Verbrechen der Liebe (Part 16)

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Magnus

Sein Schluchzen welches ihm entflieht bricht mir förmlich das Herz. Seine Hände haben sich mit dem Stoff meiner Jacke zwischen seinen Fingern wieder zu Fäusten geformt. Das Gesicht meines Freundes liegt in meiner Halsbeuge. Dort trifft die Haut immer wieder auf kleine mit Schmerz vermischte Wassertropfen. Sie hinterlassen Spuren auf meiner Haut wenn sie weiter fließen. Direkt in mein Herz, welches viel zu schnell gegen meine Rippen schlug.

"Ich...ich wollte das...nicht..", stockend und mit der größten Mühe bringt Alexander diese Worte heraus. Ich muss genau hin hören um ihn zu verstehen. "Es tut leid..wirklich.." Meine Hand kämmt durch sein dichtes Haar, versucht damit ihn zu beruhigen. "Bitte, ich will nur kein Monster mehr seien." Voller Trauer schließe ich selbst die Augen. Denn auch in mir sammeln sich langsam die Tränen. Es muss Zeit vergehen bis er versteht, das er niemals ein Monster war. Im selben Atemzug bin ich auch so unendlich wütend auf diesen Mann, der ihm diese Gedanken eingeflößt hat. Alexander wird vielleicht irgendwann in dieser Welt ankommen. Aber nicht diese Worte vergessen.

Ich kann nur erahnen das Worte wie 'du bist kein Monster' oder 'du bist wundervoll', genau jetzt nichts bringen würde. Er könnte sie gar nicht verarbeiten oder gar glauben. Er würde es abstreiten. Genau deswegen versuche ich etwas ganz anderes. "Erinnerst du dich an die Kirsch Kaugummis?" Ich warte auf ein zaghaftes nicken. Meine Augen sehen auf den Fußweg der vor uns liegt. Nur in meinen Kopf sehe ich die unterschiedlichsten Bilder. "Ich musste sofort einen probieren. Es war mal etwas ganz anderes, denn sonst esse ich nichts mit Frucht. Aber durch dich habe ich mich wieder auf etwas neues eingelassen. Und ich liebe den Geschmack von Kirsche in meinem Mund. Danke dafür."

Nur langsam löste sich Alexander vor mir. Seine Augen waren gerötet. Die Wangen waren gezeichnet von Salzwasser Rinnen. Ganz sanft strich ich diese Weg. "Ich hoffe wir ziehen irgendwann durch die Supermärkte und kaufen uns jeden Kaugummi um diese zu probieren." Ich senkte meine Lippen auf seine Stirn. Ich war für ihn da. Zu jeder Zeit.

Seine Lippen bewegten sich zwar nicht, dafür erreichten mich aber seine Augen die mir sagten, das er es verstand. "Entschuldigen Sie?" Eine Polizistin trat neben uns. Zusammen mit Simon halfen wir Alexander wieder auf seine Beine. "Können Sie kurz schildern was passiert ist und dann brauchen wir noch von jedem einen Personalausweis." Ich drehte mich um, sah das Mister  Aldertree von einem Polizisten fest gehalten wurde. Seine Hände hatte er hinter seinem Rücken und ich konnte mir nur vorstellen das diese durch Handschellen zusammen gehalten wurden.

"Schatz, wo hast du deinen Ausweis?" Er deutete nur auf seine vordere linke Hosentasche. "Ich greif kurz darein. In Ordnung?" Alexander nickt nur. Währenddessen fing bereits Simon an zu erzählen. "Die Alarmanlage von Magnus Bane' Auto ist angegangen. Deswegen haben wir das Büro verlassen..." Seine Worte verblassen immer mehr, als mich ein erschöpfter Alexander an meiner Gürtelschlaufe näher an sich heran zieht. Behutsam bettet er sein Kinn in meine, schon längst zerstörte Frisur. Mein Kopf lehnt an seiner Brust. Ich höre seinen zu schnellen Herzschlag. Beobachtet werden wir von Mr. Aldertree.

"....Mr. Lightwood ist dann aufgrund der psychischen Verletzung zusammen gebrochen und dann kamen sie bereits." Es waren die letzten Worte von Simon bevor dieser Mann sich wieder in das Rampenlicht drängte. "Sie sind doch selbst dran Schuld." Die Polizistin gab uns unsere Ausweise wieder bevor sie sich ihm zuwandte. "Was meinen sie damit?"

Dieser Mann fixierte uns mit seinen leeren Augen. Seine Stimme war laut. Der Unterton erinnerte an ein verletztes Kind. "Dieser Junge hat von seinen Eltern Hilfe erfahren. Er wurde zur Therapie geschickt. Ich? Ich wurde in der Schule regelmäßig verprügelt nur, weil as Gerücht bestand das ich diese Neigung hätte. Als meine Eltern davon erfuhren halfen sie mir nicht. Sie machten auch einfach weiter mit den ganzen Verletzungen. Dabei wollte ich auch Hilfe. Ich wusste doch selbst nicht was da in mir vorging... Aber nein, ich wurde allein gelassen. Und du?" Er richtete sich an Alexander. Schützend wollte ich mich vor ihn stellen aber selbst in diesem Augenblick schob er lieber mich etwas zur Seite. Ich klebte dennoch an seinem Körper.

"Du hast das bekommen was ich immer gebraucht habe. Hilfe von den Eltern. Aber nein, der große und schlaue Alec Lightwood muss diese ganze Hilfe ablehnen. Du hast dagegen rebelliert. Gegen mich. Wie alle anderen. Du warst kein Dreck besser als alle anderen. Und dann kam dieser Satz. Kannst du dich noch daran erinnern?"

Mein Freund schwieg. "Ich akzeptiere mich und die Liebe." Er äffte Alexander nach. "Ich war so wütend. Warum hast du das trotz allem geschafft und ich nicht? Ich war verloren. All die Zeit. Ab dem Moment wollte ich dich nur am Boden sehen. So wie ich es war."

Unmerklich schüttelte ich den Kopf. Er hatte ein Trauma von seiner Jugend und dieses wurde wieder an die Oberfläche geholt. Es war noch lange kein Grund Alexander so fertig zu machen. Eigentlich hätte er schon während des Studiums erkennen müssen, das er nichts verarbeitet hat. Aber so war es doch oft. Ärzte erkannten die Symptome bei den anderen. Nur nicht bei sich selbst.

Die Polizistin deutete ihrem Kollegen an, das er jetzt abgeführt werden könnte. Danach wendete sie sich an uns. "Sie bekommen alle nochmal einen Brief zur Vorladung. Wir nehmen Mister Aldertree erstmal mit. Das Auto wird gleich abgeschleppt." Mein Auto hatte ich schon längst wieder vergessen. Es war nur ein materieller Schaden den dieser Mann hinterließ. Viel wichtiger war der körperliche bei Alexander. Vollkommen hilflos hielt er mich an seinen Körper gedrückt.

"Ich würde mich erstmal von ihnen verabschieden. Warten sie bitte noch auf den Abschleppdienst?" Ich nickte nur. "Sie nehmen mich nicht mit?" Mein Kopf fuhr zu Alexander hoch. Was redete er da? Die Polizistin schien ihn zu kennen. "Nein, Alec. Und das werde ich hoffentlich auch nie wieder."

Simon, Alec und ich sahen dabei zu wie das Polizei Auto davon fuhr. Ich warf ihm einen dankbaren Blick zu. "Ich ruf Raphael an. Er kann uns alle danach nach Hause fahren." Von diesem ganzen Tag mitgerissen, sah ich wie in Trance dabei zu wie mein Auto abgeschleppt wurde. Der Duftbaum schwang hin und her. Ich würde es irgendwo vermissen. Darin hatte ich unendliche lange Fahrten mit Cat gemacht. Kein Zeil direkt vor Augen. Nur die gemeinsame Zeit zählte. Simon und ich waren immer zur Arbeit gefahren. Dabei hatte sich unsere Freundschaft nur noch vertieft. Und auch mit Alexander habe ich dort Gespräche geführt, die uns beide Still aneinander geschubst haben.

"Es tut mir leid", flüsterte Alexander leise. Sofort schüttelte ich den Kopf. "Es ist nicht deine Schuld. Das war es nie." Im Augenwinkel sah ich wie Raphael seinen Simon beruhigt und dennoch voller Sorge in die Arme zog. Ein schiefes Lächeln entstand auf meinen Lippen. Auch wenn dieser Tag erschöpfend und nervenaufreibend war. So zeigte er mir dennoch, das die Liebe immer siegte.

"Raphael?" Alec' Stimme war unsicher und müde. Er gehörte in ein Bett. Am besten in meins. "Geht es Izzy gut?" Mein Freund wollte sicher gehen, das es allen gut ging. Auch seiner Schwester die sich von ihm abgewendet hat. Die Schwester, die bis heute nicht die Wahrheit kannte. "Ja." Durch einen Blickkontakt mit meinen langjährigen Kumpel versicherte auch ich mich, das er die Wahrheit sagte. "Und jetzt würde ich sagen, fahren wir alle nach Hause." Einstimmig nickten wir.

"Darf ich mit zu dir kommen? Ich möchte jetzt nicht allein sein." Ich küsste seine Wange. "Natürlich." Wir setzten uns auf die Rückbank und fuhren, jeweils in den eigenen Gedanken der Ruhe entgegen.

...Fortsetzung folgt

Glaubt ihr an ein Leben nach dem Tod?

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