Aurelia
Es fühlte sich an wie ein Dejavu, nur das die Rollen diesmal vertauscht waren. Ich war diejenige die davon gelaufen war und Lucius allein bei diesen Menschen gelassen hatte . Doch ich konnte es einfach nicht. Ich konnte nicht mit ansehen, wie diese Frau Lucius anhimmelte und ich wollte auch nicht mit anhören, wie sie diese schreckliche Hochzeit planten. Hochzeit. Heiraten. Ich wusste schon früh, was das bedeutete. Das ich ihn von dort an teilen müsste oder im schlimmsten Fall sogar verlieren. Ein Bild drängt sich in meine Gedanken. Lucius tobend mit kleinen niedlichen Kindern, Latavia an seiner Seite. Sie lachen und sind glücklich, während ich nur in weiter Entfernung zugucken darf und dieses Gefühl von Familie nie haben werden kann. Mit niemanden. Noch nie zuvor wurde es mir so schmerzhaft bewusst, dass mein Körper kaputt war, was das anging. Ich war nicht in der Lage Kinder zu gebären. Es war nicht meine Funktion, also wurde mir die Entscheidung darüber einfach gewaltsam entrissen. Lucius brauchte diese Frau, da er sonst nie einen Erben bekommen würde. Selbst wenn seine Eltern, mich als Frau an seiner Seite akzeptieren würden, was nie geschehen würde, durfte es nicht sein. Das mit Lucius und mir durfte niemals sein und ich musste aufhören, mir in meinem Kopf sowas auszumalen. Ich hatte verloren, ganz einfach. Aber nicht erst heute, sondern schon von Anfang an. Denn ich war nichts mehr, als sein Spielzeug. Selbst wenn ich die Kraft dazu hätte, könnte ich es nie ändern. Ich war dazu verdammt, alles über mich ergehen zu lassen. Ich musste akzeptieren, dass Lucius sie heiraten würde, und mit ihr schlief und sie ihm Kinder schenkte, während mich Lucius vielleicht von Zeit zu Zeit besuchen würde, wenn seine Pflichten ihn grade nicht forderten. Vielleicht dürfte ich sogar weiter bei ihm im Bett schlafen. Vielleicht würde ich ihn auch weiter lieben dürfen und er mich. Aber es wird niemals geschehen, dass ich seien Frau werden würde. Das war ein alberner Gedanke, meiner Naivität, der mich seit meiner Kindheit verfolgt. Ich wusste das alles schon immer. Ich wusste, dass das niemals bestand haben würde. Schon als ich noch keine so tiefen Gefühle für ihn verspürte. Doch ich wollte es nicht wahrhaben. Ich hatte es von mir geschoben, weil ich immer dachte, wir hätten noch Zeit. Was für eine dumme Ausrede. Genau deswegen, hatte ich mich nicht darauf vorbereitet und genau deswegen tat es jetzt so furchtbar weh.
Ich öffnete die Tür meines Zimmers, als die ersten Tränen begangen, sich an die Oberfläche zu kämpfen. Aber ich wischte sie weg. Ich wollte jetzt nicht weinen. Ich wollte stark bleiben. Ich entriegelte mein Fenster, stieß es auf und ließ mich auf der Fensterbank nieder. Der Wind kühlte meine brennenden Augen und die Sonne schien sanft auf meine Haut. Als ich kleiner war, hatte ich öfter so meine Zeit verbracht. Eine der wenigen Erinnerungen an dieses Zimmer. Aber ich hätte es jetzt nicht ertragen, wie sonst immer, in Lucius Zimmer zu gehen. Allein sein Duft,der den ganzen Raum erfüllt, zu riechen, hätte mich tatsächlich zusammen brechen lassen. Es hätte mich viel präsenter erinnert, das ich ihn von nun an teilen musste.
Diese Welt war barbarisch. Es war normal Sklaven, wie Haustiere zu halten, oder so viel Arbeit aufzuhalsen, was ihre Körper gar nicht schaffen konnten. Sie sich in ekelhaften spielen, gegenseitig umbringen zu lassen. Oder sie in Kämpfe mit ausgehungerten Bestien zu schicken. Und dann gab es noch meine Art der Sklaven. Kleine Dirnen, die man sich holt, ihre Herz an ihre Besitzer bindet, nur um dann so fallen gelassen zu werden. Ich hatte Cornelias Worte noch gehört, die Lucius davon aufhielten, mir zu folgen und ihre Drohung. Es war ja nicht so, dass ich so etwas zum ersten mal aus ihrem Mund gehört hatte. Doch ihre Worte, dass sie noch nie mitbekommen hat, dass aus so einer Verbindung liebe entstehe kann, hatten mich viel wütender gemacht. Die Art, wie diese Menschen uns heranwachsen lassen, wie soll daraus keine Liebe entstehen. Sie formen uns wie Puppen. Mein ganzes Leben wurde auf eine Person ausgerichtet, die mir ihre komplette Aufmerksamkeit geschenkt hat. Ich wurde immer gut behandelt, obwohl ich dreckiges Blut habe, wie ja so schön gesagt wird. Mein ganzes Leben wurde mir suggeriert, dass ich besser bin als die anderen Sklaven. Das ist die Masche, die man benutzt dafür. Natürlich Lucius war immer so lieb zu mir und aus all dieser Dankbarkeit, aus dem Vertrauen, aus der ständigen Nähe und Fürsorge, wie soll ich ihn da nicht lieben? Er ist mein Held. Mit mir hätte auch sonst was passieren können.
Nein, dass stimmte nicht ganz, mir konnte noch immer viel passieren. Ich war nichts Wert als Mensch, doch als Verkaufsobjekt, konnte man sicherlich noch einiges aus mir rausholen, auch wenn nicht mehr ansatzweise so viel, wie bevor ich mich Lucius voll und ganz hingegeben hatte. Es gab auch genug Sklavinnen, die hübscher, jünger und noch unschuldig waren, die deutlich mehr Wert waren als ich. Ich konnte nicht mehr abschätzen, was Cornelia anging. Sie war unberechenbar geworden und wenn ich nur noch einmal einen winzigen Fehler oder Aufstand machte, dann würde ich endgültig von Lucius getrennt werden. Und wenn sich dann nicht jemand, besonders für mich interessieren würde, aus irgendwelchen Gründen, der auch noch einen guten Preis bezahlen wollte... Die Bordelle zahlten immer gut, wenn man nur hübsch genug war. Vor allem solche Sklaven wie mich. Das Mittel, dass uns von klein auf gegeben wurde, dass verhinderten, dass unsere Blutungen begannen, beziehungsweise das Zeugen von Kindern unterdrückte und uns damit im Laufe der Zeit unfruchtbar machte, war nicht nur sehr beliebt, es war auch unfassbar teuer. Da man damit von klein auf beginnen musste, müssten Bordelle nicht nur das Mittel sondern auch kleine Kinder kaufen, was sich erst Jahre später für die Betreiber auszahlen würde. Deshalb boten sie viel für solche Kinder wie mich. Denn wenn eine ihrer Dirnen schwanger wurden, brachte ihnen die Frauen nichts mehr. Vielleicht behielten sie manche, um mit den Kindern tatsächlich genau das zu machen, doch viele wurden einfach auf die Straße gesetzt und irgendwann erledigte es sich von alleine. Und Frauen, die nur ihren Spaß dort suchten, wollten ebenso wenig geschwängert werden, von einem Sklaven.
Was würde passieren, wenn Cornelia tatsächlich so durchdrehte? Würde Lucius mich retten, oder würde er versuchen mit zu vergessen?
Ich würde ihn nie vergessen. Aber ich würde in einem solchen Etablissement langsam Stück für Stück zerbrechen, bis nichts mehr von mir übrige wäre.
Genau deswegen, durfte Lucius sich nicht weigern, dass wusste er ganz genau. Cornelia hatte ihn in der Hand und wenn er ich nicht verlieren wollte, dann müsste, er tun, was seine Pflichten von ihm verlangten.
Für Sklaven wie mich, gab es nie ein gutes Ende. Denn wir blieben immer, was wir waren.

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Du gehörst mir!
RandomSeit Aurelia denken kann, ist er an ihrer Seite. Er ist ihr bester Freund, wie ein Bruder für sie. Doch Aurelia ist für etwas anderes bestimmt und das weiß er auch. Denn Aurelia ist das Kind zweier Sklaven des Hauses Cornu, das Haus seiner Eltern un...