Kapitel 2 - 1. Schultag

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06:00 Uhr ist echt zu früh zum Aufstehen und wenn man die ganze Nacht kein Auge zugemacht hat erst recht.

Die Sonne geht gerade erst langsam auf und draußen hört man nur das Zwitschern der Vögel.

Ich muss um 07:00 Uhr fertig sein, sonst bekomme ich mächtig Ärger von meinem Brüderchen oder eher Gefängniswärter, wie man manchmal glauben könnte.
Ohne weiter zu trödeln, stehe ich also auf, gehe kurz duschen, damit ich ein wenig wach werde, putze danach meine Zähne und mache anschließend meine Haare.
Zu guter Letzt ziehe ich dann meine neue Schuluniform an. Kaum angezogen, bin ich wieder unglaublich nervös. Scheint mir so, als würde ich all die Nervosität, die meinem Bruder fehlt, in mir haben. Was bin ich aber auch für ein Glückspilz.

Ich hole noch einmal tief Luft und gehe dann runter zu meinem Bruder.
„Guten Morgen. Ich habe dir ein Bento zusammengestellt."
Der klingt kein bisschen müde, sondern immer noch wie ein Roboter, war somit mein erster Gedanke zu meinem Bruder an diesem Morgen. Er ist kein Morgenmuffel im Gegensatz zu mir, was nun wohl keine Überraschung mehr ist.
Völlig nervös und dennoch müde erwidere ich also auch ein „Guten Morgen" und packe dann mein Bento ein.

[...]

An der Schule angekommen führte Shinsuke mich Stumm zu meinem neuen Klassenraum, bevor er sich verabschiedete und zu seinem eigenem Raum ging.
Allerdings hatte er mir netterweise zuvor auch erklärt, wo ich ihn in den Pausen finden sollte, wenn etwas sein sollte.

Nun sitze ich hier und warte nur darauf, dass der Unterricht anfängt.
„Hallo, ich bin Machi Katō. Kann ich mich zu dir setzen?"
Vor mir stand ein freundlich lächelndes Mädchen mit lockigen, Schulterlangen Haaren.
„Natürlich. Freut mich dich kennenzulernen, Katō. Ich bin Sakiko Kita."
Immer noch freundlich lächelnd ließ sie sich auf dem Platz neben mir nieder.
„Du kannst mich aber ruhig Sakiko nennen, das ist mir lieber", ergänzte ich dann noch.
„Verstehe, du kannst mich auch gerne beim Vornamen nennen, Sakiko."

Ich war überglücklich. Es schien, als hätte ich tatsächlich eine Freundin in der Klasse gefunden und somit eine Sorge weniger.
Ich hoffe wirklich, dass wir tatsächlich Freunde werden.
Bis der Lehrer kam redeten wir noch eine Weile miteinander und beschlossen gemeinsam die Pause zu verbringen.
Während des Unterrichts ist nicht viel passiert. Alle haben sich vorgestellt und unser Lehrer hat ein paar Organisatorische Dinge mit uns besprochen. Bisher scheinen alle wirklich nett.
Dann klingelte es auch schon zur Pause und wir gingen aus der Klasse.

Kaum hatten wir den Raum verlassen, blieben wir allerdings orientierungslos stehen.
„Sag Mal, Sakiko, weißt du eigentlich wo was ist?" etwas unbeholfen blickte sie zu mir.
„Das nicht, aber ich weiß, wo wir jemanden finden, der es weiß."
Ohne weiter mein Vorhaben zu erklären, schnappte ich mir also Machi und lief mit ihr nach draußen. Alles, was ich wusste, war, wo ich meinen Bruder finden würde.
Ich fand ihn auf einer Bank sitzend, während er sich mit ein paar anderen Jungs unterhielt.

„Shinsuke, kannst du meiner neuen Freundin und mir die Schule zeigen?" fragte ich ihn schließlich ohne Umschweife, während die Blicke der anderen Jungs mich durchlöcherten. Ich hatte das Gefühl, dass sie überrascht waren, dass jemand Shinsuke einfach so beim Vornamen nennt, was mich bei dem Charakter meines Bruders auch nicht wundert.
„Hmm wurde euch die Schule nicht schon bei der Einschulung gezeigt?"
Mein Bruder ignorierte die fragenden Blicke seiner Freunde, welche offensichtlich nichts mit mir anzufangen wussten.
„Doch, aber das kann sich doch kein Mensch merken. Ist ja nicht jeder so ein Roboter wie du."
„Verstehe. Suna, würdest du Sakiko und ihrer Freundin die Schule zeigen? Ich muss noch was mit Aran besprechen."

Ein braunhaariger Junge trat hervor und steckte monoton sein Handy weg, bevor uns kurz musterte.
„Wollt ihr irgendwas bestimmtes zuerst sehen? Ansonsten können wir zuerst zu den verschiedenen Hallen gehen, die sind gleich hier vorne." Er klang nicht unbedingt desinteressiert, doch auch nicht sonderlich begeistert. Ich konnte seine Art nicht genau einordnen.
„Ich möchte dir keine Umstände bereiten. Wir sind schon froh, wenn du uns einfach ein bisschen etwas zeigst." Machi nickte zustimmend.

Stumm liefen wir also Suna nach, welcher uns herumführte und ein bisschen erklärte. Ich konzentriert mich sehr darauf, mir alles zu merken, doch mein Orientierungssinn war nahezu nicht vorhanden.

Als wir fast wieder bei den anderen Jungs ankamen, wo ich zuvor meinen Bruder angetroffen hatte, stoppte er kurz.
„Sag Mal, woher kennst du Kita?" Seine Stimme klang monoton, doch ich spürte seine Neugierde.
Ich war leicht überfordert, ich wollte nicht sagen, dass ich seine kleine Schwester bin. Ich wollte nicht, dass man über mich urteilt, weil man meinen Bruder kennt. Wir waren so verschieden. Ich wollte, dass man mich kennenlernt und nicht denkt, mich zu kennen, weil man meinen Bruder kennt.
Zu meinem Glück rettete mich die Pausenglocke und Machi und ich gingen schnell zu unserer Klasse zurück.

„Sakiko, ich weiß, dass wir uns noch nicht so gut kennen, aber irgendwie war das eben seltsam." leicht verwirrt und irgendwie besorgt sah sie zu mir.
„Ich werde einfach nicht gerne mit meinem Bruder verglichen. In der Mittelschule war das nicht leicht für mich, daher dachte ich, ich könnte hier versuchen ohne Shinsuke klarzukommen." erklärte ich also.
Sie schien kurz über meine Worte nachzudenken, nickte dann aber einfach.

Kurz darauf kam auch schon unser Lehrer für die nächste Doppelstunde, weshalb wir unsere Blickte zur Tafel richteten und versuchten aufzupassen.

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