8. Kapitel

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Wir verabredeten uns für 12 Uhr. Stephen wollte seinen Hund nach Hause bringen und mich anschließend mit seinem Wagen abholen kommen.
Ich flitzte so schnell ich konnte zum Cottage zurück. Ron saß vor dem Fernseher auf der Gallerie und blickte mir erstaunt hinher als ich in mein Schlafzimmer hinein und gleich wieder mit Alltagskleidung auf dem Arm heraus rauschte.
Im Eiltempo duschte ich, wusch und trocknete mir die Haare und zog mich um. Kritisch betrachte ich mein Spiegelbild in dem Türgroßen Spiegel an der Badezimmertür.
"Hast du noch was vor?" grinst Ron als ich schließlich aus dem Badezimmer trete.
"Und wenn es so wäre?" grinse ich.
Er zuckt die Schultern. "Du kannst machen was du willst."
"Mach ich auch." grinse ich und hauche ihm einen Kuss auf die Wange.
"Mein Nachbar ist so freundlich mir Torquay zu zeigen." erkläre ich. "Vielleicht gehen wir auch noch was essen."
"Wie gesagt, du kannst tun und lassen was du magst." grinst er. Meinen spontanen Kuss scheint er mir nicht übel zu nehmen.

Pünktlich um 12 Uhr hupt ein Auto vor dem Haus. Eilig trete ich an ein Fenster zur Straße und sehe hinaus. Ein schwarzer Rover wenn ich es richtig erkenne.
"Ich werd' dann mal los." flöte ich.
"Ist gut. Ich bin soweit." Ron springt vom Sofa auf und greift sich seine schwarze Lederjacke die griffbereit neben ihm lag.
"Moment. Was?" stammle Ich.
"Na ich komme natürlich mit." Als er meine weit aufgerissenen Augen sieht fügt er eilig hinzu. "Keine Angst, nicht als Anstandswauwau, sondern als dein Bodyguard."
"Ach Ron ..." beginne ich. "... das ist wirklich nicht nötig."
"Su, du bezahlst mich dafür das ich für deine Sicherheit sorge. Und auch wenn du glaubst das dir hier ( er macht eine ausholende Geste) keine Gefahr droht, so werde ich nicht meine Pflichten vernachlässigen. Ich komme mit." beschließt er.
"Aber ..."
"Na gut ..." lenkt er ein. "... ich bin bereit einen Kompromiss einzugehen. Ich halte Abstand. Du wirst mich nicht bemerken. Ich bleibe unsichtbar."
Es hupt erneut.
Etwas in Bedrängnis gekommen sage ich schließlich zu. "Na gut. Aber bleibe bitte unsichtbar! Wenn ich Mister Williams erklären muss wer du bist fliegt meine Tarnung auf."
"Geht klar." lacht er und zieht sich in einer flüssigen Bewegung seine Jacke über.

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"Hi, Ava." begrüßt Tristan mich als ich ihm die Tür öffne.
"Hey." hauche ich und greife ihn am Kragen um ihn an mich heran zu ziehen. "Schon das du da bist." schaffe ich noch zu flüstern ehe sich unsere Lippen finden.
"Hey hey. Du gehst ja ran." lacht er und fährt sich mit der linken Hand durch das blonde Haar. Seine Rechte ruht auf meiner Hüfte.
"Ich freu mich eben. In doppeltem Sinne. Ersten weil ich Sturmfreie Bude habe und zweitens, weil ich meine Freiheit mit dir, meinem Lieblingsmenschen verbringen darf."
"Ich werde gleich rot." grinst er.
Da bemerke ich das wir noch immer in der geöffneten Eingangstür stehen und unser Laienschauspiel schon den Passanten auf dem Gehweg vor unserem Haus belustigt. "Komm endlich rein." meine ich und ziehe ihn etwas am Arm ins Innere. Die Tür schließe ich mit einem Tritt.
Tristan ist heute nicht zum ersten Mal in unserem Haus so das er sich heute nicht interessiert in jeder Ecke umschaut.
"Und, was machen wir?" will er wissen.
Ich tue so als müsste ich überlegen. In Wahrheit habe ich einen sehr genauen Plan von dem Abend. Aneinander gekuschelt auf dem Sofa vor dem Fernseher sitzen und dabei Junkfood futtern und später das Kuscheln ausweiten. Allerdings in meinem Zimmer. Nicht das Dad oder Aiden doch früher nach Hause kommen und es zu einem ungewollten peinlichen Zwischenfall kommt.

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Als Stephen mich aus dem Haus kommen sieht stößt er sich von der Fahrertür ab an der er bis eben gelehnt hatte und geht zur Beifahrerseite um mir die Tür aufzuhalten.
Ein Gentleman.
Wie erfrischend.
"Ich hatte mir überlegt Ihnen zunächst einmal Bygones zu zeigen."
"Bygones. Was ist das?" frage ich.
"Das ist eine originalgetreue Nachbildung einer kompletten Viktorianischen Straße." erklärt er. "Anschliesend würde ich Ihnen gern unseren schönen Hafen zeigen. Dort gibt es auch ein ganz wunderbares Fischrestaurant. Wenn Sie erlauben, würde ich Sie gern einladen." schließt er und wirft mir einen raschen Seitenblick zu.
"Einladen?" hake ich lächelnd nach.
"Ja. Sehen Sie es als Willkommensgeschenk."
"In Ordnung. Das kann ich annehmen. Dankesehr!" Ich strahle ihn an.
"Schön. Zum Abschluss könnten wir noch in unseren Zoo gehen. Der hat sich als Besonderheit auf Tiere spezialisiert die auf dem Wasser leben."
"Interessant." murmle ich. Auf einen Zoobesuch hatte ich heute eher weniger Lust.
Wann war ich überhaupt zum letzten Mal in einem Zoo?
Der Zoo auf Saint-Barthélemy war mir in besonders guter Erinnerung. Den hatten Tony und ich besucht als wir auf der Insel unsere Flitterwochen verbracht haben.
Mit einem Blick in den Rückspiegel entdecke ich die schwarze Limousine. Stephen scheint der Wagen hinter uns der uns seit meinem Cottage folgt wohl noch nicht aufgefallen zu sein.
Wir parken in unmittelbarer Nähe des Hafens und schlendern dann nebeneinander her durch das Zentrum. Stephen zeigt mal hierhin, mal dorthin und erklärt und erklärt. Das es so viel über Torquay zu erzählen gibt hätte ich gar nicht gedacht.
Für mich war es bisher ein hübscher Ort an der 'Britischen Riviera' und außerdem der Geburtsort der großen Agatha Christie. Genau das erwähne ich auch Stephen gegenüber.
"Wenn Ihre Kinder mal zu Besuch kommen und das Wetter dementsprechend gut ist fahren wir zusammen an einen der wundervollen Strände der Umgebung. Sie meinten Ihre Tochter sei fünfzehn. Genauso alt wie meine Lina. Vielleicht würden sich unsere Tochter ganz gut verstehen?" mutmaßt er.
"Ja vielleicht. Ava ist sehr ... kontaktfreudig." antworte ich.
"Und Ihr Sohn. 12 ist er oder?"
"Aiden ist lieb. Ein ruhiges Kind. Sehr sportlich."
"Treibt er Wassersport? Da bietet Torquay auch einiges. Wussten Sie das Torquay bei den Olympischen Sommerspielen 1948 Austragungsort der Wassersportarten war?"
"Nein, dass wusste ich nicht."
"War aber so." grinst er. "Sie haben sicher bemerkt, dass ich vollkommen vernarrt in meine Heimatstadt bin, Susan."
"Ich habe so einen leisen Hauch einer Ahnung." grinse ich.
Beide müssen wir über unsere Albernheiten lachen.
Als Stephen sich kurz vor einem Café mit einer Bedienung unterhält drehe ich mich unauffällig um und halte nach Ron ausschau. Wie versprochen war er unsichtbar.
"Kommen Sie!" meint Stephen. Scheinbar hatte er sich genug unterhalten. "Entschuldigen Sie bitte meine kurze Unaufmerksamkeit! Claire ist eine alte Freundin. Wir waren zusammen auf der High School."
"Das ist doch in Ordnung. Alles gut. Und Ihre Freundin jobbt in diesem Café ja?"
"Jobbt? Nein, ihr gehört es." erwidert er. "Und ihre Kuchen kann ich Ihnen sehr ans Herz legen. Claire bäckt die weltbesten Kuchen!"
"Ach ist das so?" ich schenke ihm ein freches Grinsen. "In New York habe ich einen Bäcker der mich täglich mit frischen Backwaren geliefert. Der Mann ist auch nicht schlecht."
"Ich möchte dagegen wetten. Claire ist sicher besser." sagt er selbstbewusst.
"Sie scheinen sich Ihrer Sache ja sicher zu sein. Wetten Wir!"
"Wirklich?" Erstaunt runzelt er die Stirn.
"Ja. Worum wetten wir?" erwiderte ich selbstsicher.
"Ähm ... das kommt so plötzlich. Wir könnten zum Beispiel um ein Abendessen wetten. Der Verlierer zahlt."
"Ist gut. Einverstanden."
"Dann müssen wir aber auch Kostproben beider Kontrahenten haben."
"Kein Problem. Ich lass etwas einfliegen." antworte ich lapidar.
Erschrocken merke ich zu spät was ich da gesagt habe.
Ich habe mich so daran gewöhnt 'Dann kaufe ich es eben.', 'Ist gekauft.' oder 'Kein Problem.' zu sagen, dass es mir gar nicht mehr auffällt wenn ich so offensichtlich meinen Reichtum raus hängen lasse.
Allerdings - in der heutigen Zeit wo andauernd Waren von A nach B geschickt werden, vielleicht hat er ja gar nichts mitbekommen?
"In Ordnung. Geben Sie Bescheid wenn es angekommen ist. Ich komme dann vorbei zur Verkostung."
"Ich nehme Sie beim Wort." lache ich erleichtert und schüttel seine Hand.

Stark - Für euch - Für immerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt