Der Palast in dem mich meine Schwester und der komische Junge zurück gelassen hatten war riesig. Stundenlang erkundete ich die verschiedenen Räumlichkeiten.
Von dem Empfangssaal, in den der komische Junge uns teleportiert hatte führten auf der linken und auf der rechten Seite jeweils 2 Treppen in den 2. und 3. Stock.
Aber zuerst durchsuchte ich die erste Etage: Durch eine Tür weit weg von dem Punkt an den der Junge uns gebracht hatte war, kam man in einen gewaltigen Speisesaal in dessen Mitte ein Büffet angerichtet war. Das Essen, das dort stand erschien sofort wieder neu an der gleichen Stelle, wenn man sich an dem Büffet bediente. Und es schmeckte gut!
Auf meiner linken Seite führte eine Tür zu einer gewaltigen Kunstsammlung.
Puoliso wäre begeistert gewesen! Puoliso..
Die gemalten Bilder und die Holz-/Stein- und Drahtskupturen waren in verschiedenen Räumen ausgestellt.
Im Raum für die Skulpturen waren mehr Fenster und auf eine Skulptur regnete es sogar. Die Regentropfen bildeten sich einfach in der Luft über dem aus weißen Stein gefertigten Krieger. Sie nieselten schräg von hinten auf ihn herab und verschwanden sobald sie den Boden berührten.
Einige der Skulpturen und Bilder beinhalteten schimmernde Regenbogenfarben. Genauso wie die Farben auf dem Boden, die mir einen Großteil der Zeit durch das Schloss folgten, schienen sie einen ganz eigenen Willen zu haben.
Eine Treppe führte von der Ausstellung im ersten Stock zu der im zweiten. Sie war noch größer und noch vielfältiger als das was ich vorher gesehen hatte. Scherben aus Glas und Spiegeln tanzten mit den Regenbogenfarben und Wassertropfen um einige der Gebilde herum.
Die edelsten Steine und auch Holz und Marmor waren in die lebhaften Skulpturen eingebunden. Viele der Materialien hatte ich noch nie vorher gesehen. Die Nachbildungen von Menschen, Tieren und anderen Wesen sahen unglaublich echt aus. Als wären sie hier erstarrt.
Trotz meiner Bewunderung für all die Werke hier, fingen sie an mich ein bisschen zu gruseln. Wieder im ersten Stock, auf der anderen Seite des Essenssaals fand ich hinter einer anderen Tür eine Sammlung von Spielautomaten. In der Stadt hatte ich Automaten wie diese nur ab und zu auf dem Marktplatz gesehen. Ein Luxus, den sich außer Ihminen kein Mensch in der Stadt erlaubt hatte. (Die meisten Spieleautomaten funktionierten nicht mehr wenn man sie in die Stadt brachte.)
Der ganze Raum war voll damit. Die verschiedensten Maschinen. Ein paar waren etwas angestaubt und einige schienen außer Betrieb zu sein oder hatten eine Kindersicherung drin, jedenfalls schaffte ich es nicht sie zu bedienen.
Mehrere Türen führten aus dem Spieleraum in eine Bibliothek. Das erste Abteil dass ich betrat war gefüllt mit Kinderbüchern. Ich erkannte ein paar Bücher wieder die mein Vater auch in unseren Bücherregalen zuhause verstaut hatte. Mein Vater... Ich wollte nicht daran denken. Doch der Gedanke an Ihminen entfiel mir schnell wieder als ich eine größere Abteilung der Bibliothek betrat und die verschiedenen Globusse die einfach über dem Boden schwebten sah. Ich hatte noch nie so detaillierte und echt-wirkende Globusse gesehen. Sie drehten sich und schienen dabei auf meinen Blick zu reagieren, zeigten mir immer genau das, was ich sehen wollte.Vorsichtig legte ich einen Finger auf einen der Globusse, zog ihn aber schnellstmöglich zurück: Er war nass geworden! Ich hatte mit meinem Finger ins Meer gegriffen. Fasziniert beobachtete ich wie sich Wellen um die Stelle die ich berührt hatte bildeten. Sie wurden immer größer und rasten auf das Land zu. Menschen schrien. Ein grausames Bild. Schnell entfernte ich mich wieder von den Globussen. Ich wollte mir einreden dass das unmöglich echte Schreie hätten seien können.
Wieder führte eine Treppe in den zweiten Stock und ich sah die bis jetzt größte Abteilung der Bibliothek. Die Bücherregale waren gut 6 Meter hoch und warfen große Schatten. Die Fenster an den Wänden schafften es nicht den gesamten Raum zu beleuchten.
Ich tappte vorsichtig durch die Dunkelheit.
Bumm. Aua. Etwas hatte mich gestoßen.
Ein dicklicher Kobold flog aus meiner Richtung zum Fenster rüber.
Als ihm klar wurde, dass ich ihn gesehen hatte kam er wieder zurück zu mir, bloß um mir einen abwertenden Blick zu geben und grimmig zu murren. Meine Augen fingen gerade an sich an die Dunkelheit zu gewöhnen als er mit den Fingern schnippste und plötzlich die ganze Bibliothek mit zahllosen kleinen Lichtern erhellte. "Feen.", murrte er und machte sich auf, bevor ich ihn mit all den Fragen bombadieren konnte, die mir gerade durch den Kopf gingen. Eins der Lichter näherte sich mir.
Nachdem ich für einen Moment völlig geblendet wurde erkannte ich die kleine, sehr zierliche Frau von der das Licht ausging.
"Willst du ein bestimmtes Buch haben?", fragte ihre feine, dünne Stimme.
"Nein, danke. Ich bin müde."
"Folge mir." Ihre durchsichtigen Flügel surrten wie die einer Fliege als sie mich durch die Bücherregale führte, bis wir eine Tür erreichten. "Ich darf die Bibliothek nicht verlassen. Durch die Tür und dann links."
"Was ist das hier für ein Ort?"
"Kaspers Wolkenpalast"
"Wer ist Kasper?"
"Unser Gott. Er hat dich hier her gebracht."
"Ist er wirklich Gott?"
"Viele bezweifeln das."
Genauso schnell wie sie gekommen war, verschwand sie wieder. Ich öffnete die Tür und betrat eine riesige Halle. Der Boden direkt vor mir und die Wand rechts von mir bestanden aus mehreren Steinarten in verschiedenen Grautönen. Hinter den Steinsäulen links von mir begann eine Decke aus Glasplatten, durch die reichlich Licht auf den reinen weißen Stein und das Wasserbecken links von mir schien. Vor dem Becken standen einige Instrumente: Eine Harfe, ein Cello, ein schwarzer Flügel und einige andere, die ich nicht direkt erkannte.
Links hatte sie gesagt. In dem Becken? Ich trat von den grauen auf den weißen Boden, ging an den Instrumenten vorbei und sah über den Rand des Wasserbeckens. Als ich mein Spiegelbild betrachtete hörte ich plötzlich eine Melodie. Ich drehte mich um und sah zurück zu den Instrumenten. Keines davon spielte und die Melodie verstummte als mein Spiegelbild verschwand. Als ich mich wieder umdrehte und mein Spiegelbild im Wasser sah, begann die Musik erneut zu spielen. Ich tauchte meine Hand ins Wasser, neue Akkorde spielten und sie spielten lauter als zuvor. Die Musik war so flüssig und natürlich, spielte frei und obwohl sie variierte, schien sie immer im Einklang. Ich ließ meine Hand im Wasser und drehte mich erneut um. Die Instrumente standen völlig still.
Die Musik spielte weiter, auch wenn sie sich veränderte nachdem mein Spiegelbild nicht mehr zu sehen war.
"Ich will schlafen.", sagte ich. Die Musik wurde leiser und zärtlicher, als wolle sie mich einladen. Sie zog mich an und bevor ich darüber nachdachte machte ich auch schon meine ersten paar Schritte ins Wasser. Es wurde schnell tiefer und ich schwamm, die Musik spielte jede meiner Bewegungen nach. Als es die verkrusteten Flügelreste auf meinem Rücken berührte, veränderte sich die Tonart und das Wasser empfing mich mit einer mitfühlenden Melodie in Moll.
Dieses Wasser reflektierte mehr als nur mein Spiegelbild.
Ich drehte mich auf den Rücken und betrachtete den Himmel. Meine Kleidung war nicht nass geworden war.
Die Harmonien lenkten mich endlich von allen anderen Gedanken weg und ich schloss meine Augen, konnte mich endlich völlig verlieren. Als ich sie wieder öffnete hatte das Wasser mich durch einen Tunnel auf die andere Seite des Beckens getragen.
Zwei Treppen führten aus dem Wasser auf eine Erhöhung. Dor stand ein Bett. Weiße Kissen und Bettdecken. Es war aus hellem Holz gefertigt. Als ich mich hinlegte tropfte das restliche Wasser von mir ab. Es spielte nur noch sehr leise und half mir dabei in einen tiefen, erholsamen Schlaf zu sinken.
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Namenlos
TerrorIn mitten des Zeitensumpfes kämpfen Stadtbewohner um ihr Überleben und ihre Würde. Die Geschichte spielt in Novalis, eine Stadt die tief im Zeitensumpf verborgen ist. Als die Dunkelheit die Stadt an sich reißt, beginnt ein neues Zeitalter. Die Stad...