Kapitel 48

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Ich öffne die Augen und vor mir sehe ich blankes Chaos. Überall kämpfen die verschiedensten Wesen gegeneinander und sich dabei gnadenlos. Wo ich auch hinsehe sind Blut, Verletze oder sogar Tote. Mein Magen schnürt sich zusammen und ich muss kurz den Würgereiz zurück drängen bei dem Anblick der brutal zugerichteten Körper. Einige haben sich in ihre menschliche Gestalt zurück verwandelt, Andere liegen in der Gestalt ihrer übernatürlichen Seite auf dem Boden und starren leblos in die Ferne. Mein Körper wird von einer Gänsehaut überzogen, als ich an mir herunter sehe. Auch mein Körper ist mit Blut überströmt, aber ein Blick auf die Klinge in meiner Hand verrät mir, dass es sich nicht um mein eigenes handelt. Wie viele Wesen habe ich wohl schon getötet? War ich grausam zu ihnen? Haben sie meine Freunde oder meine Familie verletzt? Bei diesem Gedanken drehe ich mich gehetzt um, suche die Umgebung nach vertrauten Gesichtern ab und erstarre. 

Ich kann förmlich fühlen wie das Blut in meinen Adern gefriert, als ich nur wenige Meter vor mir einen grau-braunen Wolf auf dem Boden liegen sehe. Über ihn gebeugt ist ein Leviathan und ich erkenne das grässliche grinsen sofort, Max. Ohne weiter darüber nachzudenken renne ich auf die Beiden zu und der Junge bemerkt mich. Bevor er sich jedoch wieder verwandeln kann stoße ich ihm die Klinge ins Herz und er sieht mich mit großen Augen an. „Ihr seid nicht besser als wir." sagt er noch und es kommt Blut aus seinem Mund gelaufen, bevor ich mein Katana wieder aus seinem Brustkorb ziehe und er zusammenbricht. Hass erfüllt starre ich kurz auf den orange äugigen Jungen herab, bevor ich mich umdrehe und mein Katana aus meiner Hand gleitet. 

Unter Leos Wolf liegt der leichenblasse, leblosen Körper von Kilian. Der Hexer konnte dem Leviathan wenig entgegen setzen und war für ihn ein leichtes Ziel. Ich wende meinen Blick erst von meinem toten Freund ab, als ein schmerzerfülltes Winseln an meine Ohren dringt. Mein Kopf fährt sofort hoch und ich sehe in die Augen von Kol, dem Wolf von Leo. Ich gehe vor ihm auf die Knie und er legt seinen Kopf an meinen, weshalb ich die Augen schließe. Mir ist bewusst, dass er sich von mir verabschieden will, denn ich kann die nicht zu übersehende tiefe Wunde an seinem Bauch nicht ignorieren, welche gar nicht erst die Anstalten macht sich zu schließen, nicht einmal versucht zu heilen. „Du kannst mich nicht verlassen, dass darfst du nicht. Ich brauche dich Leo, bitte." flüstere ich, obwohl mir bewusst ist, dass ich an der Tatsache nichts ändern kann. Als sich der Kopf des Wolfes von meinem entfernt reiße ich die Augen auf und sehe gerade noch wie sein Kopf auf dem Boden aufschlägt. 

Leo ist tot, einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben musste mich verlassen und das alles nur wegen dem Wahnsinn von Richard. Ich spüre wieder Hass in mir aufflammen und greife mein Katana. Keine Sekunde zu spät wie ich im nächsten Moment feststelle, denn ich höre einen Aufschrei und weiß genau, wem ich diesen zuordnen kann. Ich richte mich auf und suche nach der Person, etwa 100 Meter von mir entfernt hat sich ein Werwolf in Amy's Bein verbissen und versucht sie weg zu schleifen. Den Wolf erkenne ich nur zu gut, es handelt sich dabei um Chris, den Vater von Liam. Ich renne los um meiner Freundin zu helfen und muss dabei einigen Kämpfenden ausweichen, was mir mehr schlecht als recht gelingt. 

Kurz bevor ich bei den Beiden ankomme bemerkt mich der Wolf und lässt von dem Bein ab, nur um mich daraufhin anzuknurren. Gerade als ich in Angriffsstellung gehen will springt ein zweiter Wolf über mich drüber und landet unsanft auf dem Wolf von Chris. Der sandfarbene Wolf verbeißt sich im Vorderbein von Chris und bricht es ihm mit einer schnellen Kopfbewegung. Der verletzte Wolf jault auf, macht aber keine Anstalten sich zur Wehr zu setzen. Auch wenn er für Richard kämpft und wahrscheinlich so gut wie jeden hier töten würde, gehört sein Sohn nicht zu denjenigen. Liams Wut ist durchaus berechtigt, schließlich hat sein Vater gerade eben seine Mate angegriffen und ich bin mir sicher, dies wird der Mann mit seinem Leben bezahlen. Ich gehe schnell zu Amy und sehe mir ihr Bein an. 

„Es ist nicht so schlimm wie es aussieht." sagt diese gequält und ich starre sie kurz fassungslos an. „Aus deinem Bein läuft unaufhörlich Blut und ich kann deinen Knochen sehen." kommt es geschockt von mir und sie legt unter Schmerz verzerrtem Gesicht ihre linke Hand auf ihr Bein. Im nächsten Moment setzt ihre Heilkraft ein und sie kann ihre Hand wieder weh nehmen. Die Wunde an ihrem Bein schließt sich und nach ein paar Sekunden ist das Einzige, was noch auf eine Verletzung hinweisen könnte das Blut an ihrem aufgerissenen Hosenbein. Die Augen der Fee weiten sich, als sie auf die beiden kämpfenden Wölfe sieht und mit einem kurzen Seitenblick weiß ich auch weshalb. 

Liam setzt gerade zum letzten Angriff an, bei welchem er seinem Vater die Kehle aufreißen wird. Bevor er dies tut nehme ich Amy in den Arm und wende meinen Blick auch selbst ab, das muss ich mir nun wirklich nicht ansehen. Gefühlt eine Sekunde später werde ich von einer feuchten Nase an gestupst und sehe zu dem sandfarbenen Wolf. „Mach dir keine Sorgen, es geht ihr gut." sage ich und sehe an ihm vorbei zu dem toten Körper seines Vaters. Nach einem mitleidigen Blick meinerseits sieht der Wolf mich kurz traurig an, bevor er sich wieder in dem Kampf stürzt und seinem Alpha zu Hilfe kommt, welcher gerade Probleme hat alleine gegen 3 Harpyien anzukommen. „Bring dich irgendwo in Sicherheit, du musst hier weg." sage ich zu Amy, während ich aufstehe und sie mit mir hochziehe. „Ich werde hier nicht weg gehen bis der Kampf vorbei ist und dann werde ich Verletzte heilen." sagt sie trotzig und ich seufze ergeben. „Ich kann jetzt nicht mit dir diskutieren. Versteck dich wenigstens, damit dich nicht gleich jeder findet." kommt es von mir. Sie nickt und verschwindet in der nächsten Sekunde aus meinem Sichtfeld. 

Wo ist nur Richard dieser falsche Köter? Wenn er stirbt, dann hören die Anderen hoffentlich endlich auf zu kämpfen. Ich suche die Lichtung mit meinen Augen ab, kann ihn aber zuerst nicht finden. Stattdessen muss ich mich im nächsten Moment ducken, da ein gewisser Drache den Abstand zum Boden wahrscheinlich falsch eingeschätzt hat und mich fast platt gemacht hätte. „Verdammt Tyler pass gefälligst auf wo du hinfliegst." Nachdem ich mich wieder aufgerichtet habe suche ich erneut nach Richard und als ich ihn gefunden habe bleibt meine Welt kurz stehen. Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen und ich kann nicht atmen. Er fängt meinen Blick ein und lässt den Nacken des Wolfes los, in welchem er sich gerade verbissen hatte. Unfähig mich zu bewegen sehe ich dabei zu, wie Damians Körper leblos zu Boden fällt und immer mehr Blut sein hellbraunes Fell verfärbt. 

Wie kann er nur? Weshalb macht er so etwas? Wie kann ein Vater nur seinen eigenen Sohn kaltblütig töten? Ich lasse mein Katana fallen und höre das Blut in meinen Ohren rauschen. Im nächsten Augenblick stehe ich nicht mehr auf zwei Beinen, sondern auf 4 Pfoten und gebe ein so gewaltiges Knurren von mir, dass es mit einem Male still auf der Lichtung wird. Die Wesen hören auf zu kämpfen und sehen regungslos zwischen Richard und mir hin und her. Wir gehen aufeinander los und der Kampf zwischen zwei Alphas beginnt von Neuem. 

Nach einem Ablenkungsmanöver verbeißt er sich in meinem Rücken, aber ich kann ihn abschütteln. Ich spüre das warme Blut aus der Wunde laufen, aber das ist mir egal. Ich will nur den Wolf vor mir töten, ich muss ihn töten. Im nächsten Moment geht alles ganz schnell. Ich schieße auf ihn zu und packe ihn an seinem linken Hinterbein, in welchem ich mich verbeiße, breche es wie Liam vorhin bei seinem Vater und drehe Richard auf den Rücken. Gerade als ich ihm die Kehle zerfetzen will höre ich einen Schuss und alles um mich herum wird schwarz. 

Erwachen des FuchsesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt