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Das Frühstück verläuft schweigend.

Als ich vorhin aufgewacht bin, war die andere Betthälfte schon leer. Daraufhin traf ich auf Kaiden und Alex in der Küche.

Anspannung hing in der Luft und die beiden warfen sich tödliche Blicke zu.

Megan stieß dann dazu und warf einen fragenden Blick zu mir, aber ich zuckte nur mit den Schultern.

Bis jetzt hat niemand wirklich was gesagt und die Männer scheinen eh in ihrer eigenen Welt gefangen zu sein.

Jetzt sitzen wir immer noch verteilt im Wohnzimmer. Ich schlürfe an meinem Kaffee und schaue gedankenverloren nach vorne. 

„Also Kaiden und ich müssen wieder aufbrechen, es ist zu gefährlich, wenn wir weiter bei euch bleiben", breche ich endlich das unangenehme Schweigen.

„Braucht ihr was für die Fahrt?", frag Megan, die erleichtert ausatmet, als hätte ich sie gerade vor etwas gerettet.

Euphorisch steht sie auf und läuft schon rüber zum Kühlschrank. Lachend schüttle ich den Kopf und stelle schon meinen Teller, der immer noch auf dem Tisch steht, in die Spüle und meine Tasse.

Plötzlich spüre ich eine Berührung an meinem Arm. Sofort bildet sich eine Gänsehaut. Erschrocken schaue ich hoch und treffe auf schokobraune Augen. 

Ich merke, wie Blut in meine Wangen schießt und wende mich schnell wieder ab, damit Kaiden es nicht mitbekommt.

Megan, die neben mir anfängt Sandwiches zu schmieren, verkneift sich deutlich ein Lachen. Als ich bei ihr vorbeigehe, boxe ich ihr in die Seite und laufe wieder nach oben ins Zimmer, um unsere Sachen zu packen.

Schneller als mir wohl ist, bin ich wieder unten. Kaiden hilft Megan in der Küche, während Alex nirgendwo aufzufinden ist. Unentschlossen stehe ich im Flur. Mein Blick wandert überall hin, aber bleibt bei ein paar Fotos hängen.

Grinsend laufe ich zu den hin. Auf ein paar sind Megan und ich abgebildet. Auf manchen ist Ryan dabei. Aber was meine Aufmerksamkeit erweckt, ist ein Foto, wo Alex und eine mir fremde Frau abgebildet ist. Sie halten sich in den Armen und lachen breit in die Kamera. Ohne genauer das Bild zu betrachten, flitze ich schon in die Küche. Dieses Bild hat die Neugier in mir geweckt, da muss ich natürlich weiter nachschnüffeln.

„Megan?", ergattere ich mir ihre Aufmerksamkeit. 

„Wo ist Alex?", frage ich unauffällig und helfe beim Einpacken der Brottüten in eine kleine Stofftasche.

„Er holt nur Amelie ab", antwortet sie mir. Anscheinend bemerkt sie meinen fragenden Blick schnell. 

„Ach, er hat es dir noch nicht erzählt. Sie ist seine Verlobte", erklärt sie mir als wäre, dass das banalste auf der Welt. Aber ihr abschätzender Blick entgeht mir nicht.

„Du verarschst mich", lache ich und höre wie auf einmal die Haustür aufgeht. Kurz darauf betreten Alex und die Frau, die ich auf dem Bild gesehen habe, die Küche. Ihr Blick hält sofort auf mich und dann schwankt er weiter.

Kurz mustere ich und stocke. Ihr wasserstoffblond gefärbten Haare liegen glatt auf ihren Rücken und sie selbst wirkt nicht sehr natürlich. Ihr jetziges Erscheinungsbild hat nichts mit dem auf dem Bild mehr gemeinsam. Was zur Hölle. Ich kneife mich selbst, um nicht loszulachen.

Was mich überrascht ist ihr Blick, der auf Kaiden liegt, als würde sie ihn gleich ausziehen. Ein fremdes Gefühl baut sich in meinem Bauch auf und ich kneife meine Augen zusammen. Megan bemerkt die angespannte Situation und greift sofort ein.

„Hallo Amelie", begrüßt sie die Frau und lächelt gekünstelt. So kenne ich meine Megan gar nicht.

„Das sind Penelope und ihr Freund Kaiden", stellt sie uns vor. Überraschenderweise greifen weder Kaiden noch ich nicht ein, um ihr zu widersprechen, beim Vorstellen. Um ehrlich zu sein, gefällt mir der Gedanken... Stopp.

Irgendwie versuche ich zu lächeln und schaue dann fragend zu Alex, der mir bis jetzt nichts erzählt hat. 

„Also es war echt schön euch kennenzulernen, aber Kaiden und ich müssen echt langsam  los", versuche ich aus dieser komischen Situation herauszukommen.

Kaiden stimmt mir zu und wir laufen mit der Stofftüte nach draußen. Irgendwie war das zusammentreffen so absurd, wir beide versuchen nicht aufzulachen.

Megan und auch Ryan folgen uns nach draußen.

„Verlass das Land mit Ryan, sonst wäre es zu gefährlich", hauche ich Megan ins Ohr. Sie nickt nur verständlich. Dann gehe ich auf Ryan zu und schließe ihn in meine Arme. Fast zerdrücke ich ihn, dabei gehen mir unzählige Gedanken durch meinen Kopf.

Dann führt uns Megan zu ihrer Garage. 

„Du hast nicht nur deine Socken vergessen, sondern auch das hier", sagt sie grinsend und hebt das Garagentor. 

Mein alter roter Opel steht drinnen. Das Modell ist mir bis heute noch unbekannt, aber ich liebe dieses Baby trotzdem. Ich habe es früher geklaut, hab dann die Kennzeichen gewechselt und hab es dann aber hier gelassen.

Glücklich reiße ich meinen Mund auf und laufe auf ihn zu. Kaiden setzt sich auf den Fahrersitz und ich pflanze mich auf die Beifahrerseite.

Winkend fahren wir auf die Straße. Noch ein letztes Mal winken wir und fahren auf den Freeway wieder.

Lange verläuft die Fahrt schweigend, bis ich schließlich das Radio anschalte. Wie der Zufall es will trillern die Töne eines Liedes von den Jungs aus dem Radio. Grinsend schaue ich zu Kaiden, dieser aber verdreht nur seine Augen und seufzt. 

Wieder schaue ich aus dem Fenster und beobachte die Landschaft, an der wir vorbeiziehen. Plötzlich aber fängt Kaiden an neben mir zu summen. Zuerst schaue ich ihn belustigt an, aber dann als er anfängt dazu zu singen, verschwindet mein grinsen.  

Wie geflasht schaue ich zu ihm. Zum ersten Mal höre ich ihn singen und das live. 

Seine Konzentration gilt immer noch der Straße, aber trifft trotzdem jeden Ton. Auch wenn ich es nie zugeben würde, ich schmelze vor mich hin.

Staunend beobachte ich ihn weiter auch lange, nachdem sein Part aufgehört hat, singt er einfach weiter. 

Erst als das Lied vorbei ist, bemerkt er meinen bewundernden Blick, aber schaut mich nicht an. Sogar von meinem Platz aus sehe ich wie seine Wangen sich leicht färben.

„Woher kennst du eigentlich Megan?", fragt Kaiden irgendwann. 

„Sie war und ist einer meiner zwei einzigen Freunde", erkläre ich ihm. Obwohl der Gedanke nur zwei Freunde zu haben, sich traurig anhört, bin ich froh nur zwei gehabt zu haben. Sie waren wenigstens wahre Freunde, auf die ich mich verlassen konnte. 

Megan ist bei mir geblieben und Carter ist zu mir zurückgekommen.

„Und Alex?", fragt er zögerlich und meidet meinen Blick. Mir ist schon aufgefallen, dass sich die zwei Jungs gar nicht verstanden haben. Wieso wiederum nicht. 

„Er ist ihr Bruder. Früher habe ich ihn nur ab und zu mal gesehen", antworte ich ihm ehrlich und schaue wieder nach vorne.

„Ihr seit also nur Freunde", harkt er neugierig nach. Lachend halte ich mich den Bauch. Ich weiß nicht was lustiger ist, der Gedanke das Kaiden vielleicht eifersüchtig ist oder der Gedanke an Alex und mich.

„Nein Alex war nie mehr als ein Freund für mich, eher wie ein Bruder", erkläre ich ihm und wische mir dabei eine Träne weg.

Mit dieser Antwort ist er anscheinend zufrieden, denn das Verhört ist beendet. Natürlich versuche ich das leichte Kribbeln im Bauch zu verdrängen und steige beim Singen mit ein, da Kaiden schon wieder angefangen hat zu singen.

Singend und lachend fahren wir weiter und für einen kurzen Moment scheint alles andere wie vergessen. Wir genießen einfach die Ruhe. Aber ob es die Ruhe vor dem Sturm ist, wird sich wohl noch herausstellen.

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Irgendwie habe ich eine leichte Schreibblockade... Aber ich bin mir sicher, dass es sich bei den nächsten Kapiteln bessert!

HellboundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt