~Funeral~

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Elina POV:

„Überraschung!" schrie Kara und fiel mir um den Hals. Ich hatte sie durch den Türspion gesehen und die Tür geöffnet, hätte ich es nicht getan hätte ich nicht gewusst, dass es Kara ist, die mir blitzschnell um den Hals fällt.
„Verdammt ist diese Farbe schwer!" flucht sie und trägt einen Maler Farbtopf ins Haus. In der anderen Hand hält sie ein Lackier-set.
„Was soll das werden?"
fragte ich sie.
„Ja was wohl?" sagt sie und hält das Lackier-set hoch.
„Ja ich verstehe, aber was willst du hier mit dem ganzen Maler kram?" verdeutlichte ich meine Frage.
„Ja was wohl? Mein Zimmer streichen!" sagt sie aufgeregt.
Ihr Zimmer?
„Kara ich verstehe nicht..." Ich sehe sie ahnungslos an.
„Du Dummerchen, ich bin eure Untermieterin."
Jetzt wurde mir so einiges klar.
Nettes Mädchen...
„Aber natürlich! Deswegen hat Papa sich gar keine Gedanken darüber gemacht, wen genau er bei uns wohnen lässt, weil es keinen Grund zur Sorge gibt! Perfekt! Das hätte nicht besser werden können. Na dann, hier entlang." sagte ich zu ihr. Ich freute mich Kara als Untermieterin zu haben.
„Keine Sorge, heute wird nicht gestrichen, ich wollte dieses Ding nur vorbei bringen. Euer Gästezimmer ist wirklich langweilig weiß. Ich habe mich für die Farbe Niagara entschieden. Was sagst du?"
„Super Entscheidung, Kara." nickte ich.
„Ich weiß gerade nicht, wie diese Dinger heißen, das legt man auf den Boden, ist Fließartig, damit der Boden nicht dreckig wird. Das besorgt Bastian und denk nicht das ich das hier mache, beim Umzug und Wände streichen helfen die Jungs." Ich lächelte.
Ich hatte mich schon gefragt, warum sie so übermotiviert mit einem Eimer Farbe rein spaziert.
„Komm wir haben zu tun!" sagte sie.
„Was?" fragte ich.
„Du musst etwas besser aussehen als jetzt, wenn du eine Rede hältst."
Sie schaute an mir hoch und runter. Ich hatte meine Schlafshorts und ein T- Shirt an und meine ungekämmten Haare waren das Highlight.
„Wie bitte?"
Was meint sie mit Rede?
„Heute ist die zweite Trauerfeier von Fr. Schütze und Sophia, sie wird extra für dich veranstaltet, natürlich musst du etwas sagen!"
Natürlich?! Warum sagt mir das keiner?
„Ich habe nichts vorbereitet."
„Ja sehe ich." seufzte sie.
„Komm ich habe auch einige Kleider in meinem Rucksack."
Er jetzt sah ich, dass sie selbst schon fertig war. Sie trug ein schwarzes Kleid, hatte ihre Haare streng nach hinten gebunden und hatte schwarze Ballerinas an.
„Worauf wartest du? Komm jetzt!" drängte sie mich. Ich folgte ihr.
Sie schmiss ihren Rucksack auf meinem Bett und holte ihre Kleider raus.
„Ich hatte direkt als ich dich gesehen hatte gemerkt, dass wir shoppen gehen müssen, du hast abgenommen. Dir passt deine Größe bestimmt nicht mehr. Ich trage eine Größe kleiner als du. Die müssten locker passen, komm probier es an." Sie hielt drei Kleider hoch, zwei davon waren Partykleider, die ich ihr wieder gab und sie verstaute sie stumm zurück in ihrem Rucksack. „Das sieht von der Größe etwas weiter aus, ich nehme es." Ich nahm das schlichte schwarze Kleid mit Spagettiträgern und verschwand ins Bad, kämmte mir die Haare und band sie einfach hinten zusammen. Dann zog ich mich aus. Ich hörte die Tür klingeln.
„Ich gehe schon!" hörte ich Kara rufen. Außer uns beiden war sowieso keiner im Haus. Papa ist mit Hazel und Leon spazieren und die müssen nicht klingeln, da sie die Haustürschlüssel haben. Ich schlüpfte in das Kleid und zog mir meine schwarze Strickjacke über.
Ich verließ das Bad und stieg die Treppen runter.
„Wer war da Kara?" fragte ich und sah jemanden an der Haustür stehen.
Helen.
„Oh mein Gott." sagte ich.
„Das selbe wollte ich auch gerade sagen." sagte sie und lächelte mich bedrückt an. Ich sah Karas verspannte Gesichtszüge.
„Ich wollte dich sehen und ich hatte gehört, dass heute eine Trauerfeier stattfindet. Ich konnte an Sophias nicht teilnehmen, da ich leider sehr beschäftigt war, aber ich dachte heute wäre es..."
Ich umarmte sie.
„Komm doch rein." sagte ich zu ihr.
„Ich bin oben." sagte Kara und ging an mir vorbei. Ohh das hieß nichts gutes.
„Das habe ich wohl verdient." sagte Helen.
„Komm setzten wir uns." sagte ich zu ihr und führte sie zum Esstisch.
Sie setzte sich.
„Ich wusste nicht mal, ob man mir die Tür aufmacht. Es ist alles so schnell passiert und ich bin mir sicher, dass alle sauer auf mich sind, obwohl man es dir nicht ansieht." Ich lächelte sie an.
„Ja, die anderen sind sauer, aber ich habe nichts mitgekriegt."
„Also haben Sie dir nichts erzählt?" fragt sie etwas erstaunt.
„Ich weiß nur, dass du anscheinend ohne Bescheid zu sagen, gegangen bist und das hat uns alle verletzt. Mich auch, da ich dachte ich sehe dich nie wieder, aber hier bist du." sagte ich.
„Ach ich rede zu viel, willst du etwas trinken?" fragte ich sie.
Sie schüttelte den Kopf.
„Nein danke." sagte sie.
„Ich habe sehr blöde Sachen gesagt, auch über dich und es tut mir leid. Ich will eigentlich auch nicht, dass man es dir erzählt, da die Worte unbedacht genutzt wurden und nur allen einen Stich ins Herz beschehrt haben. Ich habe übertrieben und es tut mir wirklich leid. Nach all dem konnte ich niemandem mehr in die Augen schauen und bin gegangen. Ich bin jetzt immer in Dortmund bei meiner Tante, da studiere ich jetzt auch. Meine Mama hatte mir gesagt, dass es heute hier stattfindet. Ich bin so froh dich zu sehen. Sophias Tod hatte mich so mitgenommen und ich hatte Angst die nächste schlimme Nachricht zu hören von deinem Tod, deswegen bin ich hier. Es ist mir nach dem Streit so einiges klar geworden. Ich habe dich jahrelang unfair behandelt. Ich wollte dich nicht in meiner Nähe, da ich es hasste dich mit Lucian zu sehen, jetzt ist mir klar, wie dumm das alles eigentlich war." lachte sie.
„Es tut mir so leid!" Sie legte eine Hand auf meine.
„Es tut mir sooo schrecklich leid. Es war eine Art Besessenheit. Lucian war attraktiv, da ich ihn nicht kriegen konnte. Du warst immer die gute Freundin, ich bin ein so schlechter Mensch. Ich kann... ich weiß nicht... ich..."
„Helen!" unterbrach ich sie.
„Ist schon gut." sagte ich beruhigend.
„Ich weiß, das es dir leid tut, vielleicht solltest du dich bei jemand anderem entschuldigen. Ihr wart beste Freundinnen, sie ist sehr verletzt" sagte ich zu ihr und sie nickte. Wir standen auf. Sie umarmte mich.
„Kann ich hoch gehen?" fragte sie mich. Ich nickte. Nach einigen Minuten kamen Helen und Kara runter, Kara schien immer noch ernst zu drauf zu sein.
„Wir sehen uns dann später." sagte Helen und ich nickte. Sie ging und ich sah Kara an.
„Sie hat mich um Verzeihung gebeten." seufzte sie.
„Mich auch." Sie seufzte wieder.
„Man kann einige Dinge nicht so leicht vergessen Elina. Ich glaube, dass weißt du besser als ich." Ich nickte.
„Klar. Verstehe ich, aber ich glaube das du ihr eines Tages verzeihen kannst, du liebst sie. Sie war deine beste Freundin, da waren viel Gefühle, Emotionen und schöne Erinnerungen involviert. Auf einmal ändert sie sich und vergisst die wichtigen Dinge, natürlich hat es dich verletzt. Das hat es alle, ich habe es gesehen. Das verstummen von Bastian, das ausrasten von Zachary und das *es ist nichts passiert* von Lucian. Ich bin mir sicher, da ist viel passiert, das zeigen mir eure Reaktionen, doch der der Verzeiht ist der stärkste. Der um Verzeihung bittet ist mutig und der vergisst, der ist am glücklichsten."
Kara nickte.
„Du bist zu Gutherzig, natürlich werde ich es irgendwann verdrängen. Um an etwas festzuhalten, dafür hat man nicht die Zeit." sagte sie leicht kopfschüttelnd.
„Wunden heilen, doch die Narben bleiben. Ich kann nie vergessen, dass sie mich im Stich gelassen hat. Das war der schlechteste Zeitpunkt den es je geben könnte. Ich meine, ich hatte es weniger von Bastian gedacht, das er bei mir bleibt. Bei Helen hätte ich das nicht mal denken können, aber so habe ich gesehen, wer es ernst mit mir meint." sagte sie fest. Harte Worte, aber wahr.
„Du weißt glaube ich nicht mal selber, was für ein großer Schatz Bastian ist. Er ist das wertvollste, was dir das Leben geben kann. Er ist das beste, was dir je passiert ist." Kara stiegen Tränen in die Augen.
„Das allerbeste!" bestätigte sie.
Sie umarmte mich.
„Ich bin froh dich zurück zu haben. Kannst du es vergessen, das was passiert ist?" fragt sie mich und ich lächele darauf.
„Weißt du, dass was passiert ist, ist ein Teil meines Lebens. Das was passiert ist, hat mir einen großen Zeitraum gestohlen und die Ereignisse wurden mir ins Hirn gebrannt. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder durchgehend jeden Tag gut schlafen kann. Es sind Dinge in meinen Erinnerungen, die kann ich nicht löschen, obwohl ich es will oder nicht. Sie werden immer ein Teil von mir sein und ich muss lernen mit ihnen zu leben. Jetzt denke ich noch jeden Tag an das was passiert ist. Ich hoffe, dass ich eines Tages nicht jeden Tag daran denken muss."
Kara nickte.
„Wow. Wie schnell sich die Welt für einen ändern kann oder?" fragte sie mich. Ich lächelte bedrückt.
„Ja wie schnell." stimmte ich zu.

Später:

Ich betrat gemeinsam mit meinem Papa und Hazel die Kirche und sah mich um. Vorne war noch eine Bank frei, sie war für uns gedacht. Auf der anderen Seite saßen Frau und Herr Nils. Ich sah einige bekannte Gesichter. Lucian, Bastian, Kara, Helen, Zachary, alle mit ihren Eltern. Martin, unsere Nachbarn und auch meinen alten Schuldirektor sah ich. Er kam sowieso jeden Sonntag in die Kirche. Ich war sehr nervös, wusste nicht, was ich sagen sollte.
Mein Vater lächelte mir ermutigend zu. Ich atmete erstmal tief ein und aus Anna winkte mir zu und ich hob leicht meine Hand.
Pater Peter begann den Gottesdienst und ich schaltete ab, wollte ihn nicht wirklich zuhören.
„Elina." hörte ich plötzlich Pater Peters Stimme, wischte mir meine aufgekommenden Tränen weg.
„Ja, Entschuldigung."
„Nicht doch. Du willst etwas sagen?" fragt er mich freundlich.
Ich nickte und stand zögerlich mit zittrigen Beinen auf und lief nach vorne.
„Guten Tag. Erstmal, danke das sie alle kommen konnten. Mein Beileid, Frau Nils. Herr Nils!" Sophias Mutter schluchzte und ihr Mann hielt sie.
„Sophia war ein toller Mensch, es gab eine Zeit, da gab es keine Person außer Sophia, der ich getraut hatte. Sie wusste immer alles über mich und umgekehrt war das auch so. Sie war meine beste Freundin und nicht nur das. Sie war wie eine Schwester für mich und für sie hätte ich alles getan. Ich kann es nicht fassen, dass sie nicht mehr unter uns ist, aber alles hängt von Gottes Willen ab. Ich bin mir sicher, dass sie Frieden gefunden hat und nun nach der Hölle auf Erden, im Paradies angelangt ist." Ich atmete tief ein.
„Sie hat viel in ihrem Leben gelitten und das was passiert ist war schrecklich und meiner Meinung nach ohne Worte. Meine Mutter hat eine Herzattacke erlitten als sie diese grausamen Nachricht erhielt. Sie war eine immer lachende, Glück teilende Frau. Manchmal fragte ich mich, woher diese ganze guten Laune herkamen."
Mein Vater lächelte.
„Sie war immer für mich da, hat mich sehr geliebt und mir immer weiter geholfen. Am meisten habe ich meine Mutter vermisst. Ich wollte am liebsten zu ihr rennen und mich in ihre Armen schmeißen. Ich brauchte ihre Wärme und Liebe..."
Ich stoppte, schluchzte und weinte.
„Ich wollte einfach nur nach Hause, wo sich meine Mutter um mich kümmern könnte. Jetzt wo ich zurück bin, ist sie plötzlich nicht mehr da. Das ist leider das Leben! Zum Glück habe ich meinen Vater und meine Schwester noch. Mama ich vermisse dich sehr und ich liebe dich so sehr, dass es weh tut. Ich hoffe es geht dir gut." sagte ich zum Schluss. In einigen Augen sah man jetzt Tränen.
„Zeit ist das kostbarste, was wir haben. Wir sollten sie nutzen um sie mit unseren liebsten zu verbringen. Nicht mit Streitigkeiten und Unstimmigkeiten, wir sollten auf unsere Gesundheit achten, unseren Liebsten liebe und Aufmerksamkeit schenken und anderen das Leben einfacher machen. Keiner von uns weiß, ob er morgen noch da ist und ob man morgen überhaupt noch lebt. Deswegen sollten wir unsere Zeit sinnvoll nutzen, den sie ist begrenzt."
Ich wollte diesen Appell auf jeden Fall aussprechen. Ich sah einige nickende Gesichter und mein Vater sah mich stolz an. Ich dankte nochmal allen für ihr Erscheinen und setzte mich wieder auf die Bank.
Später zündeten wir Himmelslaternen an, da es der Wunsch meiner Mutter war, irgendwann Himmelslaternen aufsteigen zu lassen. Es sah wunderschön aus. Ich lächelte und hatte das Gefühl, dass Mama und Sophia glücklich vom Himmel runter auf die Erde schauten.

Always my Slave, Sophia's HarmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt