich allerdings den ganzen Schultag über die Mühe, mich von meinen Gedanken abzulenken.

Als der Unterricht dann beendet war und Machi mich noch zur Sporthalle begleitete, bevor sie dann zu ihrem eigenem Club ging, rutschte mir das Herz förmlich in die Hose. Ich hatte bisher kein negativen Eindruck vom Team und mit Suna war ich ja sogar befreundet, doch meine Sorgen minderte diese Tatsache irgendwie nicht.

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