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Kilian

"Bist du bereit?", fragte Ray mich. Seine Stimme klang ruhig, als ob wir uns auf einen Ausflug vorbereiten würden und nicht auf einen wichtigen Auftrag. "Wieso wirst du mich ausgerechnet dieses Mal mitnehmen?", fragte ich ihn, während ich meine Kleidung richtete. Ich konnte ihm nicht in die Augen blicken. Meine Gefühle verwirrten mich. Ich wusste nicht damit umzugehen. Er war so nett zu mir. Und dann kam sein Bruder und der Dämon wirkte auf einmal unnahbar. Seine Gefühlsänderungen aller paar Minuten waren kaum auszuhalten. Auch spukte mir die Entführung im Kopf herum. Als ich bei den Elfen war und Ray mich rettete, da sah ich eine andere Seite an ihm. Seine dämonische. Er wirkte die ganze Zeit menschlich auf mich, doch in diesem Moment hatte ich trotz der Drogen schreckliche Angst. Ich vertraute ihm, doch einige Bilder kamen mit der Zeit wieder. Die Ereignisse der letzten Nacht fühlten sich alle wie ein böser Traum an. Rays rote Augen leuchteten hell, als wäre er ein wildes Tier. Sie waren das Gegenteil zu seinen Blicken danach. Als wir uns küssten, da schaute er mich an, als wäre ich ihm furchtbar wichtig. Es war ein herrliches Gefühl. Ich vermisste es.

Dank ihm fühlte ich mich nicht mehr so einsam. An diesem Abend fühlte ich mich auf romantische Art und Weise geliebt und dieses Gefühl hatte ich vorher noch nie. Ich wollte es unbedingt wieder fühlen.
"Bist du bereit? Wie du weißt, müssen wir über das Meer auf einem Schiff. So weite Entfernungen kann ich leider nicht teleportieren. Die Schifffahrt wird ungefähr 3 Tage dauern."
"Ich kann aber nicht schwimmen.", meinte ich mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend.
"Falls wir untergehen, werde ich dich schon irgendwie retten. Versprochen."
"Okay. Ich glaube Euch."

Ohne eine Vorwarnung umarmte er mich. "Ähh was soll das?", fragte ich dezent panisch wegen der plötzlichen Nähe. "Was wohl?", flüsterte er leise an mein Ohr, sodass sich auf meinem ganzen Körper eine Gänsehaut bildete. "Das mache ich doch immer, wenn wir uns teleportieren."
Seine eine Hand lag auf meiner Hüfte, die andere an meinem Rücken direkt über meinem Hintern. Ich war mir sicher er würde mein lautes, schnelles Herzklopfen noch lauter hören als ich. Und die Wärme von meinen roten Wangen würde er auch fühlen. "Dann beginnt mit dem Ortswechsel. Oder wollt ihr mich etwa nur-" Ich hielt inne, als alles um uns herum schwarz wurde.
Wir kamen etwas Abseits eines großen Hafens an.
Noch immer umarmte er mich. Kurz schloss ich die Augen, genoss diese Wärme und das Gefühl seiner Nähe, dann ließ er mich los.
"Los geht's."

Gemeinsam gingen wir zu dem großen Schiff. Wie immer wurden wir- also Ray - mit schmachtenden Blicken angeschaut, ich wohl eher aus Eifersucht.
"Schaut, wie eifersüchtig die Menschen um uns herum sind, weil ich so nah bei Euch laufe. Das ist irgendwie lustig.", meinte ich amüsiert und ein wenig eifersüchtig, doch Zweiteres versteckte ich. "Wie würdest du reagieren, wenn du uns beide sehen würdest?" "Ich würde die Augen verdrehen und es dämlich finden jemanden nur weil er gut aussieht so viel Aufmerksamkeit zu schenken. Ich würde abschätzig reagieren." "Also so wie bei unserem ersten Treffen."

Wir gingen in eine Kabine des großen Schiffes. "Wirklich abschätzig war ich nicht. Da hatte ich zu viel Angst vor Euch."
Ich ließ die Tasche, in welcher meine Habseligkeiten aufbewahrt lagen auf eines der beiden Betten fallen.
"Ray? Darf ich nach diesem Auftrag meine Familie besuchen?" "Eher nicht." "Dann sagt mir doch bitte den Grund. Warum darf ich meine Familie nicht besuchen. Wenn ich den Grund hätte, dann würde ich auch aufhören Euch damit zu nerven. Vielleicht. Wenn der Grund gut ist."
"Du nervst wirklich sehr." Er seufzte. "Wenn es denn sein muss, dann sage ich es dir halt." 

"Gut. Danke. Ich höre?" Ray setzte sich auf das andere Bett. Seine Augen leuchteten rötlich. Sie wirkten gefährlich und erinnerten mich an den Tag, an welchem wir fast Sex gehabt hätten. Es kam mir vor, als wäre dies eine halbe Ewigkeit her, obwohl nur ein Tag verstrichen war. Damals schaute er mich mit genau solch einer Intensität an.
"Für jedes einzelne höhere Wesen ist das Sehenlassen der Familie ein Zeichen und hat eine Bedeutung. Eine wichtige Bedeutung, denn sie hat etwas mit dem Status und dem Ansehen zu tun."

DemonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt