{chapter 1; flügel der freiheit}

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Vorsichtig ließ ich den Bleistift über das Papier streichen und versuchte mich genau an das zu erinnern was ich malen wollte.

Zwei Flügel die ineinander laufen. Ein weißer und ein blauer.
Die Flügel der Freiheit.

Nach und nach nahm das Bild Gestalt an, als hätte ich das Wappen schon mein ganzes Leben lang immer wieder gesehen.

Als ich fertig war ließ ich den Stift sinken und betrachtete das Bild. Ich hatte den Umhang des Mannes, mit dem Wappen darauf, gezeichnet. Wie in einer Erinnerung hatte sich das Bild in meinen Kopf gebrannt.

Genauso wie sein Gesicht.

Die grauen Augen, die schwarzen Haare mit dem Undercut, die komplett verdreckt gewesen waren, die Kleidung, Blutüberströmt.

Kurz schüttelte ich mich. Ich durfte nicht schon wieder daran denken.

"Eren? Alles okay?"

Erschrocken blickte ich neben mich, direkt in zwei blaue Augen, die mich besorgt musterten.

Armin, mein bester Freund.

Er saß neben mir und eigentlich hätten wir beide dem Unterricht folgen müssen.

Ich nickte ihm kurz zu und wollte mich wieder zu meinem Blatt wenden, doch dann fiel mir Armins Misstrauischer Blick auf und ich seufzte.

Ich konnte nichts vor ihm geheim halten. Wir kannten uns schließlich schon seit dem Kindergarten.

Also schob ich dem blondhaarigen mein eben gemaltes Bild hin und wartete auf eine Reaktion.

Doch mein bester Freund blickte nach kurzer Zeit wieder verwirrt zu mir.

"Das Bild ist schön, aber ich weiß nicht was du jetzt damit sagen willst? Das beantwortet auch nicht meine Frage.", sagte der Jüngere und schob mir mein Bild wieder hin.

Ich rieb mir kurz über den Kopf und fing leise an ihm alles zu erzählen. Von dem Traum mit den Titanen, dass ich in einer Schlacht gegen sie gekämpft hatte, von dem Mann, seinem Umhang. Und das ich mich ebenfalls in eines dieser Monster verwandelt hatte.

Armin hörte mir genau zu und ich konnte kein bisschen sagen was er dachte.

Als ich fertig mit erzählen war, sah ich ihn erwartungsvoll an und wartete darauf das er was sagte.

"Das war ein Traum. Warum machst du dir so viele Gedanken darum?", fragte Armin jetzt und ich schluckte.

"Ich hatte diesen Traum jetzt schon eine ganze Woche lang, jede Nacht. Er war immer genau gleich. Er hat sich jedes Mal angefühlt, wie als wäre ich wirklich dort und nach dem Aufwachen konnte ich mich jedes Mal genau daran erinnern was passiert ist.", antwortete ich.

Nach der ersten Nacht hatte ich nur geglaubt das es ein ganz normaler Albtraum gewesen wäre, obwohl ich es komisch gefunden hatte, dass ich mich an alles erinnern hatte können. Aber ich hatte mir keine Sorgen gemacht.

Selbst nach der zweiten und dritten Nacht hatte ich immer wieder zu mir gesagt, dass alles gut wäre. Es wäre nur ein Albtraum.

Aber nach der vierten Nacht hatte ich Angst bekommen. In dieser Nacht hatte sich alles noch realer angefühlt, noch schrecklicher den Mann zu verlieren.

Nach der fünften Nacht hatte ich Panik bekommen und vor der sechsten Nacht hatte ich schon nicht mehr richtig einschlafen können.

In der siebten Nacht hatte sich alles so real angefühlt, dass selbst nachdem ich aufgewacht war, mich gefühlt habe, als wäre ich noch in dem Traum.

In der Nacht hatte ich durch meine Schreie meine ganze Familie aufgeweckt.

Sie hatten mich gefragt was los sei, aber ich hatte ihnen nicht geantwortet.

Hätte ich das vielleicht doch tun sollen?

Armin hatte anscheinend meinen verstörten Blick gesehen, denn seine Hand landete auf meinem Rücken und strich beruhigend kurz auf und ab.

Langsam ließ ich meine Augen kurz zu fallen und versuchte die letzten Nächte zu vergessen. Natürlich vergeblich.

"Wie wär's, wir machen was nach der Schule zusammen, ich lenk dich ein bisschen ab und du kannst schon mal anfangen von deinem Geburtstag zu schwärmen.", flüsterte Armin nun und gab mir ein aufmunterndes Lächeln.

Eigentlich war ich total müde, verständlich, aber vielleicht wäre es wirklich gut mich ein bisschen abzulenken.

Also nickte ich und wir wendeten uns gänzlich wieder dem Unterricht zu.

Die Stunden verflogen nur so und schneller als gesagt standen Armin und ich nach Schulende vor dem großen Tor, dass wieder in die Freiheit führte.

Wir warteten noch auf meine kleine Schwester da ich ihr Bescheid geben wollte, dass ich heute noch was mit Armin machen wollte.

Lange mussten wir nicht warten und schon kam die Jüngere zu uns gelaufen. Ihr schwarzes, schulterlanges Haar wehte im Wind und mit einem Riesen Sprung landete sie in Armins Armen, der Probleme hatte sie zu halten, da sie sowohl größer als auch schwerer als der Blonde war.

Das war das Los das man gezogen hatte, wenn man so klein war wie Armin.

Lächelnd betrachtete ich die Szene und musste schmunzeln, als Armin nun fast hin fiel und sich mit seiner letzten Kraft versuchte oben zu halten.

Mit einem Lachen ließ meine Schwester nun von dem blonden Jungen ab und strich ihm durch die Haare, dass sie von allen Seiten abstanden.

"Ey Mikasa!", rief Armin entsetzt und versuchte seine Haare wieder richtig zu legen, was dazu führte das sie nur noch mehr durcheinander auf seinem Kopf abstanden.

Mikasa lachte nur und drehte sich nun zu mir.

"Bruderherz", sagte sie und lehnte sich nun lässig an die Mauer, die neben dem Tor war.

"Also gehen wir nach Hause?", fragte meine kleine Schwester mich und kurz schüttelte ich den Kopf. Ihre Augenbraue wanderte kurz in die Höhe, bis ich anfing zu reden.

"Ich wollte heute was mit Armin machen. Kannst du Mama und Papa Bescheid geben?", fragte ich und machte ein Welpen Gesicht.

Normalerweise bekam ich sie damit immer. Denn eigentlich mochten es unsere Eltern nicht, wenn wir direkt nach der Schule etwas mit Freunden machten. Sie wollten, dass wir sehr ehrgeizig waren und gute Noten bekamen. Ihr Sprichwort war stets: Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen.

Mikasa seufzte kurz auf, verdrehte dann lächelnd die Augen und nickte ergeben. Lachend umarmte ich sie und wandte mich dann zu Armin, der es mittlerweile geschafft hatte seine Haare zu bändigen.

"Ich denke wir können los.", sagte ich und wollte schon gehen, als mir wieder was einfiel.

"Hey Mikasa, Jean wollte noch mit dir reden."

Mikasas Lächeln wurde nun noch breiter und sie nickte, dann winkte sie uns noch zu und machte sich auf den Weg nach Hause, dabei zog sie ihr Handy aus ihrer Hosentasche um wahrscheinlich Jean anzurufen.

Jean, ihren Freund. Ja, ihren festen Freund.

Ich wusste noch wie ich am Anfang überhaupt nicht damit klar gekommen war. Schließlich war Jean so alt wie ich, das heißt ein Jahr älter als meine Schwester und noch dazu hatte ich ihn nie gut leiden können, genauso hatte er mich auch nie leiden können.

Es hatte Monate gebraucht bis wir angefangen hatten normal miteinander zu reden. Und das taten wir auch nur Mikasa zur Liebe.

"Gehen wir los?", fragte Armin und schnell nickte ich. Zusammen machten wir uns auf den Weg in die Stadt.

Another World || Ereri FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt