34 BUCH ZWEI - Cieran

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"Ladon!", rief ich etwas lauter als geplant, als Ladon zu stöhnen begann.

Seinen Kopf hatte ich auf meinem Schoß abgelegt, meine Hände fuhren immer wieder hilflos durch seine dunklen Haare, konnten nicht stillhalten. Ladon schlug die Augen auf und sah zu mir hinauf.

"Was ist passiert?" Er war erleichtert. Erleichtert darüber, zuerst mein Gesicht gesehen zu haben. Offensichtlich hatte er mehr Angst um mein Leben gehabt, als um sein eigenes.

Er ließ mich gar nicht zu Wort kommen, als er sich aufrichtete, zu mir umwandte und mein Gesicht zwischen seine Hände nahm. "Haben sie dir wehgetan?" Er musterte mein angeschwollenes, rechtes Auge, das ich mir eingefangen hatte, als ich zu ihm rennen wollte, nachdem man ihn niedergeschlagen hatte.

"Mir geht es gut", versicherte ich, Ladon atmete erleichtert aus, warmer Atem über meine Haut, dann ließ er seinen Kopf in den Nacken fallen.

"Gleich nachdem sie dich niedergeschlagen haben, haben sie uns in die Zelle hier gebracht", erklärte ich ihm und verwies auf den kargen Raum aus grauem Stein, der uns umgab. Er hatte keine richtige Tür, nur eine schmale Luke in der Decke, die von einem eisernen Gitter geschlossen gehalten wurde. Darüber konnte man entfernt den Schattenwurf brennender Fackeln ausmachen, ansonsten sah ich nicht viel. Der Boden war feucht und in einer dunklen Ecke quiekte es immer wieder verdächtig, offenbar hatten bereits vor einiger Zeit Ratten ihren Weg in die kalte Zelle gefunden.

"Ich glaube, sie warten auf ihren Anführer. Sie sprachen immer wieder vom Gott des Waldes, den sie um Rat fragen würden. Aber der scheint nicht da zu sein, er ist wohl im Wald unterwegs, um zu jagen."

"Der Gott des Waldes?", wiederholte Ladon skeptisch. "Wer auch immer das ist, ein Gott ist es sicherlich nicht."

Kurze Zeit schwiegen wir uns an, Ladon legte einen Arm um meine Schulter und zog mich an ihn, bis ich schließlich das Wort ergriff: "Ladon?"

Ladon spannte sich an, sein Arm verschwand wieder von meiner Schulter. Er wusste, was ich fragen wollte. Und das verunsicherte mich. Aber jetzt hatte ich begonnen, und nun würde ich es zu Ende bringen. Ich wusste nicht, wie lange wir noch leben würden, also würde ich nun nicht mehr zögern.

"Stimmt es, was der Glatzkopf gesagt hat? Dass du ein Drache bist? Und was bedeutet das überhaupt? Bist du kein Mensch? Wer sind deine Eltern? Woher kommst du? Kann ich...", brachen die vielen Fragen wie ein Wasserfall aus mir hervor, die sich seit langem angestaut hatten.

"Cieran...", entgegnete Ladon, Überforderung in seiner Stimme, Erschöpfung und Angst. Angst davor, was seine Antwort aus meiner Zuneigung zu ihm machen würde.

"Tut mir leid, es ist nur...", wieder wurde ich unterbrochen, als viele stampfende Fußstapfen zu uns herunterhallten. Das Eisengitter wurde aufgerissen, ein Seil heruntergelassen.

"Kommt rauf, sonst erschießen wir deinen kleinen Freund, Monster", befahl der hochgewachsene Anführer der Gruppe, die uns im Wald gefangen hatte, forsch. Die Pfeilspitzen vor gespannten Bogensehnen, die auf uns herabzeigten, ließen keinen Zweifel an der Wahrheit seiner Drohung offen.

"Was wollt ihr von uns?", fragte ich mutig, während ich der Aufforderung unserer Kerkermeister gehorchte, und das Seil hinaufkletterte. Ladon folgte mir missmutig.

"Wir reinigen die Welt von den Bestien, die den Wald und damit die Grundlage allen Lebens zerstören.", entgegnete der Glatzkopf, der sich dem Trupp angeschlossen hatte, der uns empfing. Kaum hatte ich die Luke erreicht, wurde ich von oben gepackt und hochgezogen, sofort spürte ich kaltes Eisen an meinem Hals.

"Wenn du irgendwas machst, Drache, stirbt er!", warnte der Anführer, als Ladon aus der Luke auftauchte und den Zorn sah, der in seinen Augen aufflammte, als er mich in dieser bedrohlichen Lage vorfand. Flehentlich sah ich ihn an, hoffte, er würde nichts unüberlegtes tun. Ich könnte den Mann, der mir die Klinge an den Hals hielt, kurzzeitig ausschalten, aber dann? Es waren zu viele. Wir würden hier nicht rauskommen.

Glücklicherweise presste Ladon nur fest seine Lippen aufeinander, bis sie weiß anliefen, sagte aber nichts und tat auch nichts.

"Und du bist dir sicher, dass wir das tun sollten?", hakte der Anführer beim kleinen Glatzkopf nach, während wir durch die engen Gänge aufwärts geführt wurden.

"Wir haben keine Wahl. Wenn wir warten, bis der Herr wieder zurück ist, könnte es zu spät sein. Dieser Junge hat die schreckliche Macht, den ganzen Wald in Flammen aufgehen zu lassen. Wir müssen dafür sorgen, dass er niemandem mehr schaden kann!"

"Dann folge ich deinem Rat. Aber wenn der Gott des Waldes nicht einverstanden ist, wirst du die volle Verantwortung übernehmen, Oren!"

Der Glatzkopf nickte nur, während er eine entgegenkommende Wache anblaffte: "Versammel die Stadtbewohner! Wir werden einen Drachen zurück in die feurige Hölle schicken, aus der er entkommen ist!"

Auf dem Absatz kehrte die Wache um und verschwand in einem Quergang.

"Und wie töten wir ihn? Wie können wir sichergehen, dass der Drache zurück in die Hölle geschickt wird?", hakte der Hauptmann nach.

"Wir errichten einen Scheiterhaufen. In seiner menschlichen Form ist er durch die Flammen verwundbar und wir können sicherstellen, dass nur noch ein Haufen Asche von ihm bleibt."

Sie wollten Ladon lebendig verbrennen! Entsetzt riss ich die Augen auf und sah zu Ladon hinüber. Auch in seinem Gesicht stand Angst. Aber es war nicht dieselbe Angst, die mich bewegte. Er sorgte sich nicht vor dem Feuer. Sondern um mich.

Legenden von Patria - Flammendes BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt