22. Kapitel

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Der Enforcer von Colorado hat schon einige Zeit seine nicht mehr an. Gibson drückt den Rookie aufs Eis, bevor der Kampf zwischen den beiden überhaupt begonnen hat. Liam allerdings braucht ein wenig länger und gewinnt vermutlich auch nur, weil sein Helm mehr schützt, als die der Spieler. Gibson muss auf die Bank und Zayn sitzt für Liam die Strafzeit ab. 

„Ich dachte der Goalie kämpft nicht?" fragt Harry mich leise. Ich nicke nur. Eigentlich ist das auch so, aber keine Regel ohne Ausnahmen. In diesem Spiel gibt es mehr Kämpfe als Tore. Wir gewinnen zwei zu eins. Ein verdammtes Fußballergebnis. So etwas ist nicht gerne gesehen, aber immer noch besser als eine Niederlage. „Was sollte das denn bitte? Wieso hast du mich weggezogen?" hört man Zayn schon wütend fragen, noch bevor wir in der Umkleide angekommen sind. „Sag doch einfach danke." meint Liam genervt und beginnt, die Ausrüstung abzulegen. Zayn setzt sich und schüttelt den Kopf. „Der Kerl hat mich herausgefordert, nicht dich." - „Ach was." meint Liam nur und Zayn schnaubt. „Jetzt stehe dar, als könnte ich nicht kämpfen." - „Du hast schon am Rookie gezeigt, dass du das kannst, jetzt reg dich ab und sei einfach froh, dass du keine gebrochene Nase oder einen gebrochenen Kiefer hast, den genau das wäre dabei herausgekommen." antwortet Liam mit ernstem Blick.

Zayn antwortet darauf nicht und geht als erster in die Dusche. „Er hätte es nicht gepackt." meint Kenny einen Moment später und nickt Liam zu. „Das wird aber nicht zur Gewohnheit." fügt er dann direkt hinzu. „Wenn Zayn unbedingt kämpfen soll, kann er das machen, er wird dann ja sehen, wohin das führt." Nach und nach gehen wir in die Dusche. Zayn ist die schlechte Laune immer noch anzumerken. Augenrollend nehme ich mir mein Duschgel und überlege ein Gespräch anzufangen, aber wir sind alle ziemlich geschafft und ich bin mir sicher, dass jeder hier froh ist, gleich ins Bett zu fallen. In diesem Moment fällt mir wieder ein, dass ich gleich nicht direkt schlafen werde. Scheiße, ich werde etwas ganz anderes tun. Wo ist Harry überhaupt? Schnell wasche ich mir noch die Haare, denn ich merke, dass meine Gedanken einfach keine Ruhe geben wollen.

Muss das jetzt wirklich sein, wo ich gerade unter der Dusche stehe? Mir ist zum Glück nichts anzumerken, aber ich muss es ja auch nicht drauf ankommen lassen. Um Die Trikots und die Ausrüstung müssen wir uns wie immer nicht selbst kümmern. Das wäre ja auch noch schöner. Auf dem Weg nach draußen laufe ich zwar Drew und Warren über den Weg, aber ich habe keinen blassen Schimmer, wo Harry hin ist. Ob er wirklich schon abgehauen ist, ohne etwas zu sagen? Dann aber bekomme ich eine Nachricht. Er hat mir eine Adresse geschickt. Er wohnt ja wirklich nur ein paar Minuten von mir entfernt. Schmunzelnd stecke ich mein Handy wieder weg und schwinge mich aufs Fahrrad. Meine Beine brennen zwar aber ich brauche für die Strecke sogar fünf Minuten weniger als sonst und das, obwohl Harry noch ein Stück weiter weg von der Arena wohnt, als ich.

Zwanzig Minuten später schließe ich mein Rad an einem Straßenschild an und sehe das Haus an. Ein Mehrfamilienhaus, braun und beige mit Balkonen. Die ganze Straße entlang ziehen sich diese ziemlich gleich aussehenden Häuser und ich muss noch einmal auf mein Handy sehen, um nach der Hausnummer zu schauen. Einen Augenblick lang schwebt mein Finger über dem Klingelschild, dann aber drücke ich drauf und wenige Sekunden danach werde ich reingelassen. „Nach ganz oben." höre ich Harry sagen. Er sieht an der Tür, hat eine lockere schwarze Hose an und ein schlichtes Shirt, nicht mehr den Anzug von vorhin. Er sieht mindestens genauso gut aus, wie noch in der Arena. „Hi." sage ich unschlüssig, nachdem er die Tür hinter mir geschlossen hat.

Die Wohnung ist modern eingerichtet, sieht aber irgendwie aus, wie aus dem Katalog eines Möbelhauses. „Hast du Hunger?" fragt Harry dann und geht durch das Wohnzimmer in die offene Küche. „Ähm... sicher." antworte ich und bin für einen Moment lang verwirrt. Essen wir jetzt wirklich oder war das eine Metapher? Fast zeitgleich knurrt mein Magen. Harry hat gekocht. Seit wann ist er denn schon hier? „Das ist von gestern übrig, ich hab es gerade warm gemacht." meint er dann. Es ist ein Auflauf und dazu gibt es Reis. Ich frage gar nicht erst, was es ist, denn es riecht gut und wie ich wenig später feststelle, kann Harry wohl kochen. „Möchtest du ein Bier?" fragt er mich dann. „Sicher." antworte ich und nicke dankend.

„Das Spiel heute war gut." meint er dann und sieht sichtlich unbeholfen aus. „War es nicht." widerspreche ich. „Ein paar Kämpfe sind ja in Ordnung, aber heute wurde das Spiel alle drei Minuten unterbrochen." - „Den Zuschauern hat es gefallen." meint Harry, ich zucke mit den Schultern. „Schon, aber so sollte es nicht sein. Die Kämpfe gehören zwar dazu, aber stell dir mal vor, es wäre immer wie heute. Da könnte man auch direkt Boxer statt Eishockeyspieler aufs Eis stellen." erwidere ich. Harry nickt verstehend. „Geht es Liam denn gut?" - „Ja. Zayn ist angepisst wegen ihm, aber der kriegt sich wieder ein." - „Meinst du, Liam hätte sich nicht einmischen sollen?" fragt Harry dann plötzlich nachdenklich, aber ich zucke nur mit einer Schulter. „Liam weiß, was er tut und er meinte vorhin, dass Zayn schon sonst nicht unverletzt vom Eis gekommen wäre und damit hat er wahrscheinlich recht. Zayn ist kein Kämpfer. Mich hat es ja schon gewundert, als er im erstens Drittel auf den Rookie losgegangen ist, anstatt das jemand anderen regeln zu lassen." gebe ich zu.

Ich mustere Harry. „Alles okay?" - „Was soll sein?" fragt er schnell und lächelt kurz. „Du wirkst irgendwie weggetreten. Wenn dir das heute zu viel war und du lieber deiner Ruhe möchtest, dann -" - „Nein! Ach was, es ist nichts. Ich hab das nur so noch nie live gesehen, also so viele Kämpfe so schnell hintereinander." meint er und winkt ab. „Aber ich schätze daran werde ich mich gewöhnen." Ich werde aus ihm einfach nicht schlau. Er hat absolut nichts mit Eishockey am Hut; ob es jetzt die NHL oder irgendeine andere Liga ist; es ist nicht seine Sportart. Wieso also arbeitet er jetzt für Tampa Bay Lightning? Wenn er einen Job bei einem NHL-Club bekommt, sollte er sich auch nicht schwer damit tun, woanders eine Anstellung zu finden.

„Ich habe mich informiert." meint er dann und räuspert sich. „Wie das mit der NHL und Homosexualität ist." Überrascht sehe ich ihn an und schüttle dann den Kopf. „So viele Kontaktpunkte gibt es da nicht." - „Habe ich auch herausgefunden. Ich dachte wirklich nicht, dass es so schlimm ist." entschuldigend sieht er mich an. „Ich hab von einem Spieler gelesen, der sich geoutet hat und dann raus geekelt wurde. Ich dachte nicht, dass das so krass ist. Ich dachte hier und da fallen doofe Sprüche, die Presse macht sich darüber her, aber dass man deswegen tatsächlich gefeuert werden kann?" - „Deswegen ja nicht." antworte ich sarkastisch. „Man ist plötzlich nicht mehr gut genug. Man wird erst in die letzten Reihen verschoben, dann spielt man irgendwann gar nicht mehr und schließlich heißt es, man sei erst krank gewesen und dann schlicht und ergreifend nicht mehr so gut wie vorher gewesen." Ich lache bitter. „Ich will das nicht, Harry. Deswegen sage ich nichts dazu." - „Das verstehe ich jetzt wohl etwas besser." meint er und seufzt. „Tut mir leid, dass ich so darauf beharrt habe, dass du was dazu sagst. Ich dachte einfach nur, es ist schon nicht so schlimm, wenn du es nur mir sagst, dabei hattest du recht. Wir kennen uns noch nicht lange und noch dazu bin ich für die Pressearbeit und die Promo zuständig." - „Schon ok." winke ich ab. „Ich meine, jetzt weißt du es ja sowieso. Ich bin nicht hetero, sondern schwul. Überraschung." sage ich trocken und er grinst. „Dann hat sich die Mühe ja doch ausgezahlt." - „Sonst wäre ich wohl kaum hier." entgegne ich.

Er schmunzelt und bringt die Teller zur Spüle. „Ich wusste nicht, ob du wirklich herkommst." meint er dann und dreht sich um. Er lehnt an der Arbeitsplatte und hat seine Handballen links und rechts an die Kanten gelegt. „Ich habe es mir offensichtlich nicht anders überlegt." antworte ich. „Es muss nur zwischen uns bleiben. Wenn das jemand mitbekommt, bin ich am Arsch und so weit werde ich es nicht kommen lassen." - „Das ist mir klar." erwidert er und kommt auf mich zu. „Dann haben wir das geklärt, oder?" Er mustert mich und hält mir seine geöffnete Hand hin. „Oder bist du hier, damit wir den ganzen Abend nur reden." - „Oh bitte." ich verdrehe die Augen und stehe auf. „Wo ist das Schlafzimmer, Mister Styles?" frage ich provokant und er nimmt meine Hand, geht vor und nur zu gerne folge ich ihm. Er stößt die Tür auf und drängt mich hinein. Unsere Blicke treffen sich und mir wird augenblicklich wärmer. Für einen Moment stehen wir uns nur gegenüber, dann vergrabe ich meine Hand in seinen Haaren, ziehe ihn zu mir und küsse ihn endlich. 

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Was haltet ihr von dem letzten Spiel und der Situation im Team? Was Louis bei Harry wohl macht, ist vermutlich relativ offensichtlich haha. I hope you like it. 

Love, L 

LightningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt