25 BUCH ZWEI - Ladon

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Für einen Moment starrte ich den Mann vor uns an, versuchte, irgendeine Schwachstelle an ihm zu finden. Ich wollte nicht, dass es zu einem Kampf kam, zumal ich meine Krallen nicht verwenden konnte, da weit und breit kein Feuer war. Aber dennoch war es wichtig, die Schwachstellen eines Gegenübers zu kennen. Aber ich fand keine, dieser Mann hatte etwas unbesiegbares an sich.

Es lag eine gefährliche Spannung in der Luft und wir starrten uns gegenseitig an. Ich ging langsam, so unauffällig wie möglich Schritt für Schritt nach hinten, bis ich neben Cieran stand. Meine Hand fand seine und umschloss sie fest, während ich meinen Blick jedoch nicht von dem Mann abwandte. Keine seiner Bewegungen sollte mir entgehen. Außerdem hielt ich Ausschau nach den zwei Hunden, konnte sie jedoch nicht sehen. Hatten sie vielleicht doch nicht zu dem Mann gehört?

Ich drückte Cierans Hand leicht, als Zeichen, dass er mir folgen solle, wenn ich meinen Fluchtplan in die Tat umsetzte. Ich hoffte, er verstand es. Dann drehte ich mich blitzschnell um, zog Cieran mit mir und wollte losrennen.

Ein Knurren vor uns ließ uns jedoch stoppen. Stocksteif standen wir da und starrten die zwei riesigen Hunde an, die uns zähnefletschend den Weg versperrten. Die zwei Hunde gehörten also doch zu ihm und ließen nun die Falle zuschnappen.

"Ich würde sie lieber nicht reizen. Sie sind darauf abgerichtet, mit einem Biss zu töten."

Ich musste schlucken. Eine Flucht wurde jetzt so gut wie unmöglich. Auch bei einem Kampf standen unsere Chancen sehr schlecht. Ein Schwert und ein nutzloser Drache gegen zwei blutrünstige Hunde und einen Kopfgeldjäger.

Flüchteten wir, würden die Hunde uns einholen und töten. Blieben wir und wehrten uns, würde ein Wort des Mannes genügen und die Hunde würden uns ebenfalls anfallen. Offenbar blieb uns nur noch die Frage, welcher Tod wohl weniger schmerzhaft wäre.

Ein kurzer Blick zu Cieran verriet mir, dass er wohl gerade Ähnliches dachte. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben, während er mit seiner rechten Hand das Schwert umklammerte.

Ich verfluchte das Wetter, denn bei diesem Sturm war es unmöglich, irgendwie auch nur ansatzweise Feuer zu entfachen. So sehr ich den Drache in mir auch hasste, genau jetzt wünschte ich, ich könnte seine Stärke verwenden, selbst wenn es bedeutete einen weiteren Mann zu töten.

"Was wollt Ihr von uns?", fasste ich schließlich den Mut zu fragen und sah über meine Schulter zu dem Mann. Es gefiel mir nicht, ihm den Rücken zuzukehren, aber genauso ging es mir mit den Hunden.

"Von dir will ich gar nichts, Junge." Die Stimme des Mannes war tief und er warf sie mir so unwirsch an den Kopf, dass ich beinahe zusammenzuckte. Dann wandte er seinen Blick zu Cieran, der noch immer angstvoll die Hunde anstarrte. "Von ihm aber, will ich den Kopf."

Ein weiterer Blitz zuckte über den Himmel und offenbarte die Axt in den Händen des Mannes. Das scharf geschliffene Metall war makellos und reflektierte das Licht des Blitzes.

Cieran neben mir verkrampfte sich, als er die Worte des Mannes hörte und Panik funkelte in seinen Augen. Ich überlegte fieberhaft, wie wir uns doch noch retten konnten, den momentan sah es so aus, als würden wir die Nacht nicht überleben.

"Einen Zeugen davonkommen zu lassen wäre allerdings unklug, weshalb die Hunde sich um dich kümmern werden." Trotz der Dunkelheit spürte ich den stechenden Blick des Mannes wieder auf mir. Der laute Pfiff, den er anschließend ausstieß, erschreckte mich so sehr, dass ich zusammenzuckte.

Das Knurren der Hunde wurde zu einem Bellen und ehe ich mich versah, stürmte bereits einer der Hunde auf mich zu. Ich war starr vor Schreck, konnte nur dabei zusehen, wie das große Tier auf mich zukam mit mordlustigen Augen und gefletschten Zähnen.

Das sollte also mein Ende sein, von einem Hund zerfleischt? Eindeutig ein trauriger Tod für einen Drachen. Doch in meiner Menschengestalt und ohne Feuer war ich nutzlos. Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte, war Cierans Reaktion.

Gerade als der Hund vom Boden abgesprungen war, um mir an die Kehle zu springen, stieß er das Schwert des Söldners zwischen die Rippen des großen Tieres. Der Hund jaulte auf und fiel zu Boden, doch im nächsten Moment war er schon tot. Cieran kniete über dem leblosen Körper und umklammerte das Schwert, welches aus dem Leichnam ragte. Er schien selbst überrascht von sein Handeln und warf kurz einen Blick zu mir.

Sein Blick war es, der wieder Leben in mich brachte. Schnell half ich ihm wieder auf die Füße und zog das Schwert selbst aus dem toten Körper, welches ich anschließend schützend vor Cieran und mich hob.

Der zweite Hund heulte und bellte vor Wut über seinen getöteten Bruder, der Mann jedoch legte seinen stillen Zorn auf uns und hob die Axt an.

Mein Blick wechselte hektisch zwischen dem Mann und dem Hund, darum bemüht, jede ihrer Bewegungen wahrzunehmen. Sollten sie jedoch gemeinsam auf uns losstürmen, hätten wir kaum eine Chance.

Der Mann pfiff ein zweites Mal und der Hund stürmte los, genauso wie er selbst. Damit bestätigte sich meine Befürchtung. Wir saßen endgültig in der Falle. Ich sah zu Cieran. Dieser war jedoch völlig auf den Mann fokussiert, in seinen Augen noch immer panische Angst.

Ich hob das Schwert an, bereit, wenigstens nicht kampflos aufzugeben. Was dann jedoch geschah, war mehr als nur merkwürdig.

Legenden von Patria - Flammendes BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt