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Ray

Ohne zu fragen, machte ich Kilians Tür auf und trat hinein. "Aufwachen." Ich zog die Gardinen vor dem großen Glasfenster weg und schaute den verschlafenen Kilian an. Er rieb sich die leicht geschwollenen Lippen. Seine blonden Haare waren ein einziges Wirrwarr. "Wie.. aber.." Ein Gähnen unterbrach ihn. "Was ist denn?" Ich musste an den Kuss denken. Alle meine Pferde waren da mit mir durchgegangen. Er roch so gut. Seine Lippen haben mich förmlich eingeladen. Wie er sie leicht geöffnet hatte. Sein Herz klopfte schnell und laut in seiner Brust. Und dann hatte er den Kuss erwidert. Kilian krallte sich in mein Hemd und das leise Keuchen, welches seinen Mund verließ, brachte mich zum Durchdrehen. Ich habe Lust gefühlt. Ich wollte mehr. Am liebsten hätte ich ihn sofort ausgezogen und perverse Dinge angestellt. Aber das geht nicht einfach so. Demonen können diese Art der Gefühle nicht so stark empfinden wie ich an diesem Tag. "Du bist wach. Schlecht geträumt?", fragte ich nach, in der Hoffnung, er würde den Kuss nur für einen Traum halten. "Ein Traum?" Er wirkte verwirrt, dann wurden seine Wangen rot. "Nicht schlecht, denke ich.", antwortete er verwirrt und berührte seine Lippen. Ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Ich wusste es. Er fühlte es genauso sehr wie ich. Dieses Gefühl mehr zu wollen.

"Ich muss heute dieses wichtige Gespräch mit Jan führen. Ich hatte das gestern völlig vergessen und er hatte mir vorhin eine wütende Nachricht zukommen lassen. Darin riet er mir außerdem dich unter gar keinen Umständen alleine zu lassen." Ich war mir sicher, mein Bruder wusste mehr über diese komische Bindung zwischen Kilian und mir als ich. "Eine gute Freundin von mir wird auf dich aufpassen. Du wirst merken, sie ist wirklich nett. Allerdings auch abgedreht." "Okay. Gut zu wissen." Er schwieg kurz. "Ray, darf ich fragen, wieso Ihr euch solche Sorgen um mich machst?" "Das ist eine gute Frage. Sowas mache ich nämlich normal nicht. Deswegen: Ich weiß es nicht. Vielleicht liegt es daran, weil du am ersten Tag als ich dich gesehen habe jemanden ähnlich warst, der mir vor längerer Zeit einmal sympathisch war. Allerdings benimmst du dich nicht mehr so als das du mich beeindruckst mit deinem Verhalten. Enttäuschend. Allerdings bin ich dir absolut keine Rechenschaft schuldig aus welchen Gründen ich dich wie behandele. Ich habe so gehandelt, wie ich es selbst für das Beste gehalten hatte. Also freu dich lieber am Leben zu sein." Ich war beeindruckt von mir, wie kühl meine Stimme klang.

"Wartet." Er stand auf und kletterte aus dem Bett. Dabei hatte er noch immer die Sachen vom gestrigen Tag an. "Was genau meint Ihr damit? Bevor Ihr geht, bitte erklärt mir alles. Also wirklich alles. Was Ihr als Beruf ausübt und mich interessieren die dämonischen Fähigkeiten. Und ich weiß, dass Ihr mir keine Rechenschaft schuldig seid, aber ich möchte es so unbedingt wissen. Bitte." Ich seufzte. Dieser Junge machte mich fertig. Wir gingen gemeinsam nach unten in das Esszimmer, in welchem ich schon ein Frühstück vorbereitete. Zusammen setzten wir uns an den Tisch, an dem noch zwei andere Personen Platz hätten. "Zu unserem ersten Treffen wusstest du noch nicht wer ich bin. Hattest du gemerkt, dass ich kein Mensch war?" "Ich hatte so eine Ahnung. Meine Schwester sagte mir auch, sie dachte Ihr wärt ein höheres Wesen. Aber ich war an dem Tag zu schlecht drauf. Mir war diese Tatsache egal." Der Gedanke an seine Schwester ließ ihn sichtlich trübselig werden.

"Ich fand das wohl irgendwie beeindruckend. Wie du dich mir gegenüber gegeben hattest." "Welches Verhalten meint Ihr? Ich verhalte mich nicht anders als vor meinem Aufenthalt hier." Ich schüttelte den Kopf, als wäre er inkompetenter als eine Scheibe Brot. "Jetzt bist du so langweilig." Ich verdrehte die Augen. "Also hört mal!", beschwerte er sich. "Wie würdet Ihr denn mit jemanden reden, der weit über Euch steht? Nach den Regeln, mit denen ich groß geworden bin, bin ich halt im Gegensatz zu Euch so viel Wert wie ein Nasenhaar. Außerdem habt Ihr mich in dieser Nacht mitgenommen. Ihr habt es selbst gesagt, ich wäre jetzt Euer. Ich gehöre Euch. Natürlich probiere ich dann alles richtig zu machen. Aber wie soll das gehen, wenn Ihr entweder absoluten Gehorsam wollt und dann wieder, dass ich meine Stimme erhebe? Bitte erklärt mir wie ich es richtig machen kann." Ich atmete tief durch. "So viel wollte ich jetzt nicht sagen. Tut mir leid."

Sein Herz klopfte laut. Nachdenklich blickte ich Kilian an.

"Nein das ist okay. Sag, wenn dir was nicht passt. Kommunikation ist wichtig." Wieder seufzte ich. "Sei so wie du sein willst. Vorspielen kannst du mir eh nichts, also sei normal." "Wieso könnte ich Euch nichts vorspielen?", fragte er neugierig. "Ich spüre, wenn mich ein Mensch anlügt. Den Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge zu erkennen ist so leicht wie der Unterschied zwischen blau und rot." "Wie faszinierend.", murmelte er.

Wie aßen weiter. "Und was könnt Ihr noch?" "Hm. Wir Demonen sind fähig uns zu teleportieren. Abgesehen davon sind wir anders als Menschen sehr viel stärker, schneller und unsere Reflexe sind um ein Vielfaches besser. Wir können nicht krank werden und höchstens in einem Kampf sterben. Jeder Demon hat eine Fähigkeit, die durch unsere wahren Augen aktiviert werden, wobei diese bei allen Wesen bis auf uns Demoen selbst funktioniert. Außerdem können wir Lüge von Wahrheit trennen. Auf Menschen wirken Demonen außerdem oft auf eine gewisse Weise hübsch und anziehend, was aber nicht immer der Fall sein muss. Ich glaube das war es." "Oh das ist wirklich unglaublich. Wie beeindruckend." Ich nickte daraufhin nur. Jede Stärke beinhaltete eine Schwäche, doch diese Information sprach ich nicht laut aus.

"Das Essen ist wirklich lecker.", sagte Kilian nach einer Weile des Schweigens. "Wer hat es gemacht?" "Ich mag keine Menschen oder andere Wesen in meinem Haus. Um das Essen kümmere ich mich. Oder ich gehe Essen.", beantwortete ich seine Frage. Er schaute dabei aber aus dem Fenster hinter mir. "Oh. Danke, dass Ihr mir Essen gemacht habt, Ray." "Ich mache das gerne. Kochen ist eines meiner Hobbys. Es entspannt." Ich nickte leicht. "Mich hatte es immer entspannt, wenn ich mit meiner Schwester baden war. Dort wo wir leben, da gibt es weiter oben in den Bergen einen kleinen See. Selbst im Sommer war das Wasser eiskalt. Aber es war immer lustig. Dort hatten wir uns alles erzählt und den meisten Spaß gehabt." Er lächelte in Gedanken versunken.

"Wir hatten immer so viel Spaß." Erst als es laut an der Tür klopfte, zuckte er zusammen und wurde so aus seinen Gedanken gerissen. Der dumpfe Ton des Holzes hallte durch das halbe Haus. "Das wird Mikk sein." Mit einem schnellen Schritt war ich an der Tür und öffnete sie.

"Ahh Ray! Wir haben uns schon ewig nicht mehrgesehen!", rief eine kleine Frau mit spitzen Ohren und einer Brille, die ihre Augen riesig erscheinen ließ. Sofort sprang sie auf mich. Obwohl sie klein war, hatte ihr Charakter etwas riesiges an sich. Sie war genauso breit wie groß. Diese Elfe ist die mit Abstand netteste Person, die ich kenne, sagte ich gedanklich. "Du hast recht, es ist schon viel zu lange her.", lächelte ich sie an. 

"Ich bin hier zum Babysitten, richtig? Wo ist der kleine Mensch, den du mitgenommen hattest?" Aufgeregt und hibbelig hüpfte sie an mir vorbei. In einem Türrahmen stand Kilian und schaute uns beide mit großen Augen an. "Oh Gott, du bist ja putzig. Wie heißt du?" ,fragte sie ihn, zog ihn an einer Hand in das Wohnzimmer und inspizierte seinen ganzen Körper. "I-Ich heiße Kilian, und Ihr seid, Miss?" "Mein Name ist Mikk. Ich bin eine Elfe." Wild schüttelt sie ihm nun die Hand. Ihre braunen Locken flogen dabei hin und her. Ihre Finger waren mit Ringen überzogen und die Ketten um ihren Hals klimperten und blinkten in allen Farben. Das grüne Top stach sich mit einer roten halblangen Hose. "Es freut mich sehr dich kennen zu lernen. Du kannst gehen, Ray. Verschwinde. Ich habe doch schon versprochen nie wieder deine Rubine zu stehlen. Ich passe nur auf Kilian auf. Bis später." Mikk schob mich zur Haustür und schloss diese hinter mir. So wurde ich aus meinem eigenen Haus geschmissen.

DemonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt