6. Kapitel

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Ich komme fast zeitgleich mit Liam dort an, Zayn folgt kurz danach und kaum fünf Minuten später ist die Mannschaft vollzählig. Wie immer wurde ein separater Raum gebucht, eine lange Tafel ist aufgebaut und der Vorstand wartet schon drinnen. Harry schneit durch die Tür, als ich mich gesetzt habe und für einen Moment starre ich ihn einfach nur an. Alle hier tragen hier schlichte Farben, aber sein Hemd ist pink. Knallpink. Außerdem trägt er keine Krawatte, was es aber nicht weniger professionell aussehen lässt. Er lächelt kurz, sieht mich dabei an und ich könnte schwören, ich habe zusammengezuckt. Verflucht. Dann geht er zu Warren und Mister Johnson, begrüßt sie freundlich und wird den Sponsoren vorgestellt, die hinter ihm durch die Tür gekommen sind.

„Wieso muss der Kerl keine Krawatte anziehen?" fragt Ian mich leise und zerrt an seinem Kragen. „Finger weg!" zischt Liam leise und würde ihm wohl am liebsten auf die Finger hauen. „Keiner von uns mag diese Aufzüge sonderlich, aber das da vorne sind alles Geldgeber, also benimm dich. Von denen ist abhängig, ob der Club weiter bestehen kann." erklärt er leise und Ian schluckt. „Das setzt ihn jetzt auch gar nicht unter Druck." stelle ich amüsiert fest. Liam zuckt mit einer Schulter. „Wir müssen da alle durch, also Ian, reiß dich zusammen." Stumm nickt er und trinkt einen Schluck Wasser.

Es ist ein ausgewähltes Dreigänge-Menü und die Vorspeise wird schon kurz nachdem alle angekommen sind, serviert. Mister Johnson unterhält ich mit einigen der Sponsoren. Ich sehe zu Mister Styles. Er sitzt mir schräg gegenüber und wickelt eine der wenigen Frauen an diesem Tisch gerade um seinen Finger. Flirten kann er, soviel steht fest. Sie ist eine der Hauptgeldgeberinnen. Sie führt ein hier ansässiges, großes und erfolgreiches Unternehmen und unterstützt den Club schon seit Jahren. Harry redet mit ihr, als wären sie schon ewig befreundet, dann lacht sie plötzlich leise und ich traue meinen Augen nicht. Wie schafft er es bitte, sie so einzulullen?

Immer noch skeptisch wende ich meinen Blick ab. Soll er doch machen, immerhin ist es nur gut für den Club und es scheint ja zu klappen. Der Nachmittag zieht sich in den Abend rein. Dass wir Spieler hier sind ist eigentlich ziemlich unnötig, aber der Vorstand besteht darauf. Die Sponsoren sollen sehen, in wen sie so viel Geld investieren. Meiner Meinung nach, wäre es dann zwar sinnvoller, zu den Spielen zu kommen, aber ich habe zu dem Thema sowieso nichts zu melden. Es geht viel ums Geld, ums Geschäft, wenig um Eishockey selber. Ich blicke zu Zayn und merke, dass er im Prinzip auch nur darauf wartet zur Bar aufzubrechen. Mir geht es nicht anders.

„Wie lange spielt ihr eigentlich alle schon Eishockey?" fragt Harry dann plötzlich und sieht durch die Runde. „Schon immer." antwortet Ian sofort grinsend. „Mein Dad war auch Spieler und sobald ich laufen konnte, ist er mit mir im Winter in die Eishalle gefahren und hat mir eislaufen beigebracht." erzählt er. „Dein Vater war Spieler? Jemanden, den man kennt?" frage ich überrascht und Ian zuckt mit einer Schulter. „Vielleicht, ich will eigentlich keine große Sache draus machen." - „Also?" fordert Liam nun auch und Ian seufzt. „Ernsthaft, dann heißt es am Ende nur, ich bin deswegen in die NHL gekommen." - „Ach was, du spielst gut." winkt Zayn ab. „Wenn er doch nicht will." wirft Mister Styles ein. „Hast du einen Kugelschreiber?" frage ich Liam leise. Verwundert sieht er mich an, aber kurz danach gibt er mir einen. Ich schnappe einen der Restaurantfyler, die hinter mir auf der Fensterbank liegen und reiche sie Ian. „Unterschreibst du mal kurz darauf? Ist für die Autogrammkarten." - „Was?" - „Die Unterschrift darf nicht zu lang oder zu hoch sein, nur dass du es schon einmal weißt." antworte ich schnell und er tut es.

Grinsend schnappe ich mir den Flyer und in dem Moment versteht er es auch. „Verdammt, das war unfair!" beschwert er sich, aber das interessiert mich gerade nicht. Liam und ich sehe auf die Unterschrift, aber es ist kaum etwas lesbar. „Ihr könnt es nicht lesen." stellt er fest und schmunzelt. „Ist das ein A?" - „Nein, ein H." überlegt Liam und wir starren auf das Papier. „Sicher?" - „Ziemlich..." nickt Liam nachdenklich. „Lasst es einfach sein." brummt Ian. „Ich hab den Nachnamen meiner Mutter, also könnt ihr es daran nicht erkennen." gibt es dann zu. „Und das sagst du nicht früher." Zayn sieht ihn genervt an.

„Seid wann spielst du, Louis?" fragt Styles mich dann und lenkt somit das Thema um. „Seid meiner Grundschulzeit. Erst immer nur mit Freunden auf einem zugefrorenen See, dann hat meine Mum beschlossen, mich in einen Verein zu schicken." erzähle ich. „Aber anders als Ian bin ich nicht direkt in die NHL aufgestiegen." antworte ich provokant. Der Rookie verdreht die Augen. „Ich habe erst in der EIHL gespielt." Fragend sieht er mich an. „Elite Ice Hockey League. Das ist die Liga in England. Sheffield hat mich unter Vertrag genommen und vor zwei Jahren hat Tampa mich abgeworben." - „Dann bist du Engländer." stellt er fest. „Ja, wieso?" - „Ach ich komme auch von dort, zumindest theoretisch." meint er und überrascht sehe ich ihn an. „Sie sind doch niemals Engländer." - „Doch." - „Wie trinken Sie Ihren Tee?" frage ich und er sieht kurz hilfesuchend zu meinen Kollegen, aber die wissen es natürlich auch nicht. Woher auch? „Ich mag eigentlich lieber Kaffee." Kopfschüttelnd, aber schmunzelnd blicke ich ihn an. „Sag ich doch."

„Nicht alle Engländer trinken Tee." - „Nicht alle, die dort geboren sind, sind auch wirklich Engländer." kontere ich und er seufzt. „Was wäre denn die richtige Antwort gewesen?" - „Nicht Kaffee." erwidere ich provokant. Der Nachtisch wird serviert. Zayn erzählt davon, dass seine Familie wohl zum nächsten Spiel kommt. Ich freue mich für ihn, doch gleichzeitig muss ich an meine Heimat und die Menschen dort denken, die tausende Kilometer weit weg sind. Meine Mum war bisher nur bei zwei Spielen, hier rüber zu fliegen schafft sie zeitlich nicht und meine Geschwister gehen entweder noch zur Schule oder selbst zur Uni. Da bleibt wenig Zeit, um mal eben für ein Eishockeyspiel einen Abstecher über den Teich zu machen.

„Vielleicht werde ich auch da sein." antwortet Mister Styles daraufhin. „Vielleicht?" fragt Ian. „Wenn ich mit der Arbeit schnell durch bin. Ich war heute den ganzen Tag damit beschäftigt einen neuen Fotografen für morgen aufzutreiben, der andere ist krank geworden, also ist ein bisschen was liegen geblieben, ich hoffe, ich bekomme das aufgeholt." - „Du solltest kommen." meint Liam dann. „Oh und gleich gehen wir noch ins Hattricks. Das ist unsere Stammbar, komm doch mit." Irritiert sehe ich zu Liam. „Seit wann wird die Gästeliste über das Team hinaus erweitert?" - „Jetzt hab dich nicht so. Harry ist neu und außerdem ganz cool drauf." Ich verdrehe die Augen. Und ist das der Grund, ihn direkt einzuladen mitzukommen?

„Gerne, also wenn das fürs Team okay ist." er blickt kurz zu mir und ich merke, dass Liam mich erwartungsvoll ansieht. „Klar."

Damit ist es beschlossene Sache und wenig später machen wir uns auf den Weg. Kaum sind wir um die Ecke, ziehe ich meine Krawatte aus. Wurde ja auch Zeit. Die meisten machen das, bis wir an der Bar ankommen. Der Tisch war reserviert und kaum sitzen wir, wird auch schon die erste Rund Bier serviert. „Wir brauchen noch eins mehr." sage ich schnell und die Kellnerin nickt. Ich schiebe Mister Styles mein unberührtes Glas zu. „Ich werde echt nicht schlau aus dir. Erst willst du mich nicht dabei haben und jetzt bist du wieder so freundlich." Er sitzt mir gegenüber. Ich verdrehe die Augen. „Sag doch einfach danke." - „Siehst du, genau das meine ich. Oh und sprichst mich immer noch nicht mit Harry an. Du bist übrigens der einzige aus der Mannschaft, der das nicht tut." - „Na und? Das ist ja auch unprofessionell." - „Ach was. Ich nenne dich doch auch beim Vornamen." Ich zucke nur mit den Schultern. „Und wenn ich darauf bestehe?" fragt er mich dann. „Ernsthaft jetzt?" - „Absolut." nickt er. „Wenn du, das unbedingt willst, Harry." lenke ich ein und er lächelt zufrieden.

Im Prinzip ist es mir auch egal, ob ich ihn jetzt Harry oder Mister Styles nenne. Viel werden wir uns Zukunft sowieso nicht miteinander zu tun haben, zumindest nicht persönlich. Als ich mein Bier bekomme, stoßen wir an. Jetzt beginnt der Abend erst richtig. Wir schaffen es nicht unbedingt oft hier her, aber wenn, dann ist es immer cool. Der Alkohol fließt, Ian gibt eine Runde Shots aus und die Striche auf den Bierdeckeln werden immer mehr. Harry ist angetrunken, aber ich bin es auch. Er hat sein Jackett ausgezogen und fällt mit dem pinken Hemd hier drinnen auf wie ein bunter Hund. Schon vorhin am Tisch wäre er jedem, der in den Raum gekommen wäre aufgefallen; alle tragen dunkelblau oder schwarz und dann wagt er sich an diese Farbe heran. Ich weiß nicht, ob ich es mutig oder einfach merkwürdig finden soll. Aber es steht ihm irgendwie.

„Was schaust du mich so an?" 

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Geht es in die richtige Richtung? Oder wird Louis jetzt wieder abweisend?

Love, L 

LightningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt