Verbrechen der Liebe (Part 4)

571 79 107
                                    

Magnus

Wir kommen keine hundert Meter. In New York bricht mal wieder das Chaos aus. Es staut sich und irgendwann kommt das Auto zum erliegen. Ich lehne meinen Kopf an die Stütze. Fahrrad Fahrer versuchen sich durch das Verkehrsdickicht zu schlängen. Schonungslos werden sie von manchen Fahrern ausgehupt.

Die Menschen die sich auf dem Fußweg herum treiben, rennen sich fast gegenseitig um. Jeder scheint durch aus beschäftigt zu sein. Während die einen bummeln, wirken die anderen gestresst. Hetzen sie von einem Termin zum nächsten?

Es gab eine Zeit während meines Studiums wo es mir genau so ging. Ich hatte mir meinen Tag so verbaut, das ich keine Zeit mehr für mich selbst hatte. Absichtlich. Oft wusste ich nicht wohin ich gehörte oder was ich sein sollte. Ich wollte mich diesen Fragen nicht stellen. Bis ich irgendwann erkannte, das es genügte wenn ich ganz ich selbst bin und bleibe.

Das war nicht immer einfach. Gern würde ich gerade die Stille unterbrechen. Ich wollte mich mit ihm unterhalten. "Fragen Sie sich auch manchmal, ob der Mensch neben ihnen glücklich ist. Die Frau zum Beispiel, die gerade über die Straße läuft. Meinen sie, sie ist zufrieden mit sich und ihrem Leben?"

Ich sah zu der Frau. Sie hatte bräunliches Haar und war für dieses Wetter, etwas zu sommerlich gekleidet. Etwas verloren blickte sie sich um. "Momentan scheint sie etwas zu suchen" gebe ich wieder und weiß nicht, ob ihm diese Aussage reicht.

"Vielleicht schaut sie aber immer so, weil sie sich noch nie selbst gefunden hat? Deswegen überfliegt sie immer wieder die Straßen mit ihren Augen. Sie sucht etwas, nach dem sie sich richten kann. Ein Style, eine Persönlichkeit, vielleicht auch ein Auftreten. Wie wirken andere und wie möchte sie wirken."

Ich fühlte mich so unendlich klein bei seinen Worten. Wie konnte er das alles aus einer Person heraus lesen? "Haben Sie die Frau genau angeschaut? Ihre Augen bleiben immer wieder auf einem Menschen liegen bevor sie weiter gehen. Wenig später schaut sie an sich herab."

Damit beantwortet er gefühlt eine stumme Frage. Muss ich überhaupt bei ihm etwas sagen? Eine andere Frage die mich beschäftigte, wer lehrte hier wem etwas? Alexander Lightwood wirkte so unheimlich klug.

"Es ist nicht einfach, sich selbst zu finden." Ein schwacher Versuch mit ihm mit zu halten. "Das stimmt. Aber man sollte nie jemand anderes sein, als man selbst. Auch wenn wir in einer Welt leben, die Tag und Nacht ihr bestes tut um dich zu allen anderen zu machen."

Es war das erstes mal seit dieser kurzen Autofahrt, wo ich zu meinem neuen Schützling sah. Nachdenklich blickte er durch sein Fenster. Hätte ich ihn nicht selbst aus diesem Gefängnis abgeholt, könnte ich es nicht glauben, das er vorbestraft war.

"Hat die Welt es bei Ihnen geschafft?" Ich nahm meinen Mut zusammen, um ihm diese Frage zu stellen. Alexander Lightwood schaute mich an. Kurz verengten sich seine Augen. Leise flüsterte er ein "Manchmal."

Sein Blick fiel auf seine Hände. Er könnte ein Psychologe sein. Jemand der andere auf ihr Verhalten hinweist. Es stimmte. Ich hatte die Frau nicht wirklich eingehend beachtet. Nur das ersichtliche gesehen, dabei aber nie weiter gedacht.

"Die Welt scheint aber auch bei ihnen manche Spuren hinterlassen zu haben." Die eisblauen Augen trafen auf meine. Was wusste er nicht über mich? Konnte ich dagegen ankämpfen? Gegen diese Kunst von außergewöhnlichen Menschenkenntnissen?

Das Haus der GeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt