Kapitel 55

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„Was willst du denn, Lija?" fragt er um einiges netter als vorher und ich muss meinen Würgereiz unterdrücken. Der Mann ist so abstoßend. „Ich will reden. Es muss zu keinem Kampf kommen. Können wir uns denn nicht so einigen?" antworte ich mit fester Stimme und unterdrücke dabei die Abscheu, welche in meinen Worten mitschwingen will. Auf der Gegenseite ernte ich für meine Aussage leider nur Lacher von Chris, Richard und den Jägern, während die Schattenwesen mich interessiert mustern. „Was sollst du schon anzubieten haben? Wir werden uns das Land erkämpfen, welches uns zusteht." sagt der blonde Jäger mit Hass in der Stimme und ich sehe ihn emotionslos an. „Wollt ihr dafür wieder unschuldige Kinder töten?" frage ich ihn, sehe dabei aber zu Richard. „Das du dich nicht schämst." füge ich an ihn gewandt hinzu und sein Blick mit gegenüber wird härter. „In deinem Alter verstehst du das noch nicht." kommt es von ihm, aber ich lasse mich nicht so abspeisen. „Dann erkläre es mir." entgegne ich und sehe ihn abwartend an. 

„Ich tue das zum Wohle der übernatürlichen Wesen..." beginnt er seinen Satz, doch ich unterbreche ihn schnell. „Zum Wohle unserer Völker erklärst du uns den Krieg und drohst uns zu töten?" frage ich kopfschüttelnd und seufze. „Mit dir zu reden ist sinnlos, das gilt auch für dich." sage ich erst an Richard und dann an den blonden Jäger gewandt. „Was willst du dann machen?" fragt Chris gehässig und ich muss mir ein Augenrollen verkneifen. „Ich rede lieber mit euren Begleitern." antworte ich Liams Vater kalt und erwidere seinen abschätzigen Blick. „Was willst du denn von denen?" fragt Richard lachend, aber ich gehe nicht darauf ein. 

„Ich will euch eine Zukunft bieten. Ein Leben ohne Angst und Unterdrückung. Ich will den Traum meines Urgroßvaters wahr werden lassen, alle Wesen sollen in Harmonie miteinander leben können. Begriffe wie Schattenwesen oder Lichtwesen kümmern mich nicht, wir sind alle übernatürlich, daher sind wir auch miteinander verbunden. Natürlich gibt es schwarze Schafe in den Reihen der Schattenwesen, aber wie wir hier eindeutig sehen können gibt es auch bei anderen Kreaturen bösartige Leute. Ich möchte euch dennoch anbieten in unserem Rudel Leben zu können und ich kenne auch andere Rudel, die euch dies nicht verweigern würden." mit diesen Worten richte ich mich an die übernatürlichen Wesen auf Richards Seite und kann sehen, dass meine Worte nicht spurlos an ihnen vorbei gehen. „Leere Worte und Versprechungen." sagt Richard abwehrend und ich schüttle nur den Kopf. „So wie deine leeren Versprechen ihnen ein freies Leben zu schenken, obwohl sie dabei in deine Tyrannei geraten?" fragt Vasco hinter mir und sein Vater sieht ihn böse an. 

„Habt ihr auch Beweise für eure Worte?" fragt Max und ich kann ihm deutlich ansehen, dass er mit sich kämpft. Der arme Junge hat seine eigene Familie geopfert nur um festzustellen, dass es eine andere Möglichkeit gibt. „Natürlich habe ich Beweise, schließlich bin ich nicht dumm genug davon auszugehen, dass ihr die Worte einer euch vollkommen fremden Person glaubt. Ich habe jetzt schon Schattenwesen auf meiner Seite und sie wurden vom Alpha persönlich dazu eingeladen in unserem Rudel zu leben." antworte ich dem orangeäugigen Jungen und keine Sekunde später beginnt ein wildes Stimmengewirr unter den Schattenwesen. „Und wo sind diese Wesen?" fragt Richard provozierend und seine Verbündeten verstummen. „Du kannst sie gerne selbst fragen, schließlich habe ich sie mitgebracht." antworte ich und er wird blass. 

„Sophie, würdest du den Zauber bitte aufheben." füge ich an meine Freundin gewandt hinzu und diese nickt mir lächelnd zu. Sie sagt ein einfaches „Lösen" und die Schattenwesen auf unserer Seite sind für die Anderen erkennbar. Unsere Gegenseite zieht hörbar die Luft ein, als sie unsere Verbündeten sehen und ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. „Es ist wahr. Lija und Vasco haben uns Beide unabhängig voneinander angeboten in ihrem Rudel zu leben." sagt Hestia mit ungewohnt fester Stimme und tritt selbstbewusst neben mich. „Es gibt auch noch weitere Alphas, welche dieses Angebot gemacht haben und sie haben dabei kein Wesen ausgeschlossen. Wir sind nicht hier um den Krieg zu verhindern, sondern um ein sinnloses Blutvergießen abzuwenden, welches niemandem etwas bringen würde." fügt Maria hinzu und tritt neben die Phönix. Bei dem Gesichtsausdruck von Richard als er Maria erkannt hat muss ich mir wirklich das Lachen verkneifen. 

„Ihr meint es wirklich ernst?" fragt eine Frau aus den Reihen unserer Gegner und ich sehe mitfühlend zu ihr. „Natürlich meinen wir das Ernst. Im Namen meines Urgroßvaters Isak Parker verspreche ich euch dafür zu sorgen, dass ihr frei leben könnt und keine Angst mehr um euer Leben haben müsst." antworte ich und sehe in geschockte Gesichter. „Du hast nicht gesagt, dass wir uns gegen Isaks Blutlinie stellen, dann werde ich nicht kämpfen. Dieser Mann hat mehr für unser Volk getan als du es je könntest und als direkter Nachfahre sind ihre Worte glaubhafter als deine." sagt Max aufgebracht und ich lächle dem Leviathan kurz zu. Einstimmiges Murmeln macht sich in Richards Reihen breit und nach und nach stimmen die Wesen dem Jungen zu. 

„Sie wollen nicht für Richard kämpfen." „Das ist unsere Chance. Er wird es nicht auf einen Kampf ankommen lassen, wenn er so unterlegen ist." Richard und den Jägern entgleiten die Gesichtszüge, ihre Trumpfkarte hat sie soeben verlassen. „Wie könnt ihr es wagen euch gegen uns zu stellen!" brüllt einer der Jäger über das Feld und zieht seine Waffe. Blitzschnell ist ein Pfeil gezogen und er spannt die Sehne seines Bogens. So schnell wie der Schuss kommt wäre Max nicht mehr in der Lage auszuweichen oder den Schuss abzuwehren. Als ich dies feststelle ziehe ich mein Katana, richte es aus und lasse einen Blitz aus ihm schießen. Kurz bevor der Pfeil den Jungen treffen kann wird er von meinem Blitz getroffen und zerfällt zu Asche. Dadurch habe ich die Aufmerksamkeit aller Anwesenden. 

Durch meine Wut habe ich mich verwandelt und stehe nun als Kitsune vor ihnen. „Wie kannst du es wagen einen wehrlosen, nicht verwandelten Jungen anzugreifen? Ihr Jäger seid wirklich ehrlos." speie ich ihm wütend entgegen. Ich bereite mich schon auf einen erneuten Angriff vor, als sich eine Hand auf meine Schulter legt. „Lija, beruhige dich." flüstert Vasco und ich verwandle mich langsam zurück. „Du sagtest sie kann sich nicht verwandeln." kommt es aufgebracht von dem blonden Jäger und ich grinse abfällig. „Überraschung" sage ich und fixiere immer noch den Jäger, welcher seinen Bogen langsam wieder runter nimmt. „Sie hat ein Schattenwesen beschützt. Ich glaube nicht, dass ihr noch mehr Beweise als diesen benötigt. Lija meint ihre Worte ernst, ihr habt hier einen starken Fürsprecher für euch gewonnen." kommt es von Mom, welche lächelnd neben mich tritt und nun kann ich eine Veränderung in der Körpersprache des blonden Jägers erkennen. 

„Ophelia, bist du es wirklich?" fragt er und Richard sieht verwirrt zu ihm, wie auch alle Anderen. Meine Mutter nickt nur lächelnd und der Jäger lässt auch endlich seine gezogene Waffe sinken, auch wenn ich nicht wirklich verstehe weshalb freut es mich dennoch. „Mom, was ist denn jetzt los?" frage ich sie verwirrt und der Jäger sieht überrascht zwischen uns hin und her. „Das ist deine Tochter?" fragt er meine Mutter, welche meine Frage gekonnt ignoriert. „Ja Michael, Lija ist meine Tochter." antwortet Mom dem Jäger und ich verstehe jetzt gar nichts mehr. „Hätte vielleicht einer von euch Beiden die Güte uns in euer Gespräch einzuweihen?" frage ich etwas aufgeregt und sehe mit den Händen fuchtelnd zwischen den Beiden hin und her. 

„Wir Jäger werden nicht kämpfen." bekomme ich von diesem Michael nur als Antwort, was mich nicht zufrieden stellt. Richard scheint auch nicht begeistert zu sein, denn sein Kopf färbt sich rot vor Wut und er sieht den Jäger finster an. „Was willst du mir damit sagen?" fragt der ehemalige Alpha gefährlich ruhig, aber Michael hält seinem Blick problemlos stand. „Es bedeutet wir Jäger kämpfen nicht für dich Richard. Diese Frau hat meinen kompletten Clan, meine Familie und Freunde gerettet und ich wusste bis jetzt nicht wie ich mich dafür erkenntlich zeigen kann, aber nun ist es mir klar." erklärt der blonde Jäger. „Das hättest du uns auch früher sagen können." flüstere ich Mom zu und verdrehe etwas die Augen. 

„Ich brauche euch alle nicht, die Anderen werden schon Erfolge verzeichnen." knurrt Richard und man kann ihm in diesem Moment den Wahnsinn ansehen. „Du meinst deine Verbündeten, welche auf unsere Verbündeten treffen, die mit deinem Angriff nicht nur rechnen, sondern auch perfekt darauf vorbereitet sind und sie gleiche Einstellung wie ich haben?" frage ich den Mann und es wird still auf der Lichtung. 

Erwachen des FuchsesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt