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Liana schaut sich zuerst meine kleineren Wunden an und verarztet das nötigste. Um meinen Oberschenkel bindet sie einen Verband und kümmert sich um diese Wunde. 

Geredet haben wir noch nicht viel.
Vielleicht hat sie meine Abwesenheit bemerkt und will mich noch nicht darauf ansprechen, was passiert ist.

Das Brennen des Desinfektionsmittels in meinen Wunden spüre ich kaum, da ich erstens diesen Schmerz gewöhnt bin noch und zweitens mit meinen Gedanken ganz woanders bin.

Ich muss mir kurz die Zeit nehmen und das Geschehende verarbeiten.

„Hey, alles gut." Plötzlich legt sich eine Hand auf meine Schulter.
Mein Kopf dreht sich sofort zu Liana, die mich bemitleidend anschaut.

Erst jetzt bemerke ich, wie sich eine Träne ihren Weg auf meiner Wange bahnt.

Schnell wische ich diese weg und nickte nur.

„Ähm danke", versuche ich irgendwie eine Konversation zu starten und ihre vermutliche Frage, die sie schon im Kopf zusammenstellt, ausweichen.

„Es ist nicht selbstverständlich fremden Menschen zu helfen, ohne eine Antwort zu verlangen", lache ich leicht und kratze mich leicht am Nacken.

„Alles gut, wenn du wüsstest wie oft die Jungs früher mitten in der Nacht nach Hause gekommen sind. Irgendwann habe ich es akzeptiert und nicht mehr nachgefragt. Hauptsache sie bleiben ansatzweise heile und gesund", erklärt sie mir und lacht. Dabei bilden sich deutliche Lachfalten.

Erst jetzt bemerke ich die Sommersprossen auf ihrem Gesicht, die mit zartem Make-up verdeckt wurden.

„Willst du einen Tee oder etwas anderes....vielleicht stärkeres?", fragt sie mich und grinst leicht schelmisch, was mich kurz zum Auflachen bringt.

Am Ende muss ich mich auf jeden Fall bei ihr bedanken. Dafür, dass sie versucht und es auch schafft mich abzulenken. 

„Ich hätte nichts gegen einen Drink", bestätige ich ihre Frage. 

Zusammen laufen wir wieder nach unten, nach dem sie mir noch neue Kleidung gegeben hat, da meine immer noch voller Blut sind.

In einer Jogginghose und Hoodie laufen wir in die Küche.
Sie holt zwei kleine Gläser und eine Flasche, wahrscheinlich Whisky, aus dem Kühlschrank.
Dann schenkt sie etwas in die Gläser und reicht mir eins.

„Auf das Leben!"
Lachend stoßen wir ein und trinken aus.

„Also, heul dich aus", beginnt sie das Gespräch nach dem nächstens Glas.

Die Stimmung hat sich leicht gelockert und ich spüre langsam den starken Alkohol wie er durch mein Blut fließt.

„Ich weiß auch nicht", seufze ich und lasse mich auf das Sofa fallen und stecke meine Gliedmaßen kurz aus.

Die Kinder haben wir schon ins Bett gebracht und die Jungs haben sich in den Wintergarten verkrochen.

„Ich will euch nicht in die Sache mit reinziehen. Am Ende passiert euch noch was und das will ich nicht", erkläre ich ihr.

„Was, ach lass stecken. Ich habe drei kleine Kinder, die noch nicht mal ihren Arsch abwischen können und noch ein Riesenbaby, dass mir am meisten Probleme bereitet", lacht sie und setzt sich an das andere Ende des Sofas.

„Liam hat uns verraten...", beginne ich und erzähle eins der vielen Sachen, die mich belasten  und schaue verletzt zu Liana, die auf einmal auflacht. 

„Ich mochte ihn von Anfang an nicht", gesteht sie mir, als sie meinen überraschten Gesichtsausdruck bemerkt und verfällt wieder ins Lachen.

„Ok sorry....anscheinend war er dir wichtig", verstummt sie leicht und schaut entschuldigt zu mir.

HellboundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt