Alexander
Meine Augen fliegen still über den Raum. Durch meine Größe kann ich alles überschauen. Ich lächle leicht als mir Lily in diesem ordentlichen Chaos auffällt. Sie übt mit Jaimie das Schneiden von Papier. Die Feinmotorik muss bei ihr gefördert werden und das tun wir hier sehr gerne. "Alec?" Tobi steht neben mir. Er hat das Down Syndrom. Für mich allerdings ist er ein ganz normaler Mensch. Er ist friedlich und immer am lächeln. In den letzten Jahren hat er sich toll entwickelt. "Ja?" Der junge Mann bekommt meine ganze Aufmerksamkeit. "Die Schrauben stark machen?" Meine Mundwinkel ziehen sich sanft nach oben. Man versteht manchmal Tobi nur, wenn man ihn kennt. "Natürlich."
Gemeinsam gehen wir in den Raum neben an. Es ist die Werkstatt, die von zwei Kollegen betreut wird. Allerdings gibt es manche Seelen, die nur ihre Bezugsperson aufsuchen. Und bei Tobi bin ich das. Mit einfachen Handgriffen drehe ich die Schrauben an dem kleinen Regal fest. Erfreut klatscht er in die Hände, bevor er seine Arme um meine Taille schlingt und mich umarmt. Lächelnd erwidere ich diese Geste. "Lieber Alec." Ich mag ihn sehr. So wie alle anderen die wie hier betreuen.
Als mein Freund im Türrahmen auftaucht und mir ein Zeichen gibt, das ich zu ihm kommen soll, lasse ich mir trotzdem Zeit. "Du machst das toll, Tobi. Baust du weiter zusammen, dann kann ich die Schrauben wieder stark machen?" Wieder klatscht er in die Hände, was ich als Zeichen der Zustimmung sehe. Ich gebe meinen Kollegen ein Zeichen, das sie wieder ein Auge auf ihn haben sollen. Ich möchte nicht das sich irgendjemand verletzt.
"Können wir kurz in dein Büro gehen?" Es ist nicht so als hätte ich eine Begrüßung erwartet. Dennoch enttäuscht mich seine geschäftliche und ernste Stimme. Trotz des schönen Wochenendes, was wir zusammen mit den Kindern verbracht haben. Matthew hat sich wirklich Mühe gegeben und die Arbeit liegen gelassen. Ich deute ihm an mir zu folgen und kurz mache ich mir Sorgen, das etwas passiert ist. Mein Handy ist immer auf laut. Die Schule und der Kindergarten kann Matthew und mich immer erreichen. "Was ist passiert?" Die Tür schließe ich hinter uns. In dem kleinen Raum findet man einen Schreibtisch, meinen Laptop und mein Regal mit selbstgemachte Sachen, die mir geschenkt wurden. Jedes Unikat bekommt einen Platz in diesem Raum.
"Du musst Morgen bitte unseren Investor diese Einrichtung zeigen. Ihn vielleicht etwas rumführen und so etwas. Erst danach entscheidet er sich." Ich fühle mich etwas überfallen. "Du weißt, das ich hier gar nichts muss und des weiteren, stellt sich mir die Frage warum du das nicht selbst machst. Gerade wenn es so wichtig ist?" Auch wenn Matthew mein Chef ist, ließ ich mir von Beginn an nicht sagen was ich zu machen und zu lassen hatte. Diese Villa leitete ich. Punkt. Da konnte auch der Papst mein Chef sein. "Erstens, weißt du das ich dir das anordnen kann. Zweitens wollte das der Investor so und drittens habe ich morgen bereits einen anderweitigen Termin. Auf meinen Schreibtisch liegt noch sehr viel Papierkram." Ich ziehe meine rechte Augenbraue nach oben. "Über das Wochenende ist viel liegen geblieben." Schwer schlucke ich. Das meinte er doch gerade nicht ernst?
"Hörst du dich selbst sprechen?" Meine Arme legte ich auf den Schreibtisch und verschränkte sie dann. "Alec, ich habe leider noch nicht heraus gefunden wie ich mich zerteilen kann. Die Villa wird umgebaut und vielleicht können wir noch dieses Jahr eine neue Einrichtung erbauen lassen. Da kann ich nun mal nicht überall sein." Ich schnaube. Es ist so, als hätte er mir gerade eine Ohrfeige verpasst. "In Ordnung. Wo ist die versteckte Kamera?" Ich sah ihm tief in die Augen. "Matthew, du bist nicht nur Geschäftsmann. Du bist auch Vater von drei wundervollen Kindern und die wollen nun mal auch dich sehen. Ich, als dein Freund, verlange gar nichts von dir außer das du für ein paar Stunden die Arbeit sein lässt und für unsere Kinder da bist. Was ist denn los mit dir? Ich versuche dir schon so viel wie möglich abzunehmen." Ernst sieht er mich an, weicht meinem Blick allerdings aus. "Ich hab einfach sehr viel zu tun, Alec." Langsam kann ich es nicht mehr hören. "Soll ich bei deiner Sekretärin anrufen, wann der nächste Termin frei ist, um dich zu sehen? Haben die kleinen Wunder dort auch noch Zeit? Oder kommen deine Investoren, an erster Stelle?"
Mein Freund wird immer blasser. "Mach dich nicht lächerlich. Führ morgen den Investor einfach herum. Wie gesagt, nach alle dem wird es besser." Ich nicke erkennend. "Klar, wie gesagt ich habe mich noch nicht beschwert. Nur wenn es unsere Kinder tun, dann bügle das bitte allein zu recht. Ich muss jetzt weiter. Du sicherlich auch. Schließlich hast du zu tun. Ich hoffe du hast..." Sein Handy klingeln unterbricht mich. "... den Elternabend am Donnerstag nicht vergessen? Es ist der erste und die Lehrerin hat ja bereits gesagt, das es schön wäre wenn beide Elternteile mitkommen", sage ich in den Raum hinein, aus dem er schon wieder verschwunden ist.
Ich seufze und sehe auf das Bild, welches links von mir steht. Es zeigt Matthew und die Kinder, wie sie in die Kamera lachen. Traurig lächle ich. Wir waren seit einem Jahr zusammen. Ich kam den einen morgen in das Büro und plötzlich stand es da. Damals war ich so berührt, das ich die Tränen mir weg blinzeln musste. Die Familie stand schon immer an erster Stelle.
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Mein gutmütiges Ich, hat sich nach diesem Gespräch wieder beruhigt und es einfach auf den Stress geschoben, den Matthew gerade hat. Ich habe mich mit einem kleinem Blumenstrauß entschuldigt und hoffe, das wir heute Abend zusammen nochmal reden. Ich bin eher zur Arbeit gefahren um die Abrechnung zu machen. Das heute der hohe Besuch kommt, ist mir bewusst. Allerdings möchte ich nichts verändern. Wenn dann soll dieser Mann den Alltag sehen und nicht ein Bild was wir nur für ihn kreieren.
Ein Klopfen lässt mich aufsehen. "Lily, was machst du denn schon hier?" Sie lächelt leicht. "Ich wollte sehen, wie es dir geht. Du warst zwar gestern so wie immer. Aber etwas sagt mir, das nicht alles okay ist." Ich hielt den Blickkontakt stand. "Ich war gestern nur etwas unfair zu Matthew. Nichts dramatisches." Ihre Augenbrauen fuhren wie ein Fahrstuhl immer höher. "Du und unfair? Vielleicht im nächsten Leben, Boss." Sie zwinkerte mir zu. Lautlos seufzte ich. "Auch ich kann manchmal doof sein. Es ist einfach nur so, das er im Augenblick nicht so oft Zeit hat. Dafür habe ich ihn etwas angefahren. Aber er kann ja nichts dafür." Ich wollte nicht, das sie schlecht von Matthew dachte. Im Grunde genommen ist er ein toller Mann.
"Es geht nicht um das Zeit haben, sondern sich die Zeit zu nehmen." Ich fuhr mir durch das dichte Haar. Sie hatte Recht, das wussten wir beide. "Es wird sich schon alles richten", war ein schwacher Versuch das Thema abzutun. "Bist du noch glücklich mit ihm?" Unwissend sah ich meine Kollegin weiterhin an. "Wir haben Kinder. Warum sollte ich..." Mein Handy vibrierte und robbte sich somit leicht über den Tisch. Es war der Kindergarten. "Lightwood?" Die wenigen Sekunden erfüllten mich in Sorge. Grace ging es nicht so gut. Ich wurde gebeten sie abzuholen, da Matthew nicht an das Telefon ging.
"Kommt jetzt nicht dieser Typ?" Ich sah auf die Uhr. Es war zu spät um ihn abzusagen. "Dann muss er einfach wann anders wieder kommen. Richte ihm einfach aus, das ich aus familiären Gründen nicht konnte. Das wird er hoffentlich verstehen." Voller Eile schnappte ich mir meine Jacke und den Schlüssel des Autos. Der Investor war mir gerade vollkommen egal. Jetzt zählte nur meine kleine Maus. Währenddessen probierte ich selbst meinen Freund zu erreichen. Ohne Erfolg.
...Fortsetzung folgt
Hund oder Katze?
Ich find beides toll. Würde aber dennoch mehr zum Hund tendieren.
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Das Haus der Geschichten
FanfictionAlexander und Magnus. Wir schicken sie auf Reisen. Durch Höhen und Tiefen. Immer wieder lernen sie sich neu kennen und das auf unterschiedlichster Art. Das Haus der Geschichten ist eine Sammlung von OneShots und Kurzgeschichten.