Meine Augen taten unfassbar weh und mit schweren Gliedern stand ich von dem unbequemen Bett auf, auf dem ich die ganze Nacht wach gelegen hatte.
Ich hatte kein bisschen geschlafen, dementsprechend müde war ich jetzt. Das wird Levi nicht gefallen, dass wusste ich jetzt schon.
Ich zog die Vorhänge von dem Fenster weg und stützte meine Arme auf der steinernen Fensterbank ab. Mein Blick richtete sich auf den Wald, der die ganze Burg umgab. Vereinzelt flogen Vögel über den Himmel und die Sonne schien auf mich herab. Es war ein schöner Tag.
Ein Klopfen ertönte von der Holztür, die in mein Zimmer führte und ohne mich umzudrehen, gab ich ein 'Herein' von mir. Kurz darauf wurde die Tür mit einem quietschen geöffnet und ich hörte Schritte die neben mir endeten. Aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen, dass es Levi war. Wer auch sonst.
"Morgen.", begrüßte ich ihn und richtete das erste Mal meinen Blick auf ihn. Er hatte die gleiche Kleidung an wie sonst, doch das was anders war, waren seine Haare. Sonst lagen sie immer ordentlich auf seinem Kopf, was wahrscheinlich auch mit seinem Putzfimmel zu tun hatte, aber nun waren sie total verstrubbelt und standen in alle Richtungen ab.
Süß.
Das war ein Anblick an den ich mich gewöhnen könnte, daher konnte ich nichts gegen das Schmunzeln machen, das sich jetzt auf meinen Lippen gebildet hatte.
Zu meiner Begrüßung brummte er einfach nur und sah mich dann fragend an.
"Was ist los?", fragte er dann verwirrt, während er mein Gesicht musterte. Ich lachte kurz auf.
"Deine Haare.", antwortete ich ihm und erschrocken riss er seine Augen auf. Jetzt war ihm wohl wieder eingefallen, dass er sie nicht gemacht hatte.
Schnell fing er mit seinen Händen an durch seine Haare zu fahren, um sie so wieder ordentlich zu kämmen. Jedoch machte er sie nur noch unordentlicher und ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
Levi gab mir einen Killer Blick und drehte mir den Rücken zu.
Ich griff an seine Schulter und drehte ihn wieder zu mir um. Sofort stachen mir seine stumpfen, grauen Augen entgegen und ich erwiderte seinen Blick. Seine Augen waren wunderschön. Anders konnte ich sie nicht beschreiben.
Ich nahm seine Hände aus seinen Haaren. Sanft fing ich nun an mit meinen Händen durch sein weiches Haar zu streichen und sie immer weiter zu bändigen. Dabei spürte ich Levis Blick wie Nadelstiche auf meinem Körper. Mein Herz pochte wieder viel zu schnell in meiner Brust. Es war unglaublich was dieser Typ mit mir machte.
Als ich fertig war ließ ich meine Hände wieder aus seinen Haaren verschwinden. Das wollte ich öfters machen. Ich gab ihm ein Lächeln und schaute wieder in seine grauen Augen. Er hatte mich die ganze Zeit beobachtet und auch jetzt schien es nicht so, als wollte er den Blick abwenden. Ich hatte genauso wenig was daran auszusetzen.
Ich konnte nicht anders, als eine Strähne seines Haares wieder zu fassen und sie um meinen Finger zu wickeln. Ohne Levi aus dem Blick zu lassen trat ich noch einen Schritt näher an ihn und sah wie er schluckte.
Sein eigener Geruch stieg mir wie gestern in die Nase und am liebsten hätte ich aufgeseufzt. Sein Duft war für mich betörend. Sein warmer Atem kam mir entgegen und dort wo er auf meine Haut traf, bildete sich eine Gänsehaut.
"Unfassbar das ich das hier mache.", flüsterte Levi auf einmal und ich fing an zu grinsen. Der Kleinere griff nun nach meiner freien Hand und verschränkte sie ineinander. Mein Grinsen wurde jetzt doppelt so breit und mein Herz machte einen Freudensprung.
Wie starrten uns einfach nur an und genossen die Gegenwart des anderen. Ich konnte mich einfach nicht von Levi satt sehen. Umso mehr ich ihn betrachtete, umso schöner kam er mir vor. Selbst die Narben die ich auf seinen Händen sah, konnte ich nur als schön bezeichnen. Sie zeigten was er alles durch gemacht hatte und wie stark er eigentlich war. Sie machten ihn noch mehr besonders, als er sowieso schon war.
Irgendwann hatten wir uns auf mein Bett gepflanzt und saßen mit dem Rücken an die Wand gelehnt, auf dem unbequemen Holzgestell. Unsere Hände waren noch immer ineinander verschränkt und ich hatte meinen Kopf auf seiner Schulter abgelegt. Meine Augen waren geschlossen und die Müdigkeit fiel nun wie ein Raubtier über mich her. Das hatte ich davon, dass ich die ganze Nacht nicht geschlafen hatte.
Levis Körperwärme half mir nicht wirklich wach zu bleiben und so schlummerte ich vor mir hin, während ich die angenehme Stille zwischen uns genoss. Wir mussten nicht mal was sagen, um den anderen in irgendeiner Weise zu verstehen. Wir beide wollten jetzt einfach das hier genießen bevor bald der letzte Test anfangen würde, der alles entscheiden würde. Obwohl ich unfassbar müde war, spürte ich jetzt aber auch wieder die Angst. Ich drückte Levis Hand fester, als könnte sie mich irgendwie vor dem was mich heute erwartete retten.
Der Schwarzhaarige hatte es natürlich sofort bemerkt und ich spürte wie er sich leicht bewegte. Dann plötzlich spürte ich eine Wärme an meiner Backe und ich öffnete meine Augen wieder. Levis freie Hand lag auf meiner Wange und streichelte leicht darüber. Die zarten Berührungen verliehen mir eine Gänsehaut und ich wurde etwas rot.
"Denk nicht zu viel darüber nach. Das bringt dir nichts.", sagte Levi jetzt und ich hob meinen Kopf von seiner Schulter.
Ich nickte ihm zu.
Dann war es kurz wieder still, in der ich meinen Blick auf das geöffnete Fenster richtete, an dem gerade ein Vogel vorbei flog.
"Ich mag Vögel.", flüsterte ich in die Stille hinein und strich mit meinem Daumen über Levis Hand.
Ich konnte den Mann neben mir nicken sehen und ließ meine Kopf wieder auf seiner Schulter landen.
Vögel waren frei. Etwas was ich schon immer beneidet hatte. Sie konnten dort hin fliegen, wohin sie nur wollten. Und niemand hielt sie davon ab. Mit Armin zusammen hatte ich oft Vögel fotografiert. Es waren von allen Bildern, die ich gemacht hatte meine Lieblinge.
"Darf ich dich was fragen, Eren?" Levis Stimme war nur ein Flüstern. Ohne zu überlegen, nickte ich.
"Woher kommst du?"
Eine so einfach Frage, aber ich spannte mich sofort an. Ich schluckte. Bilder von meinen Eltern, Mikasa und Armin traten in meinen Kopf.
"Levi- ich-", ich brach ab und hob meinen Kopf nun doch wieder von seiner Schulter und strich mit meiner freien Hand über meine Stirn. Dann richtete ich meinen Blick wieder auf Levi, der mich beobachtet hatte. Sein Blick lag forschend auf mir.
"I-ich kann das nicht sagen, Levi. Ihr würdet mich- ihr würdet-", ich schluckte. Bilder in denen Levi mir ein Gewehr an den Kopf oder ein Schwert an die Kehle hielt, bildeten sich in meinem Kopf und ich erschauderte. Sein kalter Blick auf mich gerichtet. Ich fing an zu zittern.
"Eren?" Levis Stimme zog mich wieder in die Realität und ich zuckte erschrocken zusammen. Der Schwarzhaarige sah mich besorgt an. Die Bilder verschwanden wieder aus meinem Kopf.
Soweit durfte ich es nicht kommen lassen. Auf keinen Fall.
"Es interessiert mich. Aber ich kann verstehen, warum du nichts sagst.", sagte Levi nun und sein Blick veränderte sich wieder. Jetzt sah er so aus, als wäre er in Erinnerungen versunken.
Wo er wohl herkam?
Ich wollte die Frage nicht stellen, hätte er es mir sagen wollen, hätte er es schon getan.
"Vergiss einfach, dass ich gefragt hab."
Ich sah ihn an. Sein alter Gesichtsausdruck war wieder da. Diese Maske. Ich mochte sie nicht.
"Vielleicht kann ich es dir irgendwann sagen.", sagte ich nun und hätte mir am liebsten für diese Aussage eine geklatscht. Levi zog eine Augenbraue hoch.
Er glaubte mir nicht.
Es war ja auch eine Lüge. Ich konnte meine Herkunft nicht verraten. Egal wie nah ich Levi stehen würde, es konnte nicht gut ausgehen.
"Lass uns das jetzt einfach vergessen.", presste er nun unter zusammen gebissenen Zähnen heraus und ich nickte. Ich hätte nicht Lügen sollen.
Langsam ließ ich meinenKopf auf seine Brust sinken und lauschte seinem viel zu schnell schlagendenHerzen.
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Another World || Ereri FF
Fanfiction[ABGESCHLOSSEN] Eren ist ein ganz normaler Schüler, mit Freunden, guten Noten und einem Ziel was er später einmal werden möchte. Doch als er ein paar Tage vor seinem 18. Geburtstag komische Träume bekommt, in denen er sich in einen Titanen verwande...