Der Tag war warm gewesen, aber jetzt geht die Sonne unter und taucht die Promenade des Urlaubsortes in traumhaftes Licht. Der Wind der letzten Tage hat sich gelegt und man schlendert am Strand entlang, die Augen auf die Wundertaten der letzten Sonnenstrahlen gerichtet.
Lächelnd blicke ich den Mann neben mir an, der meine Hand in seiner hält und schmunzelnd neben mir auf dem kühlen Sand läuft. Wir wechseln keine Worte, der Abend und unsere gegenseitige Nähe sprechen für sich.
Weiter oben auf dem sich abkühlenden Sand haben sich ein paar junge Frauen niedergelassen, hören leise Musik und lachen miteinander. Der Mann neben mir lenkt meine Aufmerksamkeit wieder auf sich, indem er an meiner Hand zeiht. Mit diesem umwerfenden Lachen in den Augen und dem Grinsen auf den Lippen tritt er an mich heran und küsst mich. Seufzend gebe ich mich ihm hin, diesem Gefühl, dem Abend, der Stimmung. Seine Hand an meinem Gesicht bringt uns näher zusammen und wir sehen einander unumwunden in die Augen.
Ich liebe es, wie ungezwungen wir miteinander sind, wie ehrlich. Ich liebe, wie er mich fühlen lassen kann, wie er sich um mich kümmert und sorgt, ich liebe, wie gut ich mich mit ihm fühle. Ich liebe diesen Mann.
Und ich hasse es, dass ich das ihm nicht auch in vollem Tageslicht zeigen kann. Unsere Partnerschaft ist inzwischen offiziell anerkannt, aber ich kann und möchte ihn nicht den Blicken der Gesellschaft, der Schaulustigen darbieten. Ich möchte nicht, dass unsere Liebe Aufsehen erregt und uns unwohl fühlen lässt. Deswegen gehen wir abends zusammen, Hand in Hand und genießen die Zweisamkeit und Ungestörtheit, die man um diese Zeit geboten bekommt.
Die Gruppe an Frauen weiter oben am Strand hat uns bemerkt, hält in ihren Gesprächen inne und beäugt uns mit merkwürdigen Gesichtsausdrücken, die ich aufgrund der Dämmerung und der Tatsache, dass ich sie nur aus dem Augenwinkel sehe, nicht entschlüsseln kann.
Wir gehen weiter und ich lasse enttäuscht den Kopf hängen. Ich habe diese seltsamen Blicke und angeekelten Grimassen so satt. Diese Blicke sind genau der Grund, warum ich mich nicht traue, hier am hellichten Tag, Hand in Hand mit der Liebe meines Lebens, entlang zu laufen.
Leise, zarte Geräusche klingen zu uns herunter und als mir bewusstwird, dass die verzückten aaawww-Laute von den jungen Frauen weiter oben am Strand kommen, grinse ich glücklich. Ich hasse es, dass ich derart auf die Zustimmung anderer angewiesen bin, aber dieser tolle, unglaubliche, umwerfende Mann neben mir kann das akzeptieren. Und deswegen grinst er mich jetzt wieder an und zwinkert mir zu. Ich werfe einen Blick zurück über die Schulter zu den jungen Frauen und lächle zu ihnen hinauf.
Dann wende ich mich wieder dem Mann an meiner Seite zu, küsse ihn auf die Wange und laufe mit ihm Hand in Hand weiter den Strand entlang, dem wunderschönen Sonnenuntergang entgegen und nehme mir selbst das Versprechen ab, an mir zu arbeiten, um meinen Mann in Zukunft glücklich machen zu können und ihm das zu geben, was er wert ist. Aufmerksamkeit. Und nicht nur im Dunkeln.
DU LIEST GERADE
divers
Short StoryEin Band voller Kurzgeschichten zu den unterschiedlichsten Bereichen des Lebens der wohl unterschiedlichsten Menschen. Keine Schnulzen, nicht unbedingt happy Ends, meist offene Enden. Wer also nicht immer und immer wieder die gleichen Bücher mit de...