-BLEIB-

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Die Stunden, bevor die anderen wieder zu uns zurückkamen, verbrachten wir damit, alle Ecken des Hauses gemeinsam zu erkunden und in Erinnerungen zu schweifen.

Mittlerweile war es schon vier Uhr nachmittags und wir standen nun alle mit fertig gepackten Rucksäcken und Abfahrtsskiern an den Füßen am Lift, welcher uns in die Höhe ziehen würde. Außer uns war keine Menschenseele in Sicht.

Etwas in mir war beunruhigt, doch es gab eh kein Zurück mehr, da wir uns mittlerweile im Sessellift befanden und unter uns die Schneewelt vorbeizog. Im Gegensatz zu den restlichen Tagen, waren die Wolken dunkel und zusammengezogen, aber wir waren trotzdem losgezogen, denn wenn nicht jetzt, wann dann?

Außerdem kannte Talia die Strecke in und auswendig und würde uns sicher ohne Probleme ins Tal lenken, wo wir ab dort zurück nach Treuenfels kehren wollten.

Der Rückweg würde kürzer sein, da wir uns durch die endlosen Täler zurückschlagen wollten und nicht über die vielen Berge, wie wir es auf dem Weg hierher getan hatten.

Die lange Liftfahrt endete und wir schlitterten die restlichen Meter zum Hang. Der Blick war atemberaubend schön und ich hielt eine Weile inne, ehe ich erwartungsvoll Talia anblickte.

Sie bemerkte dies und fing an die Lage zu besprechen. Wir würden uns die ganze Zeit an dem Waldrand entlangschlängeln und den letzten Abschnitt frei ins Tal fahren.

Zufrieden nickten die anderen, während mein Blick erneut auf die dunklen gewordenen Wolken fiel.

Aurin blickte beruhigend zu mir und sagte:

"Keine Sorge, uns wird nichts passieren. Talia ist ein Profi. Sie schafft das schon."

Er lächelte leicht und strich mir die Haare aus dem Gesicht, ehe er sich zu Ares gesellte und die beiden Jungs die Abfahrt eröffneten.

Der Schnee war etwas gefroren und man hatte nicht den besten Halt, aber wir hielten uns tapfer auf den Beinen.

Mit einer enormen Geschwindigkeit schlitterten wir eine ewig lange Zeit lachend nebeneinanderher, ehe wir auf etwa halber Strecke zu stehen kamen.

Es war, als wäre die Nacht über uns eingebrochen, denn es war dunkel und außerdem kam noch die enormen Winde dazu, die Äste aus den Bäumen riss und auch teilweise kleinere Bäume entwurzelte.

Es war in einer Minute auf die andere gefährlich und ungemütlich geworden. Talia wirkte trotzdem entspannt und meinte, dass wir durch den Wald fahren könnten, da es dort ruhiger war und wir etwas Schutz haben würden, also fuhren wir ihr hinterher.

Es war etwas angenehmer hier und trotzdem war es auch unter den Bäumen gefährlich, da überall um uns herum die riesigen Äste zu Boden fielen und uns die Abfahrt fast unmöglich machten.

Talia leitete uns tapfer weiter und ermutigte uns mit sorgsam gewählten Worten.

"Bald haben wir es geschafft Leute. Haltet durch. Ich kann das Ziel schon sehen."

Waren einige von ihnen. Ich konnte mich nicht mehr auf die Worte konzentrieren, da ich kaum noch die Umrisse meines Gegenübers erkennen wurde. Mein ganzer Körper zitterte. Der harmlose Ausflug war zum Höllentrip geworden und das in nur wenigen Minuten.

Der Sturm um uns herum wütete mit enormer Kraft und brüllte uns förmlich an. Neben mir fiel ein neuer Ast zu Boden und hätte mich um ein Haar erwischt, doch Aurin, der hinter mir fuhr, hatte mir noch etwas zugerufen und ich wich aus, ehe dieser mich treffen konnte.

Talia wurde von dem lauten Ruf irritiert und drehte sich verwirrt zu uns um.

"Was ist de-"

Ich schrie auf, als ich sah, wie sich im nächsten Moment ein neuer Stamm löste, mit voller Wucht in die Tiefe fiel und Talia unter sich begrub.

Mein Schreien wurde immer lauter und gequälter, als ich in der nächsten Bruchsekunde realisierte, was gerade geschah.

Tränen liefen mir in Strömen übers Gesicht und der Angstschweiß ließ mich erzittern und erfrieren.

Ich konnte sie nicht mehr hören oder sehen und fiel auf die Knie, um den umliegenden Schnee beiseite zu schaufeln. Mein Körper gehorchte mir nicht mehr.

Ich fühlte nichts mehr, außer einem enormen stechenden Schmerz in meiner Brust. Immer schneller schaufelte ich den eisigen Schnee beiseite und weinte bitterlich.

Saphira war hinter mir zusammengebrochen und in eine Schockstarre gefallen.

Lilith schrie voller Schmerz Talias Namen und brüllte sich den extremen Schmerz aus der Seele. Es zerstörte mein Herz, sie so leiden zu hören, denn es bestätigte mir, dass das hier alles kein Albtraum, sondern real war.

Aurin, Ares und Connor waren neben mir auf die Knie gefallen und halfen mir weinend und panisch den riesigen Holzstamm anzuheben.

Unter ihm traf uns der Anblick, wie tausend tödliche Messerstiche inmitten des Herzens.

Das war sie nicht. Das war nicht unsere Talia. In meinen Armen lag ein lebloser in Strömen blutender Körper, Er war eiskalt und zerbrechlich.

"Das ist nicht echt."

Schrie ich und schlug mir mit einer extremen Kraft in die Magengrube.

"Es ist alles nur ein Traum."

Schrie ich panisch und schlug weiter auf mich ein. Blut spritze mir aus dem Mund, doch ich machte unbeirrt weiter.

"Ich muss nur aufwachen"

Erneut wollte ich mich verletzten, doch mich hielten zwei starke Arme zurück.

Ich schrie ihn schmerzerfüllt an, er solle mich endlich loslassen. Ich musste aufwachen. Doch er lies mich nicht los. Im Gegenteil, sein Griff wurde stärker und seine doch so schwache Stimme flüsterte weinend:

"Keena. Sie wird nicht zurückkommen."

Das durfte nicht sein. Es konnte nicht sein. Geradeeben war sie doch noch bei uns gewesen. Hatte mit uns gelacht und mir gesagt, dass sie nun endlich das Leben genießen wollte.

"NEIN" schrie ich ihn an und die der Tränenfluss versperrte mir den Anblick auf mein kleines Mädchen.

"NEIN" Ich verlor nun endgültig die Beherrschung über meinen Körper und brach in Aurins Armen zusammen.

Diese tödlichen Flammen loderten in meiner Lunge und ich schnappte nach Luft.

Der lebensnotwendige Sauerstoff brannte, wie Feuer in mir und ließ mich langsam mein Bewusstsein verlieren.

Es wurde schwarz vor meinen Augen und ich hörte noch die panischen Schreie um mich herum, welche meinen Namen brüllten.

"Keena. Nicht. Du darfst nicht gehen. Ich brauche dich..."

Weinte Aurin auf mich herab und seine Arme drückten meinen kalten Körper an seinen.

Ein Blitzschlag durchfuhr mich und ich riss meine Augen panisch auf.

Die lebensrettende Luft fuhr in meine Lungen zurück und ich japste mit letzter Kraft nach ihr.

Ich spuckte das Blut auf den weißen Schnee und fiel aus Aurins beschützenden Armen auf den eisigen harten Boden.

Mein Leben war zerstört. Für immer.

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THE LAST DANCEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt