Kapitel 13

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Ich schreckte hoch.

Wiedereinmal hatte ich einen Albtraum.
Den gleichen, den ich jede Nacht, seit Bill und Janes weggang hatte.

Noch immer zitterte ich.
Ich bemerkte, dass ich geweint hatte und wischte die Tränen von meinen Wangen.
Der Hilfeschrei, den ich im Traum gehört hatte, hallte in meinen Ohren wieder.

Einen Blick auf die Uhr verriet mir, dass es noch mitten in der Nacht war.
Trotztem konnte ich nicht weiterschlafen.
Die Angst, vermischt mit Trauer und Schmerz, sass zutief in meinen Knochen.

Also schlug ich die Bettdecke zurück und öffnete das Fenster.
Frische Luft strömte hinein und der Wind brachte die Vorhänge geisterhaft zum flattern.
Ich streckte den Kopf auf dem Fenster und fühlte den kühlen Wind auf meiner Haut.
Gleich ging es mir ein bischen besser.
Es fühlte sich an, als würde meine Angst davon geweht.
Fast so, wie ich Ende der Woche gehen würde.

Mit dem Gedanken daran schlief ich wieder ein.

~~~

Es war schon fast Mittag, als ich aufwachte.
Desshalb liess ich das Frühstück gleich aus und kochte mir zu Mittag
Bratkartoffeln.

Nach dem Essen kam Emm wieder zu mir.
Sie klingelte und trat gleich darauf ein.
"Hi Ruby," begrüsste sie mich grinsend.
"Hi."
"Na, gut gegessen?"
Ich nickte, "ich habe Bratkartoffeln gekocht. Was hast du gegessen?"
"Es war so lecker!," schwärmte sie, "mom hat Reis Casimir gekocht."

Gemeinsam machten wir noch den Abwasch, wobei wir laute Musik hörten.

Danach beschlossen wir, ein bisschen im Wald spazieren zu gehen.

Draussen war es warm, so dass wir ohne Jacken gehen konnten.
Die Sonne schien und Vögel zwitschern.

Wir gingen einen schmalen Weg entlang, in die Richtung, von einem kleinen Bach, den Emm und ich früher einmal Kristallbächen nannten.
Das kristallklare Wasser gab ihm den Namen.
Beim Gedanken daran lächelte ich.

Als wir weiter in den Wald hinein gingen, wurde es gleich kühler.
Hohe Bäume standen am Rande des schmalen Weges.
Es war dunkler, weil das Sonnenlicht nicht gut durch die dichten Blätter der Bäume dringen konnte.

Wir gingen immer weiter in den Wald hinein. Plötzlich stolperte ich über eine Wurzel und schlug mir das Knie auf.
Der Schmerz durchfuhr mein linkes Knie und die Stelle brannte wie Feuer.

Emm half mir schnell hoch, "geht's?"
Ich nickte mit zusammengebissenen Zähnen.
Meine beste Freundin schien mir nicht zu glauben, denn sie blickte mich besorgt an und begutachtete die Wunde.
Die Jeans hatte beim Knie ein faustgrosses Loch.
Rundherum war sie voll Dreck und das Knie blutete.

"Warte kurz," sagte Emm und ging dann ein Stück weiter in den Wald.
Verwirrt blickte ich hinter ihr her. Was hatte sie bloss vor?

Es dauerte keine Minute, bis sie zurückkehrte.
Etwas ausser Atem joggte sie zu mir und keuchte: "Ich bin zum Kristallbächen gegangen," sie deutete auf ein Nastuch, das sie anscheinend dort nass gemacht hatte.
"So kann ich die Wunde wenigstens etwas säubern."

~~~

Als es plötzlich anfieng zu regnen, traten wir den Rückweg an.
Wir kamen nur langsam voran, weil ich wegen meinem Knie nur humpeln konnte.

"Ach Ruby, ich wollte dich noch fragen ob du nächsten Dienstag mit mir ins Schwimmbad kommst," fragte mich Emm da plötzlich.
Nächsten Dinstag war die Woche vorbei.
Dann würde ich schon nicht mehr hier sein.
Was sollte ich jetzt bloss sagen?
Sollte ich ihr die Wahrheit sagen?
Doch dann würde Emm richtig traurig sein.
Aber ich musste es ihr sowieso sagen.

Ich holte tief luft, "Emm, ich bin nächsten Dinstag nicht mehr hier.
Ich bleibe nur noch bis Ende der Woche hier in Portland.
Dann gehe ich mit dem Auto fort. Ich werde versuchen Abby und mein altes Zuhause zu finden.
Es tut mir leid, dass ich einfach so gehe, aber jetzt, wo Jane und Bill nicht mehr hier sind, kann ich nicht bleiben."

Auf der Suche nach meiner  Vergangenheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt