4. Wärme

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Etwas war anders, das spürte ich sofort als die Bewußlosigkeit ihren eisernen Griff an mir etwas lockerte.
In meinem brummenden Schädel herrschte ein heilloses Durcheinander, Wortfetzen, Geräusche und unbekannte Gesichter wirbelten in einem riesigen Wirrwarr, umher. Tauchten auf und verschwanden ebenso schnell wieder.
Aber in all dem Chaos war da eine unbekannte Wärme, die mich umfing und sanft festhielt, verhinderte das mich der düstere Strudel einzog.....
Die Gesichter verschmolzen ineinander und verschwanden schließlich ganz....die Dunkelheit wich langsam immer weiter zurück, leises Lachen, der Duft von Veilchen, schwindende Wärme, Geräusche........verdammt warum gingen meine Augen nur so scheißlangsam auf.

Viola

Vorsichtig löste ich meinen Arm aus der Umklammerung der Bewußtlosen und betrachtete sie besorgt.
Zu zweit hatten wir es geschafft sie aufzuwärmen, aber es war eine mehr als unruhige Nacht für alle Beteiligten.
Behutsam legte ich ihren Arm zurück aufs Bett....sie griff nach meiner Hand, panisch wie eine Ertrinkende, hielt mich fest.
Was war ihr nur zugestossen, wie kam sie überhaupt zu dieser einsamen Waldstrasse, wohin sich kaum irgendjemand je verirrte, überlegte ich als ich ihr sachte über ihre verkrampfte Hand streichelte.
Der größte Teil ihrer Verletzungen waren schon älter, wenn auch nicht viel,...den Verfärbungen nach zu urteilen schätzte ich zwei bis drei Tage. Ihre Augen waren noch ziemlich zugeschwollen, die Nase würde wohl einen Knick zurückbehalten und ihre Lippen waren aufgesprungen. Alles in allem könnte man sagen, Heidi hätte heute kein Foto für sie, aber sie lebte!
Als sich ihre Anspannung langsam löste und sie ruhig atmete, stand ich leise auf, zog mich schnell an und trug meine Kleine in ihr Bett. Wenigstens einer sollte noch etwas ungestörten Schlaf bekommen bevor die Sonne in Kürze aufging.

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Die Dunkelheit wich immer mehr zurück, machte Platz für erste, wenn auch schmerzhafte visuelle Eindrücke....
Mein rechtes Auge zu öffnen war ein ziemlicher Kraftakt, aber ich hatte es geschafft, das Lid immerhin wenige Milimeter anzuheben und wurde damit belohnt, die wohl hässlichste Bettdecke der Welt sehen zu können.
Autsch.....das grenzte ja schon an Körperverletzung, apropos....Körperverletzung....ich stöhnte Schmerzerfüllt auf..
"Oh,....sie sind wach!"
Die Stimme hatte ich schon einmal gehört, konnte sie aber nicht zuordnen. Dann schob sich der Körper, zu dem die Stimme gehörte in mein begrenztes Sichtfeld.
Vor mir auf der Bettkante saß, soweit ich das mit meinem lädierten Auge erkennen konnte eine kleine,rundliche Frau mit schwarzen Kinnlangen Haaren und sah mich mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck an.
"Ho in ich?" murmelte ich mühsam
Sie wischte fahrig mit ihren Händen über ihre Hosenbeine...
"Ähm... bei mir...zuhause. Sie hatten...äh...einen Unfall....."
"Krrrrankenh......?"
"Das ging nicht.....die die Straße zur Stadt runter...war war gesperrt....wegen Erdrutsch. Und hier oben gibt es so gut wie keinen Empfang...deshalb...habe ich sie mitgenommen.!"
Ich betastete stöhnend meinen Kopf, mein bandagiertes und schmerzendes Gesicht und sah sie fragend an.
Sie grinste leicht...
"Sie haben Glück im Unglück,.... ich bin Krankenschwester! Ich heiße Leah, und sie?"

Ich starrte in ihre Veilchenblauen Augen, die im Licht der ersten hereinfallenden Sonnenstrahlen auf eine Art und Weise funkelten, wie ich es noch nie zuvor gesehen hatte......vermutete ich.....

"Heißßß....nich....!!????"

Diese Erkenntnis ließ mich erstarren.....ich wusste meinen Namen nicht!
Nicht wie ich zu dieser Strasse gekommen war!
Nicht wo ich herkam!
Nicht wo ich hin wollte!

Ich wusste nicht wer ich war!!!

Zweite Chancen.....  BAND 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt