75. Kapitel

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Neo: Heute hast du kein Spiel, oder?

Me: Solltest du das nicht wissen?

Neo: Tue ich auch. Also hast du Zeit?

Ich schmunzle und drehe mich auf die Seite. Harry schläft noch und ich möchte nicht, dass er vom Handylicht geweckt wird. Ich lasse es mir aber nicht nehmen, ihn noch einmal anzusehen und ihm durch die Haare zu streichen. Reagiert nicht, atmet ruhig weiter, aber wenig später, legt er einen Arm um meinen Bauch und zieht mich zu sich heran. „Haz?" Er antwortet nicht. Er schläft tatsächlich immer noch. Lächelnd kuschle ich mich an ihn und mein Herz flattert bei dem Gedanken, dass er sich an mich drückt, obwohl er nicht einmal wach ist.

Me: Hast du an etwas Bestimmtes gedacht?

Neo: Wir könnten in meiner Mittagspause Essen gehen.

Neo: In der Nähe vom Büro ist eine Bar mit Restaurant, wir könnten uns um ein Uhr dort treffen?

Me: Schick mir die Adresse :)

Neo: Hätte ich gewusst, dass es so leicht ist, dich auf ein Essen einzuladen, hätte ich das damals schon gemacht.

Me: Hättest du mal tun sollen, haha.

Neo: Besser spät als nie

Amüsiert sehe ich auf den Handybildschirm. Noah hat definitiv nichts von seinem Charm verloren, ganz im Gegenteil. Er schickt mit die Adresse. Ich kenne das Restaurant, war aber noch nie drin. „Wem schreibst du?", fragt Harry mit rauer, tiefer Stimme. Er klingt verschlafen und schnell lege ich mein Handy weg. „Guten Morgen, Haz." Er drückt seine Nase gegen meinen Hals und murmelt irgendetwas unverständliches. „Wie bitte?", frage ich belustigt und drehe meinen Kopf in seine Richtung. 

„Wieso bist du schon wach?", wiederholt er offenbar seine Frage. Ich drehe mich in seinem Griff um. „Weil mein Wecker normalerweise immer um diese Uhrzeit klingelt.", antworte ich ihm. „Deiner doch auch," füge ich verwundert hinzu. „Das heißt aber nicht, dass ich nicht gerne länger schlafen," brummt er und drückt ein Bein zwischen meine, ehe er seine Nase wieder an meinen Hals drückt. „Love...", murmle ich, als er ein, zwei, drei Küsse auf meinem Hals verteilt. „Mhm?" – „Ich will kein Spielverderber sein, aber musst du nicht arbeiten?", frage ich ihn und er seufzt genervt.

„Ja. Aber erst gleich. Jetzt bin ich hier." - „Er ist doch nicht einmal neun Uhr." – „Und da sein musst du wann?" – „Um halb elf, ich habe gesagt, dass ich später da sein werde." – „Du planst wirklich alles, oder?", grinse ich und er zuckt mit den Schultern, küsst meine Schulter und sieht mich dann an. „Ich will einfach in Ruhe mit dir den Morgen verbringen.", lächelt er. Ich spiele mit seinen Haaren. „Du ist so kitschig, weißt du das?" – „Ich bin romantisch.", antwortet er und verdreht die Augen. „Das ist doch quasi das gleiche.", erwidere ich provokant. „Und du magst es ja doch.", grinst er und ich seufze. „Vielleicht.", lenke ich ein und zufrieden legt er seinen Kopf wieder auf meiner Schulter ab.

„Ich habe in den nächsten Tagen sehr viel zu tun." – „Du meinst, noch mehr als sowieso schon." Er nickt. „Das heißt, wir sehen uns nicht?" – „Ich fliege nicht mit, ich muss mit Mr. Whitten noch einiges organisieren.", erklärt er. „Ach scheiße.", brumme ich missmutig. „Tut mir leid, Lou." – „Schon gut, das ist dein Job.", winke ich ab und verschränke unsere Finger miteinander, ehe ich sie zu meinem Mund führe und seine Knöchel küsse. Er lächelt und drückt sich etwas enger an mich.

Leider bleibt die Zeit nicht auf wundersame Weise stehen und daher verabschiedet Harry sich nach dem Frühstück. Etwas früher als verabredet, stehe ich vor dem Restaurant und schließe mein Rad an. „Hi." Ich drehe mich um und Noah kommt auf mich zu gelaufen. „Wartest du schon lange?" – „Ich bin gerade erst angekommen.", antworte ich und wir suchen uns einen Tisch auf der Terrasse des Restaurants. „Ich dachte ihr habt so viel zu tun.", meine ich dann und er zuckt mit den Schultern. „Ich bin früher ins Büro gefahren, dann habe ich länger Pause.", antwortet er und ein Keller reicht uns die Karten. „Es läuft gut?", frage ich dann und er nickt. „Ja, definitiv!" Er klingt begeistert, motiviert und definitiv sehr optimistisch. „Und ich habe schon mit einigen Magazinen und Zeitungen die Artikel besprochen.", erzählt er dann. „Bisher war jeder hellauf begeistert, du machst dir zu viele Gedanken." – „Mhm." – „Das wird einschlagen, wie eine Bombe. Und außerdem hat es in anderen Ländern auch schon geklappt." – „Das hat Harry auch schon erzählt.", antworte ich.

„Wie kommst es eigentlich, dass du diesen Auftrag bekommen hast? Ist das einfach nur Zufall, oder-" – „Ich hab das schon in Deutschland gemacht.", unterbricht er mich. „Deutschland?", überrascht sehe ich ihn an. „Ich dachte, du wohnst in New York." – „Tue ich auch.", nickt er. „Ja, zu dem Job bin ich damals auch zufällig über einen Bekannten meines Mannes gekommen. Deswegen wurde von Tampa Bay Lightning gezielt angefragt. Und ich konnte nicht ablehnen! Ich meine, das ist eine riesige Kampagne und verändert hoffentlich wirklich etwas. Zumindest bin ich davon überzeugt." – „Gibt es denn in Deutschland schon offen schwule Spieler?", frage ich ihn spontan. Er seufzt. „Nein, bisher nicht. In Schweden und Dänemark haben sich Spiele geoutet, aber auch erst nach ihrer Karriere.", erzählt er. „Du könntest der Erste werden und Sportgeschichte schreiben." – „Garantiert nicht.", antworte ich sofort.

„Ich will nur spielen.", füge ich dann hinzu. „Das weißt du genau, nur Eishockey spielen und zwischendurch meine Familie sehen, das sind die Dinge, die mir wichtig ist." Er nickt verstehend. „Ja, ich weiß. Ich denke nur, dass sich dann noch mehr Spieler trauen, diesen Schritt zu gehen; es muss nur einer anfangen." – „Ich glaube kaum, dass es noch mehr Spieler wie mich gibt." – „Wie viele Vereine gibt es in der NHL? 31. Jede Mannschaft hat 22 Spieler. Louis, das sind über 600 Spieler und vier Prozent aller Männer in den USA sind schwul. Zumindest ist das die Anzahl, die sich outet." – „Du meinst also über zwei Dutzend der Spieler sind nicht hetero?", frage ich halb ernst, halb ironisch. „Und wenn es nur zehn sind.", antwortet er. „Du bist definitiv nicht der Einzige."

Ich schüttle den Kopf. „Du vergisst, dass niemand, der nicht hetero ist, Spieler wird." – „Du bist Spieler geworden." – „Ausnahmen bestätigen die Regel.", antworte ich. Noah aber scheint fest von seiner Meinung überzeugt zu sein. Ohne es zu wollen, fange ich an, alle Spieler in meinem Kopf durchzugehen, die mir auf die schnelle einfallen. Nein, von denen steht niemand auf Schwänze.

„Egal. Lass uns das Thema wechseln.", meint er dann und erleichtert nicke ich. „Wie geht es deiner Familie?" – „Soweit gut. Lottie hat einen Freund.", meine ich und Noah fängt an zu lachen. „Dir ist anzusehen, dass es dir gar nicht gefällt." – „Er behandelt sie gut.", antworte ich, aber Noah schmunzelt immer noch. „Oh und Mum hat wieder geheiratet.", fällt mir dann ein. „Sag jetzt nicht, du hast noch mehr Geschwister dazu bekommen.", meint er und ich grinse. „Zwillinge." – „Schon wieder?", lacht er und ich nicke. „Ernest und Doris.", ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche. „Hier, das Video hat Harry gemacht." Ich zeige ihm, wie sie mich überrascht haben und wie die kleinen aufs Eis gelaufen sind. „Das ist echt süß. Oh, das ist Lottie? Oh man, sie ist wirklich erwachsen geworden." – „Mhm. Felicity auch.", nicke ich.

„Aber es weiß nur Lottie, oder?" Ich nicke wieder. „Ich gehe mal davon aus, bei dir weiß es jeder?" – „So gut wie. Ich schreibe es mir nicht auf die Stirn, damit es jeder direkt weiß, aber ich halte es definitiv nicht geheim. Das werde ich auch nicht, wenn die Mannschaft das mitbekommen sollte." – „Solange du über mich nichts sagst." – „Das werde ich nicht. Das habe ich dir gestern schon versprochen.", betont er. „Du solltest aber wissen, dass die Jungs dich dann wahrscheinlich nicht mehr leiden werden können.", gebe ich ihm zu bedenken. „Das war bei Harry so.", erzähle ich. „Dumme Sprüche in der Kabine, fast immer, wenn er etwas verkündet oder Anweisungen gibt. Es ist im Prinzip egal, was er sagt. Natürlich passiert das immer nur, wenn er schon weg ist aber -" – „Er weiß es auch so.", fällt Noah mir ins Wort. „Sowas weiß man, Louis. Immer." – „Mhm. Wahrscheinlich schon.", erwidere ich.

„Mir ist das egal.", meint er dann. „Sollen sie doch reden, ich werde meinen Mann nicht verleugnen, ganz bestimmt nicht!", legt er fest. „Es ist toll, dass du jemanden gefunden hast.", lächle und er lächelt. „Er ist wunderbar. Und wenn deine Kollegen dumme Sprüche bringen wollen, sollen sie doch. Es ist nicht das erste Mal, dass das passieren würde und auch nicht das letzte Mal. Man lernt es zu ignorieren, versprochen."

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Louis und Noah sind essen gegangen. Was haltet ihr davon? Und was denkt ihr über  Noah bisher?

Love, L 

LightningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt