14. Kapitel

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Harry steht vor der Tür und an die Wand des Flures gelehnt, als O'Donnel mich entlässt. „Und? Was sagt er?" - „Alles gut." Harry lächelt zufrieden. „Musst du das denn jetzt öfter machen? Also als Enforcer einspringen?" möchte er dann wissen und meine Laune schlägt augenblicklich um. „Vielleicht." weiche ich aus. Sehr wahrscheinlich sogar. Ich muss Coach Warren mal fragen, wann Miller wieder da sein wird. Vielleicht könnte ich mich ja auch mit ein oder zwei anderen Spielern abwechseln? Es wird sich doch bestimmt jemand finden, der sich sich dafür bereit erklären würde. Die Anderen warten schon am Bus. Kenny fragt mich kurz, wie es mir geht, bevor wir einsteigen. Sobald ich sitze, merke ich, wie die Müdigkeit mich überkommt. „Willst du gleich noch kurz zu mir rüber?" fragt Harry mich dann plötzlich.

„Was? Wieso das?" irritiert sehe ich ihn an. „Naja, du warst der einzige, der nicht duschen war, weil du verletzt wurdest und weil deine Dusche kaputt ist, dachte ich... du duscht eben bei mir." erklärt er. Ich nicke leicht. Daran habe ich gar nicht mehr gedacht. „Stimmt, da war ja was." murmle ich. Im Hotel angekommen, hole ich schnell meine Sachen und verschwinde dann in Harrys Badezimmer. Die Wärme auf meinem Körper entspannt meine Muskeln, aber ich zische auf, als das Wasser meine Stirn berührt. Als ich mir mein Duschgel nehmen möchte, fällt mir auf, dass ich es, wie gestern auch schon, drüben gelassen habe. Mir bleibt also nichts anderes übrig, als wieder Harrys zu nehmen. Es riecht gut. Das habe ich gestern schon festgestellt. Ehe ich darüber nachdenke, rieche ich auch an seinem Shampoo. Gestern hat mich das nicht sonderlich interessiert, aber ich mag auch diesen Geruch und wenn so seine Haare riechen, dann - Ich stöhne lautlos auf und schüttle den Kopf. Mache ich mir darüber gerade wirklich Gedanken? Offenbar schon.

Ich zwinge mich schließlich, das Wasser abzustellen und aus der Dusche zu steigen. Duschgedanken sind doch scheiße. Wieder angezogen verlasse ich das Badezimmer und sobald ich die Tür aufschlage, kommt mir der Geruch von Essen entgegen. Wie auf Kommando knurrt mein Magen. „Ich gehe davon aus, du hast Hunger?" fragt Harry mich darauf schmunzelnd. „Ich war so frei, den Zimmerservice zu bestellen." fügt er dann hinzu und erst jetzt sehe ich den Servierwagen im Zimmer stehen. „Du hast die Wahl zwischen Spagetti mit Lachs oder einem vegetarischen Auflauf." - „Das mit Lachs!" antworte ich sofort grinsend und öffne die beiden Bierflaschen, die daneben stehen. Harry stellt die Teller hin und ich setze mich. Das Essen ist fantastisch. „Hast du gut ausgesucht." meine ich und er lächelt. „Ich hoffe doch. Ich wusste nicht so recht, was du magst." - „Das ist perfekt." erwidere ich sofort und trinke einen Schluck. Dann hält Harry plötzlich inne und sieht sich um. „Was ist?" frage ich verwirrt, aber da ist er auch schon aufgestanden. Bevor ich noch einmal fragen kann, hat er das Teelicht von der Fensterbank genommen, das in jedem Zimmer steht, und es in die Mitte des Tisches gestellt.

„Jetzt haben wir ein Candle-Light-Dinner." sagt er zufrieden. Amüsiert sehe ich ihn an. „Du hast also den Zimmerservice bestellt, um still und heimlich den Abend zu einem Date zu machen?" - „Ich habe nur gesagt, dass es ein Dinner ist." korrigiert er, aber ein provokanter Unterton spielt in seiner Stimme mit. „Aber wenn du es als ein Date ansehen möchtest, tu dir keinen Zwang an." - „Dinner passt schon." erwidere ich frech und er mustert mich für einen kurzen Augenblick. Ich würde lügen, wenn ich jetzt behaupte, ich mir würde kein Schauer über den Rücken laufen, aber sagen muss ich es auch nicht. „Wie sauer wärst du denn, wenn ich es als Date inszenieren würde?" - „Kommt wohl darauf an, wie der Abend läuft." spiele ich mit und lächle scheinheilig. Harry befeuchtet seine Lippen und trinkt dann einen Schluck.

„Machst du das denn so? Ein Date erst anzufangen, bevor du der anderen Person bekannt gibst, dass es ein ist?" - „Kommt wohl darauf an, wer diese Person ist." antwortet er im gleichen Tonfall, wie ich gerade. Er weiß, dass er mich damit provozieren kann. Und er weiß, dass es klappt. Es macht mir Spaß, keine Frage, doch in meinem Kopf wird immer präsenter, dass ich das hier nicht tun sollte; nicht wenn ich Teil der NHL bleiben will. Gleichzeitig frage ich mich aber, wer denn bitte mitbekommen sollte, dass ich nicht in meinem Zimmer bin, sondern eben hier? „Nachtisch?" fragt Harry dann auf einmal und ich werde aus meinen Gedanken gerissen. „Ähm... was gibt's denn?" - „Was hättest du denn gerne?" fragt er und ich denke in die ganz falsche Richtung. Harry fängt an zu lachen. „Gut zu wissen, dass das eine Option wäre, aber eigentlich habe ich Tiramisu bestellt." - „So offensichtlich woran ich gedacht habe?" - „Möglich. Vielleicht habe ich aber auch gerade nur geblufft." erwidert er und ich verstehe, dass ich ihm mit der Frage gerade seine Vermutung endgültig bestätigt habe, egal ob geblufft oder nicht. „Ich nehme gerne etwas von dem Nachtisch. So etwas Süßes, kann ich jetzt wirklich gebrauchen!" lächle ich allerdings nur und bemerke, dass er kurz zögert, bevor er uns beiden je einen Teller hinstellt. Natürlich habe ich es bewusst so formuliert, dass man meinen könnte, ich meine ihn, aber ihm sagen, ob es nun so war oder ich tatsächlich das Tiramisu gemeint habe, werde ich nicht.

„Sag mal, darf ich dir eine Frage stellen?" unterbricht er dieses, nennen wir es Spielchen, plötzlich. „Sicher." irritiert sehe ich ihn an. Was ist denn jetzt los? „Du bist nicht hetero, oder?" möchte er dann wissen. „Ich meine, ich flirte ganz offensichtlich mit dir und ich bin ziemlich sicher, dass du mich nicht abblockst. Also machst du das nur zum Spaß oder um es einfach mal auszuprobieren oder stehst du tatsächlich auf Männer?" Ich schlucke. „Du bist für die Pressearbeit zuständig." Irritiert sieht er mich an. „Was hat das denn jetzt damit zu tun?" - „Ich weiß, du bist neu in diesem Job, aber ich bin doch ziemlich sicher, du hast noch nie von einem Eishockeyspieler gehört, der bi oder schwul oder sonst etwas ist, was nicht hetero ist." Harry lehnt sich zurück. „Und das bedeutet?" - „Dass ich meine Karriere nicht aufs Spiel setzen werde."

Für einen Moment lang ist Harry still. „Ich arbeite gerade nicht." - „Das tut nichts zur Sache." unterbreche ich ihn sofort und lege meinen Dessertlöffel weg. „Aber flirten geht, ja?" - „Du hast das Abendessen doch bestellt und das Teelicht dann auf den Tisch gestellt!" erwidere und verschränke die Arme vor der Brust. Harry schweigt für einen Moment, sieht mich aber die ganze Zeit an. „Wenn du dich unwohl fühlst, dann geh." sagt er dann mit fester Stimme. „Ich habe nie gesagt, dass ich mich unwohl fühle, ich habe nur klargestellt, dass ich mich nicht bezüglich meiner Sexualität äußern werde. Angenommen ich würde mich tatsächlich outen; dann kann ich meine Karriere an den Nagel hängen; wenn ich jetzt sage ich bin hetero, heißt es von der Presse, ich würde mich verstecken und hätte einen Skandal und vermutlich einen Shitstorm am Arsch kleben. Können wir also bitte nicht mehr darüber sprechen?"

Harry seufzt. „Wenn du meinst. Du weißt aber, dass ich niemandem was sagen würde?" - „Es geht ums Prinzip, Harry. Und außerdem; wie soll ich das wissen? Ich kenne dich jetzt wie lange? Zwei Wochen? Ich glaube nicht, dass man behaupten kann, ich wüsste so richtig, wer du bist." Er greift hinter sich und stellt zwei neue Bierflaschen auf den Tisch. „Gut, da muss ich dir wohl Recht geben, aber dann frag mich doch einfach die Sachen, die du wissen möchtest." - „Wer sagt denn, dass ich etwas wissen möchte?" - „Also sitzt du den ganzen Abend hier, ohne dass du dich im geringsten für mich interessierst?" - „Vielleicht hatte ich ja auch einfach nur Hunger." lächle ich und öffne das neue Bier. Harry tut es mir gleich.

„Es macht Spaß mit dir zu flirten. Wenn ich das noch so nennen darf." meint er dann. „Oder mich mit dir zu unterhalten, wenn du es lieber so nennen willst." fügt er schnell hinzu und ich kann nicht anders, als zu lächeln. Harry bemerkt das und schmunzelt. „Mir hat das... Dinner wirklich gut gefallen." meint Harry, bevor ich die Tür zum Flur öffne. „Schlaf gut, Louis." - „Du auch." sage ich schnell und wende mich ab, bevor noch die Möglichkeit entsteht, die ganze Nacht hier zu bleiben. Den Servierwagen stellt er vor die Zimmertür auf den Flur, als ich mich verabschiedet habe. Ich bin verdammt müde und morgen geht der Wecker leider recht früh, denn es geht zurück nach Tampa. Nur ein paar Minuten später, falle ich in das Hotelbett. Eigentlich sieht das Zimmer genauso aus, wie Harrys, nur spiegelverkehrt. Trotzdem fühlt es sich befremdlich an. Eigentlich bin ich daran gewöhnt, in Hotels zu übernachten und es ist keine Besonderheit mehr, aber diesen Abend brauche ich eine ganze Weile, bis ich endlich zur Ruhe komme und einschlafe.

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Meint ihr, das geht als Date durch? Und wie fandet ihr die Aktion mit der Kerze? Könnt ihr Louis' Ansichten verstehen, oder übertreibt er?

Love, L

LightningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt