24 BUCH ZWEI - Cieran

132 9 0
                                    

"Ich will aber etwas für dich tun. Dir etwas anbieten", setzte ich fort, dann holte ich tief Luft, inhalierte die frische Morgenluft, die mir heute leicht salzig erschien, als würde der Geruch des Meeres über die Berge hinweg bis hierher getragen werden.

"Was denn?", fragte Ladon nach, setzte sich neben mich, seine Nähe machte mich diesmal etwas nervös.

"Ich habe noch einen Onkel in der Hauptstadt. Da könnte ich hingehen", begann ich, drehte meinen Kopf zu ihm und sah ihn an. "Und ich will, dass du mitkommst."

Ladon zog eine Augenbraue nach oben. "Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist."

"Aber... Wo willst du denn sonst hin?", hakte ich nach, bereute die Frage ein wenig, als der Schmerz erneut in Ladons Augen ebenso wie in seiner Aura entbrannte. Dennoch beließ ich es dabei und wartete geduldig auf eine Antwort, die sich langsam in Ladons Mund zu formen begannen, hinter seinen Lippen, seinen weichen Lippen, die mich plötzlich stark anzuziehen schienen.

Dann bemerkte ich, dass er immer noch kein Oberteil trug. Meine Augen glitten über seine muskulöse Brust bis hinunter zu seinem Bauchnabel. Schnell sah ich wieder weg, Schamesröte kroch heiß auf meine Wangen.

"Ich habe keinen anderen Ort", bestätigte Ladon meine Vermutungen schließlich. Ich nickte.

"Dann komm mit mir. Bitte. Ich schaffe das nicht allein." Der letzte Satz fast schon ein Flehen. Fast rechnete ich schon damit, dass Ladon aufstehen würde, aufstehen und gehen, mich zurücklassen, jetzt, wo ich mich wieder um mich selbst kümmern konnte.

"Wir können aber erst in ein paar Tagen aufbrechen. Deinem Arm geht es noch nicht gut genug", beschloss Ladon, musterte nochmal meinen frisch verbundenen Arm.

"Heißt das, du kommst mit mir?", fragte ich, ich wollte es zurückhalten, aber ein Grinsen breitete sich über meine Wangen aus, von einem Ohr zum anderen.

"Nur, wenn du dich ausruhst und gar nicht erst versuchst, mir beim Essen beschaffen zu helfen."

Ich nickte glücklich, während Ladon wieder aufstand. "Mal schauen, wo ich dieses Mal etwas herbekomme."

Die letzten Tage hatte er stets verschiedene Dinge zum Essen gebracht, mal nur einige Pflanzen, dann einen Hasen, und etwas Brot, wahrscheinlich von einem nahen Bauernhof gestohlen. Jedes Mal, wenn er ging, hatte ich Angst. Angst, dass er nicht wiederkommen würde. Dass er mich hier allein lassen würde.

Doch dieses Mal hatte ich keine Angst. Dieses Mal wusste ich, dass er zurückkommen würde. Und als er es tat, strahlte ich wieder, unkontrolliert wie ein kleines Kind.

"Wach auf, Cieran."

Der Ernst in Ladons Stimme weckte mich schnell.

Zwei Tage waren vergangen, seit wir uns darauf geeinigt hatten, uns gemeinsam bis zur Hauptstadt durchzuschlagen. Meine Wunde verheilte weiter gut, aber es würden Narben zurückbleiben. Das machte mir nichts aus. Ich war nicht allein und hatte wieder eine Perspektive. Mein Onkel würde wissen, was zu tun war, da war ich mir sicher. Ich hoffte einfach, dass er in der Hauptstadt bleiben, und nicht sofort nach Dynion zurückkehren würde, wenn er vom Angriff hörte.

"Was ist?", fragte ich ihn besorgt, sein alarmierter Ausdruck entging mir nicht. Er kniete vor mir, hielt mir eine Hand zum Aufstehen hin.

Ich ergriff sie und zog mich an ihm hoch, mein verletzter Arm stach ein wenig.

Draußen tobte ein Gewitter, das Rauschen des Regens war deutlich zu hören, Blitze erleuchteten immer wieder das Innere der Höhle.

"Was ist?", wiederholte ich dringlicher, als Ladon nicht antwortete.

"Jemand ist auf dem Weg hierher, er hat zwei Hunde dabei. Er ist bewaffnet, aber ich glaube nicht, dass es sich um irgendeinen Jäger handelt. Wir müssen gehen."

Ich fragte nicht weiter nach, vertraute Ladon. Das Schwert des Söldners nahm ich wieder an mich, wäre jetzt auch wieder in der Lage, es zu führen, da war ich zuversichtlich. Trotzdem würde ich lieber darauf verzichten, unsere Leben in Gefahr zu bringen.

Eilig verließen wir die Höhle, die die letzten Tage unsere Zuflucht gewesen war. Unsere Zuflucht, die jetzt nicht mehr sicher zu sein schien.

"Wohin geht ihr denn, bei diesem grausamen Wetter?"

Ich wandte mich um, zu unserem Verfolger, der zwischen der neben dem kahlen Baum stand, eine Kapuze über seinem Kopf, um sich notdürftig vor dem schüttenden Regen zu schützen, der mich bereits völlig durchnässt hatte.

Sein Gesicht sah ich kaum, aber das brauchte ich auch nicht. Ich erkannte die Aura. Glühende Flammen.

Legenden von Patria - Flammendes BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt