Verschwörer

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„Beeilen Sie sich, Fräulein Karlina!" rief der Professor, als er mit der jungen Vampirin den Gang zur Bibliothek erreicht hatte.

„Hoffentlich ist sie schon da! Und hoffen wir, dass sich Pierre beim Grafen nicht verplappert hat, denn dann ..." Er verstummte, als sie vorsichtig die Bibliothek betraten und die Tür leise hinter sich schlossen.

Absolute Stille.

Sie waren die ersten am Treffpunkt, Lena war noch nicht aus der Kammer zurückgekehrt. Schweigend und mit vorsichtigen Schritten gingen sie in den Raum hinein und warteten.

Plötzlich flog die Tür der Bibliothek auf. Ein sichtlich vergnügter Halbvampir, Pierre Petit, mit einem unmissverständlich glasigen Blick stürzte herein.

Der Professor zückte augenblicklich seinen Ring und ging auf seinen Assistenten zu.

„Welche Hand?"

„Ääh, rechts, Herr Professor, die rechte Hand!"

„Sind Sie sicher?" Dem Professor war das kurze Zögern Pierres nicht entgangen.

„Herr Professor, ich bitte Sie, ich habe extra nachgeschaut!" Pierres Blick zeigte Enttäuschung über das Misstrauen des Professors.

Dieser nahm den Ring und steckte ihn seinem Assistenten ... an den linken Finger!

Augenblicklich erlosch das Glänzen in Pierres Augen. Keine Tierlaute ertönten, keine Arien oder sonstige seltsame Geräusche.

Lena und der Professor wechselten einen kurzen Blick und grinsten sich an, Pierre zuckte nur mit den Achseln.
Dann begann er zu erzählen.

„Herr Professor, Fräulein Karlina, der alte Schrat ... verzeihen Sie, Fräulein Karlina, ich wollte sagen, der Herr Graf, also Ihr Onkel, er ... wollte mich ausfragen, ausquetschen wie eine reife Zitrone. Ich steckte ganz schön in der Klemme, aber dann hatte ich die Idee, das müssen Sie sich anhören, ich sagte dem Grerrn Hafen ... Verzeihung ... dem Herrn Grafen, also ich sagte ihm ..."

Der Professor unterbrach seinen aufgeregten Assistenten.

„Pierre, ganz langsam bitte, und fassen Sie sich kurz!"

Und dann berichtete Pierre von seiner Notlage und dem Ausweg, der ihm im letzten Moment eingefallen war.

Als er geendet hatte, sah er den Professor und Karlina abwartend an.

„Mein lieber Pierre, in der Tat, ich bin beeindruckt. Das war so wahrhaftig nicht zu erwarten gewesen. Meine Hochachtung!" Der Professor deutete eine Verneigung an und auch Karlinas Blick zeigte Respekt vor dem jungen Assistenten, der sich mit einem Mal sehr wichtig vorkam.

Dann wurde ihm die Situation peinlich und er wechselte sich räuspernd das Thema.

„Müsste Lena nicht längst hier sein? Hoffentlich ist ihr nichts passiert - oder der Graf hat sie womöglich schon ..."

„Lieber Pierre, der Herr Graf ist - besonders wenn es um menschliches Blut geht - sehr schnell, aber fliegen kann er ja nun nicht." fügte der Professor schnell hinzu, als er sah, wie Pierre erbleichte.

„Der einzige Weg hoch zum Versteck des Sir Rigobert führt draußen den Gang entlang." Er wies mit einer Geste zur Tür der Bibliothek. „Wir hätten es bemerkt, wenn er hier vorbeigekommen wäre. Aber Sie haben Recht. Lena sollte inzwischen längst wieder hier sein. Seien Sie so nett und halten Sie an der Tür Wache, damit wir hier nicht überrascht werden." Er wandte sich an das Vampirmädchen.

„Fräulein Karlina, wenn Ihre Freundin nicht in Kürze hier erscheint, machen wir uns auf die Suche."

Pierre setzte sich sofort in Bewegung und wagte einen vorsichtigen Blick in den Gang.

Jagd auf Lena - Eine Nacht auf Schloss RottsteinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt