83. Kapitel

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Ich weiß, dass er weiß, dass etwas nicht stimmt, aber ich weiß auch, dass er nicht weiter nachfragen wird. Eine der Eigenschaften, die ich damals schon sehr an Noah geschätzt habe, ist dass er weiß, wann es besser ist, nicht weiter nachzuhaken, sondern es sein zu lassen. Harry beachtet mich nicht, zumindest habe ich nicht das Gefühl. Er unterhält sich mit Drew und lacht zwischendurch. Es scheint ihm ja doch ganz gut zu gehen. Der müde Ausdruck auf seinem Gesicht verschwindet und ich bezweifle, dass jemand außer mir ihn überhaupt bemerkt hat. Ich hingegen bin, mal wieder, nicht richtig bei der Sache und kassiere mir schon mein Training einen skeptischen Blick von Drew ein. Genervt mache ich weiter.

„Ich kann nächste Woche wieder nach Hause.", meint Zayn irgendwann. „Mhm?" – „Ich habe dir gesagt, dass ich wieder nach Hause kann.", wiederholt er. „Dann ist alles fertig saniert?" – „Noch nicht, aber so gut wie.", nickt er. „Wenn alles so läuft wie geplant, muss Liam mich nur noch ein paar Tage aushalten.", grinst er. Der Goalie sieht ihn stumm an. „Freust du dich etwa nicht, deine Bude wieder für dich alleine zu haben?", frage ich irritiert, aber er zuckt mit den Schultern. „Doch, klar.", antwortet er knapp und wendet sich ab. „Er ist ja noch schlechter gelaunt als beim letzten Spiel.", murmle ich leise und sehe zu Zayn. „Ist es etwa so schlimm, mit dir zusammen zu wohnen?" – „Arschloch.", antwortet Zayn lachend. „Heute Morgen war er noch gut drauf.", überlegt er dann. „Zu wenig Sex?", frage ich spontan und Zayn sieht mich irritiert an. „Was? Du musst es doch wissen. Immerhin lebt ihr zusammen." – „Ach so. Ja.", nickt er schnell. „Soweit ich weiß, hat er im Moment keine Freundin. Oder er wollte nur nicht, dass sie mich kennenlernt und deswegen ist sie in letzter Zeit nicht zu ihm gekommen, aber etwas gesagt hat er nicht.", antwortet er mir.

„Aber was ist eigentlich mit dir?", fragt er dann auf einmal. „Was soll mit mir sein?", verwundert sehe ich ihn an. „Du hast eine Freundin?" – „Wie kommst du darauf?" – „Du meintest letztens in der Umkleide, dass du sehr guten Sex hast, und viel davon noch dazu.", erwidert er. „Ja, und?" – „Und ich habe dich in Montréal ganz offensichtlich bei etwas gestört." Montréal. Ach verdammt, das war an dem Abend, an dem ich die Jacke in der Bar vergessen habe. „Äh, vielleicht." – „Du warst also nicht alleine.", stellt er fest. Ich zucke mit den Schultern. „Wohnt sie dort? Oder hattet ihr wirklich Telefonsex?", möchte er wissen und ich verdrehe die Augen. „Wieso willst du das alles wissen?" 

Er grinst nur. „Ich freue mich für dich, wenn du jemanden gefunden hast." – „Aha." – „Meine Güte, Tomlinson, du bist echt verklemmt.", seufzt er, aber auch das interessiert mich nicht wirklich. „Schön, du hast mich erwischt, ich hatte Sex. Und jetzt?" – „Bring sie doch mal zu einem Spiel mit.", schlägt er vor. „Wen soll er mitbringen?", fragt Liam dann und ich merke, dass er sich zu uns gestellt hat. „Louis hat seit Neustem eine Freundin." – „Ich hasse dich." – „Weiß ich doch.", erwidert Zayn nur scheinheilig. „Echt? Wie heißt sie?", fragt der Goalie überrascht. „Ich werde niemanden mitbringen, klar?", wende ich mich an Zayn. „Ich sag doch, du stellst dich an.", entgegnet dieser nur. „Vielleicht ist es auch gar nicht Ernstes, hast du schon einmal darüber nachgedacht?" – „Also nur Sex?", fragt Liam und ich zucke mit den Schultern. „Ich darf doch auch mal meinen Spaß haben."

Zum Glück belassen die beiden es dabei und wenig später machen wir eine kurze Pause. Ich verschwinde fast augenblicklich in Richtung Ausgang, aber anstatt nach draußen zu gehen, schlage ich den Weg zur Loge ein. Vielleicht ist Harry dort, unten habe ich ihn nirgendwo mehr gesehen. Ich klopfe und warte einen Moment. Ich werde mit jeder verstreichenden Sekunde nervöser, doch dann öffnet jemand die Tür. „Hi." – „Was machst du hier?" – „Kann ich rein kommen?", frage ich nur und er seufzt. „In zehn Minuten kommt jemand für ein Interview, dass ich geben soll." Ich nicke verstehend und er schließt hinter mir die Tür. „Woher wusstest du, dass ich hier bin?" – „Wusste ich nicht.", erwidere ich. „Es war nur eine Idee, dass ich dich hier finden könnte." – „Mhm. Okay." Er setzt sich wieder vor seinen Laptop. „Was möchtest du hier? Ich bezweifle, dass du hergekommen bist, um mir schweigend bei der Arbeit zuzusehen.", fragt er einen Moment später. „Wir haben Pause und ich wollte dich gerne sehen.", antworte ich wahrheitsgemäß. Er bleibt still.

„Bist du heute Abend beim Spiel?" – „Natürlich." – „Sehen wir uns danach?", frage ich hoffnungsvoll, aber vorsichtig." – „Ich habe wahrscheinlich keine Zeit." – „Du musst wieder arbeiten." Es ist keine Frage, sondern eine Feststellung, aber zu meinem Erstaunen schüttelt er den Kopf. „Nein, ich bin verabredet." – „Mit wem?", frage ich sofort. „Niall.", antwortet er und ich nicke verstehend. „Dann vielleicht morgen?" – „Weiß ich noch nicht." Er sieht nicht auf, sondern sucht irgendwelche Unterlagen heraus. „Ähm... und wann hast du wieder Zeit?" Er seufzt genervt. „Ich weiß es noch nicht, Louis. Übermorgen fliegen wir schon wieder nach Dallas, da ist es also auch schlecht."

Ich weiß nicht recht, was ich sagen soll. Am liebsten würde ich mich einfach neben ihn setzen und seine Hand nehmen, aber das geht schlecht; dafür ist die Stimmung zwischen uns einfach zu angespannt. Ich räuspere mich. „Was genau meintest du damit, dass ich nach dem Spiel erst einmal darüber nachdenken sollte? Also über die Kampagne uns das alles?", frage ich schließlich. Es brennt mir unter den Nägeln und doch komme ich erst jetzt dazu, dieses Thema anzusprechen. „Vielleicht ist es ja besser, wenn du ein bisschen mehr Abstand bekommst." – „Abstand?", frage ich angespannt und mein Herz rutscht mit in die Hose. „Was soll das heißen?" – „Dass ich denke, dass du sehen wirst, dass diese Kampagne nicht gänzlich schlecht ist, wenn du dir die Zeit nimmst, dich irgendwann mal in Ruhe damit zu beschäftigen. Und das nicht vor einem Spiel, das Teil dieser Kampagne ist.", erklärt er. „Also meinst du keinen Abstand zwischen uns?", frage ich weiter, bin mir aber nicht sicher, ob ich die Antwort hören möchte. Er zuckt mit den Schultern und mir wird auf einen Schlag eiskalt.

„Nicht unbedingt, aber du meintest ja schon, dass deine Kollegen bereits denken, dass du mit Noah flirtest. Vielleicht willst du es ja. Auf Abstand gehen meine ich.", erwidert er. „Sofort schüttle ich den Kopf. „Nein. Auf keinen Fall." Er sieht von dem Laptopbildschirm auf. „Überrascht dich das etwa?", frage ich perplex. Er zuckt mit den Schultern. „Es hätte mich nicht überrascht, wenn du es gewollt hättest.", antwortet er und ich schüttle den Kopf. „Harry, ich will doch keinen Abstand zu dir!" Ich gehe einen Schritt auf ihn zu. „Nur weil wir uns mal streiten, heißt das doch nicht, dass ich direkt alles aufgeben will!" – „Okay." – „Okay?" – „Louis, in weniger als fünf Minuten muss ich los um die Journalisten unten abzuholen.", erinnert er mich und ich verdrehe genervt die Augen. Die Leute können doch sicher mal ein paar Minuten warten.

„Was kann ich machen?" – „Was?" – „Was kann ich machen, damit du nicht mehr denkst, dass ich Abstand von dir möchte.", frage ich ihn. Er seufzt. „Harry, bitte sag es einfach." – „Es ist unrealistisch.", antwortet er. „Sag es mir." Er zögert einen Moment und sieht an mir vorbei, ehe er mir doch eine Antwort gibt. „Ich würde sehr gerne auf ein Date mit dir gehen, weißt du? Du hast mir gesagt, dass du mich bald ausführen möchtest, das war vor fast vier Wochen." – „Darum geht es dir?" – „Mit Noah kannst du es ja offenbar.", brummt er missmutig. „Darum geht es schon wieder? Dass ich mit Neo essen was?", frage ich perplex. „Neo?" – „Noah. Ich habe ihn früher Neo genannt, aber das ist doch jetzt egal." – „Werden wir jemals ein Date oder so etwas haben?" – „Was? Natürlich, das habe ich dir doch schon gesagt." Er zuckt mit den Schultern.

„Möchtest du nichts dazu sagen?", frage ich auffordernd, als er aufsteht und sich den Schlüssel vom Tisch nimmt. „Ich habe dir alles dazu gesagt, was ich denke. Du weißt ganz genau, dass ich mir eine Beziehung wünsche, in der ich mich nicht verstecken muss. Aber ich tue es, weil ich mit dir zusammen sein will, es ist nur wirklich nicht schön dann zu sehen, dass du alles das, was du mit mir nicht machen möchtest, mit einem anderen Kerl tust. Ich halte mich zurück und akzeptiere es, dass du sowas alles nicht machen möchtest mit mir, aber inzwischen fühle ich mich ziemlich verarscht.", sagt er kühl. „Und jetzt muss ich die Journalisten abholen, also solltest du wieder zu deinem Team gehen. Sonst denken sie noch, du würdest mich vögeln oder so etwas.", fügt er mit bitterem Unterton hinzu. „Love -" – „Los, Louis. Wir sehen uns beim Spiel.", unterbricht er mich und öffnet die Tür; eine klare Aufforderung an mich, zu gehen.

Ich warte einen Moment, aber Harrys Ausdruck verändert sich nicht. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als die Loge zu verlassen. „Harry, ich -" – „Nicht hier auf dem Flur, Louis.", fällt er mir ins Wort. „Am Ende denkt noch jemand, dass du Noah betrügen würdest. Und das mit mir." Ich schaffe es nicht mehr zu antworten, denn da ist er schon gegangen. 

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Da ist aber jemand richtig schlecht gelaunt. Könnt ihr Harrys Meinung nachvollziehen? 

Love, L 

LightningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt