45. Kapitel

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Mum lehnt das weitere Glas Wein nicht ab, aber das hätte mich auch sehr stark gewundert. „Du trinkst nicht?", fragt Harry dann verwundert, aber ich schüttle den Kopf. „Nein, heute nicht." Er sieht mich einen Moment an und es macht den Anschein, als würde er über irgendetwas nachdenken. Dann wendet er sich aber ab. Scheint wohl doch nicht so wichtig zu sein. Der Nachtisch ist nur wenige Minuten später hier und ich lasse es mir nicht nehmen, Doris ihren Löffel zu klauen und selbst ein bisschen zu probieren. „Ey! Hol dir selbst Nachtisch und iss nicht meinen!", beschwert sie sich. „Denk dran, dass du nur wegen mir überhaupt welchen hast.", erinnere ich meine kleine Schwester und missmutig lässt sie zu, dass ich mir noch einen Löffel nehme, ehe ich ihr den Rest überlasse.

Normalerweise wäre ich wahrscheinlich noch länger geblieben, aber als Ernest irgendwann fast die Augen zufallen, beschließen wir, dass es Zeit für den Heimweg ist. Zu meinem verwundern entscheidet Harry als einziger, auch zu gehen. „Ich rufe uns mal zwei Uber." murmle ich und bin nicht sicher, ob Harry bei uns mitfährt, oder nicht. Aber das wird sich gleich vor der Tür zeigen. Ich denke, einen freien Platz gäbe es tatsächlich auch noch, also frage ich ihn nicht.

Die kühle Nachtluft empfängt uns und weht Harrys Parfüm zu mir. Für einen kurzen Augenblick habe ich das Bedürfnis mich einfach an ihn zu lehnen, aber ich ignoriere es, so gut es geht. „Wie kommst du nach Hause?", fragt Lottie Harry dann. „Ähm... habt ihr noch einen Platz frei?", fragt er unschlüssig und sieht zu mir. „Klar. Ich dachte mir schon, dass du mitfährst.", antworte ich wahrheitsgemäß. „Er wohnt nicht weit von mir, wir haben uns schon einmal den Uber geteilt." erkläre ich meiner Familie anschließend kurz. Zwei Autos fahren kurz hintereinander um die Ecke und halten am Straßenrand. „Uber für Louis?" fragen beide und ich nicke. Mum steigt mit Felicity, Phoebe, Daisy und Doris in das eine Auto, Lottie setzt sich zu Harry mir und Ernest, der so gut wie schläft. Wieso sitze ich eigentlich in der Mitte auf der Rückbank und nicht Lottie? Nein, meine Schwester hat sich selbstverständlich nach vorne gesetzt und gar nicht erst gefragt.

Harry lässt sich neben mich fallen und sein Oberschenkel drückt gegen meinen. Scheiße, ich darf jetzt nichts falsches denken. Als er sich anschnallt streifen seine Finger gezwungener Maßen meinen Hintern und das macht es nicht gerade besser. Ich räuspere mich leise, rutsche etwas zur Seite und sehe zu Ernest. Wie kann so ein kleiner Mensch sich so breit machen? Der Wagen setzt sich in Bewegung, Lottie sieht auf ihr Handy und schreibt offenbar ihrem Freund. „Der Abend war schön.", sagt Harry auf einmal. „Äh... ja." stottere ich und greife ebenfalls nach meinem Handy. Harry seufzt leise und einen Moment später erscheint eine Nachricht von ihm auf meinem Display.

Harry: Ich hätte vorhin schwören können, du hättest etwas getrunken.

Me: Was?

Harry: Auf den Toiletten. Ich habe nicht gedacht, dass du nüchtern warst.

Me: Wieso das?

Harry: Du hast zugelassen, dass wir in der Öffentlichkeit über die Affäre sprechen.

Me: Ich weiß nicht, ob der Waschraum eine große Gefahr darstellt.

Harry: Und du hast zugelassen, dass ich dich anfasse.

Me: Du hast nur meine Haare angefasst. Wir hatten keinen Sex oder so.

Harry: Und was, wenn jemand reingekommen wäre?

Me: Das ist nicht passiert.

Me: Wieso ist das plötzlich wichtig?

Harry: Am liebsten würde ich dich jetzt mit zu mir nehmen.

Meine Augen werden etwas größer, aber ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen. Heilige Scheiße. Das kann er doch nicht einfach so schreiben! Was soll das werden? Er drückt sein Knie gegen meins. Vermutlich bemerkt man es als außenstehender überhaupt nicht, aber seinen Oberschenkel wieder an meinem zu spüren, reicht, damit meine Gedanken in eine Richtung wandern, die sie jetzt ganz und gar nicht einschlagen sollten. Mein Bein kribbelt und ein warmes Gefühl macht sich nach und nach in meinem gesamten Körper breit. Das ist nicht normal. Und es soll aufhören; meine Gedanken sind wirr und durcheinander. Er soll sein Bein da weg nehmen!

Me: Werde ich aber nicht.

Harry: Das weiß ich.

Harry: Ich hätte das nicht schreiben sollen.

Me: Zu spät.

Harry: Für was?

Me: Dass ich mir nicht ausmale, wie ich dich heute Nacht vögeln würde

Harry spannt sich neben mir an und tippt seine Antwort. Wenn ich an meiner Karriere nicht hängen würde, würde ich Lottie jetzt wahrscheinlich sagen, dass ich gleich noch einmal los muss, wenn wir angekommen sind. Nein, das wird nicht passieren.

Harry: Du hast die Affäre beendet.

Me: Wir*

Harry: Nein, du.

Me: Willst du jetzt wirklich darüber streiten und ignorieren, dass ich mir vorstelle, wie du unter mir liegst und dich verlierst?

Harry: Himmel, Louis.

Me: Oder, wie ich dich überall küsse? Vielleicht hole ich dann etwas von unserem Spielzeug. Was würdest du am liebsten benutzen?

Harry: Du kannst mir das doch nicht schreiben, wenn wir mit deinen Geschwistern in einem verdammten Uber sitzen!

Me: Macht dich das scharf?

Harry: Das weißt du.

Me: Gut. Das soll es auch.

Harry: Wieso?

Me: Weil ich dich vögeln will, aber nicht kann. Und ich es mag, wie du aussiehst, wenn du hart wirst.

Harry: Verdammt, hör auf, sonst werde ich das hier gleich wirklich und das wollen wir beide nicht.

Harry: Und noch einmal: Du hast es beendet.

Ich antworte darauf nicht. Ich weiß nicht was; er hat recht. Ich sollte das nicht schreiben, wenn wir ja doch nicht mehr miteinander ins Bett gehen. Ich bin nüchtern, ich kann meine Gedanken nicht einmal auf den Alkohol schieben. Verdammt. Ich will ihn wieder küssen. Ihm kann es nicht so egal gewesen sein, wie er getan hat, wenn er meine Familie für mich hat einfliegen lassen; zumindest rede ich mir das gerade ein und für mich ergibt es Sinn. Es war ihm nicht egal und genau deswegen reagiert er in diesem Moment, wie er eben reagiert. Ich stecke mein Handy weg und sehe ihn einen kurzen Moment lang an. Verflucht, ich will ihn in meinem Bett unter mir sehen. Jetzt sofort.

„Wir sind da.", werden meine Gedanken von den Worten des Uberfahrers unterbrochen. Harry steigt als erstes aus, dann folge ich und schnell gehe ich um den Wagen, um meinen nun endgültig tief schlafenden Bruder aus dem Auto zu heben. „Wir sehen uns.", verabschiedet sich Harry. „Komm gut nach Hause.", antwortet meine Mum. Am liebsten hätte ich ihm das gesagt. Wir betreten das Haus und schnell habe ich Ernest ins Bett verfrachtet. „Schlaf gut, Großer." Mum streicht mir durch die Haare und drückt mir einen Kuss auf die Stirn, ehe sie nach mir im Badezimmer verschwindet. Ich verkrieche mich in meinem Bett und starre auf mein Handy. Ich rufe Harry nicht an. Er hatte einen langen Tag und er ist sicher müde. Außerdem werde ich garantiert keinen Telefonsex in der ersten Nacht haben, wo meine Familie hier ist. 

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War das so klug von Louis? Wie wird es bei den beiden jetzt weiter gehen?

Love, L 

LightningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt