Es war schwer vorstellbar, dass dies das letzte mal seien würde, dass ich auf diesen Baum klettern würde um durch Hannas Fenster zu steigen. Auch nachdem Isegrimm mich adoptiert hatte, hatte ich sie oft besucht. Als sie mich das erste mal in schwarzen Tüchern gesehn hatte war ihr für einen Moment der Atem weggeblieben. Den Ausdruck auf ihrem Gesicht werde ich nie vergessen. Sie fragte mich nie danach. Wir wussten beide, dass es besser für sie war nichts zu wissen.
Nachdenklich betrachtete ich den Baum und legte meine Hand auf die dunkle, glatte Rinde als wollte ich mich von ihm verabschieden. Für mich war es immer ein Geheimnis geblieben, wieso ein Mädchen wie Hanna sich überhaupt mit jemandem wie mir abgeben wollen könnte. Diese Liebe, die ich mir mit nichts was ich tat hätte verdienen können, heute Nacht würde ich sie verlieren. Es war zu traurig um noch weiter darüber nachzudenken.
Hanna wartete schon auf mich. ich hatte ihr gesagt dass ich heute Nacht kommen würde. Nur dass dies das letzte mal sein würde, das hatte ich ihr verschwiegen. Ich konnte es nicht übers Herz bringen, nicht wenn sie mich so ansah. Sie würde mich nicht mehr lieben, das war sicher. Meine trübe Stimmung hellte sich direkt ein bisschen auf als ich ihr Gesicht sah. So wunderschön. Und ich durfte dieses wunderschöne Mädchen in die Arme nehmen und küssen. Womit hatte ich das verdient? Alle Blumen der Welt waren nicht so schön wie sie. Wie ihr lachen als sie mich sanft wegschubste um sich auf ihr Bett zu setzen. Clarice lag hellwach in ihrem eigenen Bett und las ein Buch. Ich setzte mich neben Hanna aufs Bett. "Du hast gesagt, dass du mir etwas sagen musst."
Jetzt schon? Oh nein..
Ich streichelte über ihre Wange und versuchte sie noch einmal zu küssen. Sie drehte ihren Kopf weg, lachend: "Nico!"
Ob sie mich hassen würde?
"Ich muss gehen."
"Jetzt schon?" fragte Hanna überrascht. "Jetzt schon?", mischte sich Clarice freudig überrascht ein.
Hanna warf ihr einen bösen Blick zu.
"Nein, nicht jetzt. Nur bald."
"Ja, natürlich", lachte Hanna. "Irgendwann wirst du wieder gehen müssen."
Dann wurde sie ersnter und begann zu verstehen, wovon ich wirklich sprach.
"Nur dieses mal werde ich nicht mehr wiederkommen können."
"Wie bitte?"
Sie hatte mich verstanden. Sie hatte genau gehört was ich gesagt hatte. Wie feige von mir, es ihr so lange verschwiegen zu haben. Würde sie das denken?
"Aber warum?"
Nach einer Weile nahm ich ihre Hand: "Ich liebe dich."
Waren das Tränen in ihren Augen? Können Engel weinen? Naja, Luci konnte weinen und sie war ja wortwörtlich ein Engel. Aber Hanna? Niemals. Nicht sie. Sie war zu stark, zu unabhängig.
"Es tut mir so leid!"
"Lass uns raus gehen."
"Was?"
Sie schnappte sich schnell eine Wolljacke aus ihrem Kleiderschrank, zog sie über und stieg vor mir aus dem Fenster in die kühle Nacht.
Wir liefen bis zur Nordwiese. Dort sassen wir eine gute Stunde und redeten, so als ob das hier nicht unsere letzte Zeit miteinander wäre. Ich begleitete sie noch zurück nach hause, dann machte ich mich auf den Weg zur Kirche. Luci würde sicher sauer auf mich sein, dass ich sie so lange hatte warten lassen.
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Namenlos
TerrorIn mitten des Zeitensumpfes kämpfen Stadtbewohner um ihr Überleben und ihre Würde. Die Geschichte spielt in Novalis, eine Stadt die tief im Zeitensumpf verborgen ist. Als die Dunkelheit die Stadt an sich reißt, beginnt ein neues Zeitalter. Die Stad...