Kapitel 4 - Sorgen

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Am nächsten Morgen hätte ich wohl verschlafen, hätte mein Bruder mich nicht noch rechtzeitig geweckt.
Doch ich bin nun mal wirklich kein Morgenmensch und da hilft heute wohl auch keine Dusche, um richtig wach zu werden.

Völlig verschlafen mache ich mich also fertig, um dann mit meinem Bruder zu unserer Haltestelle zu gehen.
Dort angekommen, fiel mir ein Typ auf; er kam mir bekannt vor. Jener hatte uns auch bemerkt und kam auf uns zu. Vor uns blieb er stehen und grüßte uns.
„Wo ist dein Bruder, Osamu?", ergriff mein Bruder dann das Wort. Angesprochener zuckte allerdings nur mit den Schultern.
Er erinnerte mich enorm an den blonden Jungen von gestern. „Hast du einen Zwilling?" sprach ich also meine Gedanken aus.
„Ja, kennst du diese Nervensäge von Bruder etwa?" antworte er eher monoton, schien aber dennoch nicht unhöflich oder desinteressiert.
„Ich habe ihn glaube ich gestern Abend kennengelernt." erklärte ich nachdenklich.
„Ja, hast du."
Erschrocken drehte ich mich um, hinter mir war der Zwilling aufgetaucht.
„Oh, Hallo." grüßte ich ihn verlegen, es war mir leicht unangenehm, dass wir in seiner Abwesenheit von ihm sprachen.

„Du hast mir gestern noch gar nicht deinen Namen verraten. Ich bin Atsumu Miya."
„Freut mich mich dich kennenzulernen, Miya. Ich heiße Sakiko."
Er schien kurz abzuwarten, ob ich noch etwas hinzufügen würde, bevor er antworte...
„Nur Sakiko?" hackte er schließlich nach.
„Ja, Sakiko passt schon so." mit einem Nicken unterstrich ich meine Aussage und ignorierte den fragenden Blick meines Bruders. Er schien leicht verwundert, war aber nicht doof und wusste somit ganz von alleine, dass er die Klappe halten sollte.
„Na gut, auch schön dich kennenzulernen, Sakiko. Nenn mich ruhig auch beim Vornamen, sonst ist das ziemlich kompliziert mit meinem Bruder hier." er deutete auf Osamu.
Verstehend nickte ich, als dann such schon unsere Bahn kam. Es war relativ voll und ich quetschte mich in irgendeine Ecke, damit ich bloß niemandem im Weg stand. Osamu setzte sich auf einen freien Platz neben Suna, welcher wohl schon mindestens eine Haltestelle vor uns eingestiegen war.
Kita hatte ich aus den Augen verloren und als ich gerade nach ihm suchen wollte, fiel mir Atsumu auf. Ich ging zu ihm und tippte ihn an, damit er sich zu mir umdreht. „Hast du Shinsuke gesehen?", fragte ich also direkt, während ich mich weiter suchend umsah.
„Der ist bestimmt bei Aran." erklärte der Zwilling und ich nickte. Als ich dann wieder gehen wollte, ergriff mein Gegenüber das Wort. „Woher kennst du Kita? Kaum jemand darf ihm beim Vornamen nennen."
War ja irgendwie klar, dass das kam. Auf der einen Seite, hatte ich keine Lust darauf, dass jeder weiß, dass Shinsuke mein Bruder ist, doch andererseits kam ich mir auch blöd vor, wenn ich es verheimliche, schließlich ist er ja nur mein Bruder und kein Schwerverbrecher. Ich seufzte, während ich über meine folgende Antwort nachdachte.
„Shinsuke ist mein großer Bruder, aber sag es bitte niemandem."
Fragend sah er mich an.
War ja irgendwie klar, dass das nicht reichen würde.
„Ich fühle mich einfach immer mies, wenn mich jemand mit meinem Bruder vergleicht, deswegen erwähne ich es nicht so gerne." erklärte ich also.
Nun nickte er verstehend.

An der Schule angekommen, war ich immer noch total müde, als ich mich auf meinem Platz fallen ließ.
Ich verschlief den halben Unterricht und war auch noch am Nachmittag, als ich auf dem Weg zur Sporthalle war, total müde.

In der Halle angekommen, war ich ziemlich nervös. Ich hoffte, dass es diesmal besser lief, doch dem war nicht so.
Ich wurde entweder ignoriert, beschimpft oder ausgelacht.
Teilweise hatte ich sogar das Gefühl, dass ich als Zielscheibe diente, was mir gar nicht gefiel.
Das Verhalten und die Worte der Mädchen, waren verletzend und ich wollte nicht länger hier bleiben, doch ich konnte jetzt nicht hinschmeißen.
Ich versuchte ihre fiesen Bemerkungen auszublenden und achtete ganz genau darauf, dass ich keinen Ball abbekomme.

Dieser Tag erschien mir noch anstrengender als der gestrige. Das Training war schon seit fast zwanzig Minuten vorbei, doch ich konnte noch nicht gehen, weil ich die frisch gewaschenen Trikots bügeln sollte. Ich verstand nicht ganz, weshalb das notwendig war, konnte allerdings auch nicht nein sagen.
Als ich damit endlich fertig war, beeilte ich mich mit dem Aufräumen der Halle und wischte so schnell es ging. Genauso wie gestern, musste ich auch heute alleine aufräumen.

Als ich völlig abgehetzt am Schultor ankam, stand dort natürlich schon mein Bruder, welcher leicht skeptisch aussah.
„Entschuldige, hat etwas länger gedauert." erklärte ich knapp und mein Bruder nickte nur kurz.
Auf dem Weg nach Hause, hatte Shinsuke mich gefragt, ob es heute besser lief mit den Mädchen aus dem Volleyballclub. Ich wollte ihm nicht sagen, dass es noch schlimmer war, das war mir unangenehm, weil ich mich nicht beschweren wollte.
Somit log ich also und prallte, dass alles super sei.
Innerlich tadelte ich mich selber dafür, dass ich solch einen Müll erzählte. Ich wusste schließlich, dass ich Shinsuke ruhig die Wahrheit hätte sagen können, doch aus unerklärlichen Gründen, ging mir das nicht in den Kopf rein.
Eine gute Lügnerin war ich allerdings auch nicht und mein Bruder war nicht doof.
Ich hatte schon das Gefühl, dass er mich durchschaut hatte, doch er sagte nichts dazu. Das Thema war also erledigt, genauso erledigt, wie ich mich fühlte, als ich Zuhause müde in mein Bett fiel. So kaputt, wie ich mich fühlte, würde ich heute nicht einmal mehr zu Abend essen. Ich wollte nur noch schlafen und am liebsten erst wieder aufwachen, wenn ich meinen Abschluss habe.

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