62 BUCH DREI - Ladon

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Wieder lief ich in meinen Gemächern auf und ab. Es ließ mir einfach keine Ruhe und hier im Palast eingesperrt zu sein, machte es nicht besser. Jeden Tag, jede Stunde kreisten meine Gedanken um Cieran und wie man seine Unschuld beweisen könnte. In der letzten Woche hatte ich bereits unzählige Gespräche mit den Lords und Ladies geführt, die laut Atarah am leichtesten davon zu überzeugen waren, dass Cieran unschuldig war. Immer mit der Hoffnung, ihre Unterstützung zu erhalten, immer mit der Angst, als Hochstapler entlarvt zu werden. Doch wie es momentan aussah, ohne jeglichen Erfolg.

Wütend warf ich eines der Kissen von meinem Bett quer durch das große Zimmer. Das durfte einfach nicht sein!

Ich hatte auch schon darüber nachgedacht, mich in die Kerker zu schleichen, um Cieran wenigstens zu sehen und mit ihm reden zu können. Vielleicht hätte er ja auch eine Idee, die uns weiterhelfen könnte. Aber es war zu riskant, wenn man mich dort erwischte, war meine Maskerade dahin und meine Freiheit noch dazu.

Außerdem war der Tag von Cierans Hinrichtung auch noch niemandem bekannt, Levian und Sir Blayd schienen die Sache hinauszuzögern, um von sich selbst abzulenken. Ich wusste also noch nicht einmal, wie viel Zeit mir blieb.

Atarah war mir leider nur eine mäßige Hilfe. Sie traf sich viel mit der trauernden Königin, ich sah sie kaum. Nur ab und zu flüsterte sie mir spärliche Informationen zu, die sie durch ihre Gespräche mit anderen Ladies herausgefunden hatte. Sonderlich hilfreich waren diese jedoch meist nicht.

Es war zum Verzweifeln!

In den Nächten saß ich oft hellwach auf dem großen Bett, dachte nach und vermisste Cieran. Ich vermisste ihn so sehr, dass es weh tat. Manchmal schloss ich die Augen, tastete nach dem magischen Band zwischen unseren Seelen und war erleichtert, es auch wirklich zu finden. Nur so wusste ich, dass Cieran noch am Leben war.

Wenn ich doch schlief, war es kurz und unruhig. Ich träumte von Cierans Hinrichtung, jedes Mal. Meist sah ich, wie gesichtslose Gestalten ihm einen Galgenstrick um den Hals legten, während ich nichts tun konnte, nur zusehen, wie sie ihn hängten. Dann schrie und weinte ich, bis ich von meinen eigenen Schreien aus dem Schlaf gerissen wurde.

Es klopfte an der Tür und ich stoppte, kehrte wieder in die Realität zurück. Ich blieb still, unsicher, ob ich überhaupt in der Lage war, mit irgendjemandem zu sprechen.

"Ladon, ich weiß, dass du da bist", schallte Atarahs Stimme von draußen durch die Tür und ich seufzte. Wenigstens musste ich vor ihr nicht so tun, als wäre ich irgendein Sohn von einem unbekannten Lord aus dem Süden.

"Komm rein", sagte ich und ließ mich rückwärts auf mein Bett fallen, starrte die Decke an. Ich hörte, wie Atarah eintrat und die Tür hinter sich wieder schloss.

"Es soll morgen geschehen", sagte Atarah. Sofort sprang ich auf, sah sie geschockt und voller Furcht an. Morgen. Morgen sollte Cieran hingerichtet werden. Für ein Verbrechen, das er nicht begangen hatte. Und ich hatte keinen Plan, wäre kaum in der Lage, ihn zu retten.

"Woher weißt du das?" Ich hoffte so sehr, dass sie sich irrte, dass ich mehr Zeit hatte.

"Die Königin hat es mir gesagt. Levian will es erst morgen kurz vorher bekannt geben, wahrscheinlich um mögliche Unruhen unter den anwesenden Lords zu vermeiden", erklärte Atarah, machte das letzte bisschen Hoffnung auf mehr Zeit zunichte. Ab jetzt war die Zeit gegen uns, gegen mich, gegen Cieran.

Ich ließ mich wieder auf das Bett sinken, meine Beine kaum noch in der Lage, mich zu tragen. Würde ich Cieran also morgen sterben sehen? Mein Herz drohte bereits beim bloßen Gedanken daran, in tausende Splitter zu zerbrechen.

"Was tun wir jetzt? Wir haben keine Zeit mehr, irgendwelche Lords auszufragen, geschweige denn, auf unsere Seite zu ziehen. Aber offenbar ist das alles, was wir tun können und ich hasse es. Wenn uns nicht sofort etwas einfällt, wird mir nichts anderes übrig bleiben, als ein Blutbad zu verursachen!"

Legenden von Patria - Flammendes BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt