Kapitel 31 - Missverständnis

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Ursprünglich war geplant, dass Shinsuke und ich ein paar Tage bei den Miya Zwillingen bleiben würden und Akemi und Motoko derweil eine passende Pflegefamilie für uns beide suchen. Die Beiden verstehen, wie wichtig es und ist, nicht getrennt zu werden und sie beachten das bei ihrer Wahl, allerdings sind nun schon beinahe sechs Wochen vergangen und langsam habe ich ein wirklich schlechtes Gewissen, weil ich den Zwillingen keine Umstände bereiten will und Shinsuke auch nur hier ist, damit ich nicht alleine bin, obwohl er eine eigene Wohnung hätte beantragen können.
Dennoch bin ich ihm natürlich dankbar und schätze sehr, dass er bei mir bleiben will. Ich brauche ihn schließlich auch.

Meine Großmutter konnte ich in letzter Zeit leider nicht oft besuchen, weil sie laut den Ärzten viel Ruhe braucht, was ich versuche, zu respektieren. Jedoch machte ich mir auch ziemlich viele Sorgen und würde am liebsten nicht von ihrer Seite weichen. Jedesmal, wenn ich sie besuche, sehe ich, wie es ihr schlechter geht. Sie kann alleine nicht mehr richtig atmen und ist Bettlägerig und außerdem abgemagert. Der Arzt sagte uns auch, dass ihr Körper das wohl nicht mehr all zu lange mitmachen wird. Dies sagte er vor etwa einer Woche und seither hatte ich jede Nacht geweint und Shinsuke musste mich jedesmal trösten.
Ich konnte einfach nicht anders. Immer, wenn ich abends ins Bett ging und mit meinen Gedanken alleine war, konnte ich meine Tränen nicht mehr unterdrücken.

Heute Nacht, ist Shinsuke allerdings bei Aran, weshalb ich diese Nacht wohl alleine überstehen muss. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir dies keine Angst machen würde.
Ich habe zwar wieder meine Medikamente wegen der Panikattacken, doch das Risiko, eine zu bekommen, liegt nicht bei null und ohne jemanden, der bei mir ist, fühle ich mich einfach noch unsicherer, als ich es so schon tue.
Bei diesem Gedanken, fiel mir dann allerdings ein, dass mir Atsumu mal bei einer Panikattacke geholfen hatte. Ich würde ihn gerne fragen, ob er die Nacht bei mir im Zimmer verbringen könnte, doch ich wusste nicht, wie ich das ansprechen sollte.

Seufzend ging ich also erstmal runter. Die Mutter der Zwillinge hatte zum Abendessen gerufen.
Ich saß mit den Zwillingen und dessen Mutter alleine am Tisch, da Shinsuke schon zu Aran gegangen war.
„Sakiko, süße... du siehst so blass aus. Bedrückt dich etwas?" fragte die dunkelhaarige Frau liebevoll und strich mir fürsorglich eine Strähne aus dem Gesicht.
Ich zögerte einen Moment, antwortete dann aber: „Ich habe nur daran gedacht, dass ich heute Nacht alleine bin."
Sie schien einen Moment nachzudenken, wirkte dann aber so, als würde sie mein Dilemma verstehen, schließlich wusste sie vom Jugendamt, dass ich eine Panikstörung habe.
Sie wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, da kam ihr allerdings Atsumu zuvor und sagte: „Ich kann bei dir bleiben, wenn du möchtest. Ich war doch schonmal bei dir, als du eine Panikattacke hattest."
Ich freute mich über seinen Vorschlag und nickte, während ich leicht lächelte.
Atsumus Mutter hingegen, guckte eher misstrauisch.
„Was meinst du denn damit?" fragte sie dann.
Verlegen rieb der blonde Zwilling sich den Nacken, während ich erklärte, dass er mir während des Trainingslagers geholfen hatte.
Sie nickte und wendete sich schließlich wieder ihrem Essen zu.
„Dann habe ich ja mal ausnahmsweise mein Zimmer wieder für mich alleine." merkte Osamu an und bekam dafür von seinem Zwilling einen Schlag gegen die Schulter.

„Aber sag Mal, Atsumu... Ist das denn kein Problem für deine Freundin, wenn du dir mit mir ein Zimmer teilst?" fragte ich nach einer kurzen Stille eher verlegen.
Alle hörten sofort auf zu essen und starrten Atsumu an, welcher leicht geschockt guckte.
„Wie bitte? Hast du deiner Mutter etwa nicht erzählt, dass du eine Freundin hast? Atsumu, also wirklich!" meckerte die Mutter der Beiden sofort. Nun war ich etwas verwirrt und wusste nicht genau, ob ich nicht vielleicht etwas falsches gesagt hatte.
„Als wenn Tsumu eine Freundin hätte, der ist doch viel zu Selbstverliebt." merkte Osamu an.
Atsumu warf seinem Bruder einen vielsagenden Blick zu und ergriff dann das Wort.
„Ich habe keine Freundin, aber wie kommst du denn darauf?"
Ich senkte meinen Blick und spürte, wie ich rot wurde.
„Das habe ich mal vor ein paar Wochen gehört, doch offensichtlich stimmte das nicht." erklärte ich mich selbst.

Nach dem Essen, war es schon spät und ich beschloss, schlafen zu gehen. Atsumu tat es mir gleich und wir gingen gemeinsam in sein Zimmer. Ich legte mich auf die Matratze, welche neben dem Bett liegt und auf welcher für gewöhnlich mein Bruder schläft. Atsumu setzte sich auf die Bettkante und musterte mich. „Du kannst ruhig in meinem Bett schlafen." merkte er an, doch ich schüttelte bloß den Kopf. „Es ist aber dein Bett."
Er seufzte.
„Darf ich dich etwas fragen?" fragte er dann etwas verlegen. Ich setzte mich auf und nickte kurz. Ich sah ihn erwartungsvoll an, während er wieder das Wort ergriff.
„Wie... Wie würdest du es finden, wenn ich tatsächlich eine Freundin hätte?"
Etwas irritiert schaute ich ihn an. „Also hast du doch eine?"
Er schüttelte den Kopf. „Nein, aber es gibt da ein Mädchen, dass ich gut finde."
„Achso." erwiderte ich etwas niedergeschlagen.
„Was ist denn los?" fragte er dann leicht überfordert, schließlich konnte er nicht ahnen, wie ich mich bei seinen Worten fühlte. Er wusste ja auch nicht, dass ich etwas für ihn empfinde.
„Ich... naja... höre einfach nicht gerne, dass du etwas für ein anderes Mädchen empfindest." stammelte ich letztendlich.
Immer noch sichtlich überfordert schaute er mich einfach an.
„Ich empfinde was für dich. Verstehst du es jetzt?" verdeutlichte ich es nun nochmal, so dass auch er es verstand.
Seine Augen weiteten sich enorm und ich hatte schon fast Angst, dass ihm seine Augen ausfallen.

Einen Moment, war es still und niemand sagte etwas, doch dann kam wieder leben in Atsumus Körper und er setzte sich vor mich auf die Matratze. Er legte eine Hand an meine Wange und näherte sich meinem Gesicht mit seinem.
Ich kam ihm auch näher und wir küssten uns.
Es fühlte sich so an, als würde in meinem Bauch ein Feuerwerk explodieren und mein ganzer Körper kribbelte, doch als wir uns wieder lösten, war ich dennoch etwas verwirrt und schaute ihn auch dementsprechend an.
„Ich habe vorhin von dir geredet. Ich empfinde etwas für dich, Sakiko." beantwortete er meine unausgesprochene Frage.
Mit großen Augen schaute ich ihn an und schlang meine Arme um seinen Hals, um ihn zu umarmen. Ich war seit langem wieder mal unglaublich glücklich und genoss diesen kurzen Moment vollkommen.
Nach einer Weile, fing er dann einfach an zu lachen und sagte: „Versteh mich nicht falsch, ich liebe deine Umarmungen, doch ich bekomm dabei kaum Luft und außerdem sollten wir wirklich langsam schlafen."
Mit geröteten Wangen ließ ich ihn los. Er legte sich in sein Bett und klopfte neben sich. Leicht verwundert sah ich ihn daraufhin an. „Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich mich freuen, wenn du bei mir mit im Bett schläfst."
Ich lächelte und legte mich ohne zu zögern neben ihn.
Ich genoss es, seine Wärme zu spüren und kuschelte mich einfach an seine Brust. Atsumu legte einen Arm um mich und ich konnte zufrieden einschlafen.

Am nächsten Morgen, wachte ich genauso auf, wie ich eingeschlafen war. Ich war überglücklich und hatte in dieser Nacht, seit langem mal wieder keinen Alptraum gehabt.
Ich seufzte zufrieden und küsste dann die Wange des noch schlafenden Zwilling.

Lückenlos - Haikyuu FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt