29.Abschnitt (2.12.9,5; Aus der Sicht von Luci)

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Nach dem Aufnahmeritual war die Ratte nie wieder derselbe gewesen. Er redete weniger, ein bisschen wie Isegrimm. Seit damals trug er immer diesen gequälten Ausdruck auf seinem Gesicht und egal was ich versuchte um ihn wieder aufzuheitern, der Ausdruck auf seinem Gesicht blieb. Auch dann wenn er versuchte ihn hinter seinem Lächeln zu verstecken.

Er ging nicht mehr heimlich in die Stadt um sich mit Hanna zu treffen. Eigentlich war ich froh darüber. Ich hatte ihn nie gerne mit Hanna geteilt. Die Ratte hatte mir erzählt, er könnte Hanna nicht mehr in die Augen sehen, nach dem was er getan hatte. Dass er jetzt wo er ein vollwertiges Mitglied von Samjiva war nichts mehr mit ihr zu tuen haben konnte, weil sie etwas Besseres verdient hatte. Ausserdem wollte er nicht, dass sie rausfand was wirklich aus ihm geworden war. Er fand es besser, wenn sie glaubte er wäre in dieser Nacht vor 2 Jahren geflohen.

In einem Jahr würde mein Aufnahmeritual stattfinden. Endlich! Leviathan würde so stolz auf mich sein. Und Mama auch!

Es war eine kalte Winternacht und ich traf mich mit Mama auf der Lichtung. Die Ratte hätte bei dieser Kälte selbst wenn er sich in die dicksten Tücher eingewickelt hätte, die er hatte sicher gezittert. Mama, Isegrimm und ich, wir waren weniger empfindlich für die Kälte als die Ratte: Er war ja bloss ein Mensch. Er sass wahrscheinlich gerade dicht am Lagerfeuer, mit Isegrimm. Wahrscheinlich schwiegen die beiden sich gerade mal wieder gegenseitig an. Unglaublich wie die beiden es fast jede Nacht schafften, stundenlang einfach nur da zu sitzen und nicht zu reden.

Nicht nur die Kälte machte mir weniger aus als den Menschen. Auch Hitze und Feuer konnte ich besser aushalten. Seit ich klein war, hatte Mama mich häufig mit Feuerbällen beworfen, keiner hatte mir weh getan oder mich verbrannt, wie er es bei Menschen getan hätte. Nur meine Flügel waren entzündlich, wenn der Feuerball gross genug und die Flamme heiss genug war. Sie wuchsen aber immer wieder nach.

Nachdem Mama festgestellt hatte, dass ich meine Magie nicht zum zerstören von Bäumen oder anderen Pflanzen benutzen konnte, brachte sie mir ab und zu einen Kobold oder einen kleinen dunklen Geist, den ich mit meiner Magie ganz einfach auslöschen konnte. Obwohl es ihr schwer fiel hinzusehen, wenn ich es tat, gefiel es ihr.

Sie schrieb alles auf, was sie mit mir tat. Die Notizen waren für Leviathan. Er hatte grosses Interesse an mir und meiner Entwicklung.

Heute Nacht hatte sie mir einen etwas grösseren Geist mitgebracht. Sie hielt ihn mit ihrer Magie fest. Menschen hätten ihn nicht wahrgenommen, aber ich fühlte sein dunkles, böses Wesen sofort und seine grimmig-gehässigen Gedanken. Gefangen in einem Käfig aus unsichtbaren Flammen, gegen den er sich nicht wagte zu wehren aus Angst zu verbrennen. Ich hätte ihn direkt auslöschen können, wartete aber noch bis Mama ihn freilies. Es hätte Mama weh getan, wenn ich ihren Flammenkäfig mit meiner Magie aufgebrochen hätte. Nur ein kleiner Lichtstrahl war alles was ich brauchte um den bösen Geist aus dieser Welt loszulösen. Mama schloss instinktiv die Augen als der Lichtstrahl meine Finger verliess. Sie öffnete sie wieder mit einem Lächeln, als der Geist verschwunden war: "Gut gemacht!"

"Ich hab dich vermisst, Mama!", ich umarmte sie. "Ich denke du bist so weit.", sagte Mama. "Du willst dass ich ihn umbringe? Wer ist es denn?"

"Shhhh", machte Mama und legte mahnend ihren Finger auf ihre Lippen. "Wir warten bis der Tag anfängt."

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