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Ray

Mein Haus war ein Meisterwerk. Nicht einmal ein Schloss war so modern wie meine bescheidene Behausung.

Aus einiger Entfernung beobachtete ich den Menschenjungen, wie er die Glastür vorsichtig öffnete. Er erinnerte an ein Glas, welches jederzeit zerbrechen könnte. Typisch Mensch.

10 Minuten starrte er nach draußen, hielt sich seinen Bauch als hätte er Schmerzen und ging dann wieder hinein und verschwand im gegenüberliegenden Bad.

Ein Augenzwinkern später war ich in meinem Zimmer. Die Fähigkeiten, welche Demonen besaßen waren unterschiedlich, doch jeder von ihnen konnte sich über verschiedene Distanzen teleportieren. So auch ich.

Meine Gedanken drehten sich im Kreise. Ich verstand mich selbst nicht mehr. Menschen waren nicht meine Lieblingsgeschöpfe und doch rettete ich einen von ihnen. Und dann auch noch auf eine unverzeihliche Art und Weise. Eine, die mich verletzlich machte.

Mein Bruder würde ausflippen. Demonen empfanden nicht oft Mitleid. Solch eine Situation, den Tod von Menschen hatte ich schon oft gesehen. Aber gehandelt wie in der letzten Nacht hatte ich vorher noch nie.

Ich rettete Kilian das Leben und nun kümmerte ich mich um ihn. Mein Herz schlug schneller. Ich sollte schleunigst mit meinem Bruder reden, flüsterte mir die rationale Stimme in meinem Kopf zu. Er weiß immer, wie es am besten weitergehen sollte. In der Unterwelt, also dem Teil der Erde, in welchem sich alle höheren Wesen frei bewegen können, da ist Liebe, Verlangen und Lust zwischen egal wem erlaubt. Die meisten der höheren Wesen lebten an diesem Ort, ich aber nicht. Ich lebte am Meer, abgeschottet von den Menschen. Durch meine nützlichen Fähigkeiten kam ich so oder so schnell von Ort zu Ort.

Kurz dachte ich nach, dann lief ich in die Küche. Sie bestand aus einem großen hellen Raum. Ein runder Tisch stand in der Mitte und wie auch in dem Zimmer meines neuen Mitbewohners hatte der Raum eine große Glaswand. In offenen Schränken waren Gläser gestellt und in anderen Gewürze, Nahrungsmittel und Wein sowie Tee. In dem Garten, welcher hinter der Glaswand lag, war ein Brunnen zu sehen.

Ich füllte mir Wein in ein Glas und trank einen Schluck. Leise hörte ich von oben Geräusche von Wasser. Das Wasser, wie es auf seiner Haut aufkam. Wenn ich mich konzentrierte, waren meine Sinne geschärfter als die einer Eule.

Er trat aus dem Badezimmer. Dieser Junge machte mich verrückt. Er interessierte mich so sehr, dass es mir unter den Nägeln brannte. Dabei machte er nichts. Ich benahm mich wie ein Stalker und ihm gegenüber kalt und gefühllos. Kilian schien mir aus irgend einen Grund besonders zu sein und diese Schwäche machte mich wütend. Was war nur mit mir los? Demonen haben es nicht so mit Gefühlen. Das war bei mir nicht anders, obwohl ich nur ein Halbdemon war. Den größten Teil meiner Empfindungen den ich früher einst besaß hatte ich schon vor langer Zeit abgelegt. Ich seufzte. Irgendwas hatte dieser Junge an sich. Irgendwas, das mich faszinierte. Kilian ließ mich fühlen. Vielleicht hatte ich ihn auch deswegen gerettet.

Wieder seufzte ich. Gedankenverloren blickte ich in den roten Wein, doch durch einen plötzlichen Schrei zuckte ich zusammen. Meine Sinne reagierten schnell. In weniger als zwei Sekunden später stand ich hinter Kilian, welcher sich vor Schreck und verwirrt umdrehte und so gegen meine Brust knallte.

Die Situation zu erfassen war nicht schwer. Fast automatisch drücke ich den blonden, zitternden Jungen an mich. "Was willst du hier?!", knurrte ich meinen Bruder an. Alles lief anders als geplant. Ich spürte Kilian an meiner Brust. Sein Gesicht war dieser zugewendet und sein Herz schlug schnell. Auch meines nahm daraufhin an Fahrt zu. "Ich habe gehört du hast einen Menschen mitgenommen. Nach 123 Jahren dieser Politik. Ich dachte eigentlich das wäre ein Witz, doch dann habe ich ihn gesehen." Jan deutet auf Kilian. "Ja. Wie du siehst, habe ich eine Entscheidung getroffen, Jan." Meine Stimme war angespannt. Kilian befreite sich zitternd von mir. Er schwieg.

DemonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt